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Verbannt

Verbannt

Titel: Verbannt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P Cast
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Die Tür zischte leise auf. Clint war an meiner Seite, als ich auf die Menschengruppe zurannte, die sich langsam an der Unfallstelle versammelte.
    „Ich bin Krankenschwester, lassen Sie mich durch“, befahl eine kräftig aussehende Blondine, und der Kreis, der sich bereits um Suzanna gebildet hatte, teilte sich schnell. Die Krankenschwester kniete sich hin und war somit aus meinem Blickfeld verschwunden. Ich konnte das Knacken und Knistern des Funkgeräts hören, mit dem der Officer einen Krankenwagen rief.
    „Zurückbleiben bitte! Treten Sie alle zurück!“ Der Polizist drängelte sich mit weit ausgebreiteten Armen durch die Menschenmenge und versuchte, alle zurückzudrängen. Sein Blick war auf die Szene in der Kreismitte gerichtet. Ich schob mich durch die Gruppe.
    Suzanna lag still auf der Seite. Die Vorderseite ihres Körpers war mir zugewandt. Auch ihr Gesicht hätte in meine Richtung zeigen müssen, doch ihr Hals war in einem unmöglichen Winkel verdreht, sodass ich statt in ihr Gesicht auf ihren Hinterkopf schaute. Ich blinzelte ein paarmal, verstand nicht wirklich, was ich sah. Eine sich ausbreitende Lache purpurroter Flüssigkeit glitzerte um ihren Kopf und ihre Schultern. Da, wo ihr körperwarmes Blut auf den kalten Boden traf, stieg Dampf auf.
    Irgendwo inmitten des Horrors vor meinen Augen hörte ich das Echo eines gurgelnden Lachens, als ein dunkler Schatten in die Nacht verschwand.
    „So viel Blut“, flüsterte ich mit tauben Lippen. „Suzanna!“ Der Schrei löste sich aus meiner Kehle.
    Der Mann, der neben ihr kniete, hob den Kopf. Genes Gesicht hatte einen geisterhaft grauen Ton angenommen. Seine schockblauen Lippen waren zu einer dünnen Linie zusammengepresst.
    „Das ist deine Schuld“, zischte er mich an.
    „Wir müssen los.“ Clints Stimme war so stark wie sein Arm, den er mir um die Schultern legte.
    „Ich kann sie nicht alleine lassen.“ Ich schluchzte.
    „Du kannst ihr nicht mehr helfen, Shannon. Sie ist tot.“
    Sie ist tot.
    Diese Worte trafen mich wie ein Schlag in die Magengrube.
    „Zurück, Leute, zurück!“ Mehrere Uniformierte kamen dem ersten Officer zu Hilfe.
    „Oh, mein Gott!“ Ein gequälter Schrei kam von dem Mann, den ich als den Fahrer des Impalas erkannte. Er stolperte durch die Menschentraube, die Suzannas Leiche umstand.
    „Sir! Bitte treten Sie zur Seite!“ Einer der Polizisten zog ihn fort.
    „Oh, Gott! Der Wagen ließ sich nicht bremsen.“ Der Mann schluchzte unkontrolliert. „Ich habe meinen Fuß, so fest es ging, auf die Bremse gedrückt, aber sie hat nicht reagiert. Ich schwöre es!“
    „Wir gehen jetzt, Shannon“, sagte Clint mit stählerner Entschlossenheit.
    Ich verspürte ein Gefühl der Ablösung, Zeichen für den langsam einsetzenden Schock. Ohne Widerstand ließ ich mich von Clint fortführen.
    „Sie hat es getan!“ Genes Stimme war voller Hass. „Sie hat den Unfall verursacht!“, brüllte er mir hinterher.
    Ich drehte mich um, um einen Blick über Clints Schulter zu werfen. Gene stand neben Suzanna. Seine Kleider waren blutbefleckt. Schaum bedeckte sein Kinn und seinen Mund, und er zeigte hysterisch in meine Richtung.
    „Sir!“ Der gleiche Officer, der den Fahrer des Wagens zu seinem Partner gebracht hatte, trat jetzt an Genes Seite, berührte seinen Arm und versuchte ihn zu beruhigen. „Ich habe den Vorfall gesehen. Ich habe nicht einmal zwei Meter von ihr entfernt gestanden. Es war ein Unfall. Niemand ...“ Seine Stimme wurde leiser, je weiter wir uns entfernten.
    „Hör nicht auf“, flüsterte Clint mir zu. „Atme einfach, und geh weiter. Immer weiter. So ist es gut, mein Shannon-Mädchen.“ Er murmelte weiter beruhigend auf mich ein.
    Erst als er mich auf den Beifahrersitz schob und anschnallte, merkte ich, dass seine saphirblaue Aura ihn lebhaft umflackerte.
    Der Wagen kroch mit der gleichen ruhigen Zuversicht über den eisglatten Schnee, die er schon den ganzen Tag gezeigt hatte. Clint drehte die Heizung voll auf und schlüpfte erneut aus seinem Mantel.
    „Wickel dich darin ein.“ Seine Augen waren dunkel und sorgenvoll.
    „W...warum konnten wir nicht bleiben?“ Wie aus weiter Ferne bemerkte ich, dass unaufhörlich Tränen aus meinen Augen flössen und dass ich unkontrolliert zitterte. „Sie hätte mich vielleicht gebraucht.“
    „Sie war weit darüber hinaus, irgendeinen von uns zu brauchen, Shannon, aber das Ding war immer noch da.“ Er teilte seine Aufmerksamkeit zwischen der eisbedeckten Straße und mir auf.

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