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Verbannt zwischen Schatten und Licht (German Edition)

Verbannt zwischen Schatten und Licht (German Edition)

Titel: Verbannt zwischen Schatten und Licht (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kira Gembri
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und erklärte Rasmus zum
Jammerlappen, weil er sich durch die Erwähnung seiner Exfreundin derart aus der
Fassung bringen ließ. „Mach dir nichts draus, Lily“, versuchte sie mich zu
trösten. „Wahrscheinlich fehlt er deswegen, weil er kapiert hat, wie peinlich
er ist.“
    Ich
brachte nur ein schwaches Lächeln zustande. Die Frage, warum Rasmus nicht in
die Schule gekommen war, quälte mich viel zu sehr, als dass ich darüber hätte
Witze reißen können. Auch am nächsten Tag ließ er sich in Englisch nicht
blicken, und ich konnte nicht in der Sporthalle nach ihm Ausschau halten, weil
ich wegen meines verletzten Handgelenks für zwei Wochen vom Turnunterricht
befreit war. Die fünfte Stunde brachte ich also im Studierzimmer zu, wo mir Sam
Gesellschaft leistete. Er schwänzte dafür den Informatikkurs, den er von nun an
statt seines Sportkurses besuchen sollte.
    „Sie
haben festgestellt, dass meine Ausbildung in dieser Hinsicht bisher äußerst
mangelhaft war“, erzählte er mir grinsend. „Jetzt muss ich in diesen
Vertiefungskurs, um das wieder aufzuholen, und Sport fällt für mich fürs Erste
ins Wasser, weil ich darin meine Pflichtstunden schon absolviert habe.“
    „Du
Glücklicher“, seufzte ich sehnsüchtig. „Wenigstens bleibt mir der Geruch nach
Sportlerschweiß noch für kurze Zeit erspart. Wie du siehst, hast du mir einen
großen Gefallen getan, als du mich mit dieser Reckstange beworfen hast.“
    Zufrieden
stellte ich fest, dass Sam darüber bereits lachen konnte. Überhaupt wirkte er
ziemlich gut gelaunt, nachdem er noch am Vortag in der Biologiestunde mit einer
todunglücklichen Miene neben mir gesessen hatte. Das Grinsen verschwand
allerdings rasch wieder aus seinem Gesicht und machte einem verlegenen Ausdruck
Platz. „Ähm, Lily“, fing er zögernd an, „mir ist aufgefallen, dass du dir
Gedanken darüber gemacht hast, warum dieser Junge gestern gefehlt hat.“
    „Und
heute Morgen“, rutschte es mir heraus.
    „Hm
… ja. Also, ich habe letzte Pause gesehen, wie er ins Schulgebäude gekommen
ist. Scheint alles okay zu sein.“
    Meine
gemischten Gefühle angesichts dieser Neuigkeit wurden rasch von der Rührung
abgelöst, die bei Sams Anblick in mir hochstieg. Noch immer kam es mir
erstaunlich vor, dass er sich tatsächlich für mich zu interessieren schien,
aber wenn es so war, musste ihn die Nachricht von meinem Treffen mit Rasmus
ziemlich mitgenommen haben. Dass er mir jetzt trotzdem von der Rückkehr seines
vermeintlichen „Rivalen“ erzählte, nur um mich zu beruhigen, war mehr als nobel
von ihm. Warum machte ich mich eigentlich wegen eines miesgelaunten Kerls wie
Rasmus verrückt, wenn so ein netter Junge wie Sam in meiner Nähe war?
    Diese
Frage drängte sich mir noch stärker ins Bewusstsein, als ich Rasmus kurz darauf
in der Cafeteria erspähte: Er saß alleine an einem Tisch und zog gerade die
Plastikfolie von einem nagelneuen Hamlet- Exemplar ab. Morgen würden wir
diese superwichtige Klausur schreiben, die zwanzig Prozent der Gesamtnote
ausmachte, und er fing jetzt damit an, die Pflichtlektüre zu lesen? Ich
beschloss, das zum Anlass dafür zu nehmen, alle verletzten Gefühle in unendliche
Gleichgültigkeit ihm gegenüber umzupolen. Diese Ungerührtheit brachte ich mit
etwas zum Ausdruck, das ich für ein verächtliches Schnauben hielt.
    „Gesundheit“,
sagte Jinxy, dann folgte sie meinem Blick. „Oh, da sitzt ja Mr
Danke-für-den-Abend, dieser blöde Wicht, dieser Affen…“
    „Jinx“,
murmelte ich warnend und zog sie hinter mir her, um einen möglichst großen
Abstand zwischen ihr leidenschaftliches Getuschel und Rasmus‘ Tisch zu bringen.
„Ist schon gut, ehrlich. Ich habe mir gerade überlegt, dass ich sowieso nie mit
ihm hätte ausgehen sollen. Das passt doch gar nicht zusammen, so ein obercooler
Bad Boy und eine wie ich.“
    Das
ganze Wochenende arbeitete ich daran, diese Erkenntnis zu meiner felsenfesten
Überzeugung zu machen. Zum Glück kamen am Freitagabend meine Eltern zurück, die
mir einen riesigen Stoß uralter Bücher mitbrachten und schon darauf brannten,
alles über meinen Start an der Galilei High zu erfahren – das hielt mich
weitgehend vom Grübeln ab. Ich hatte immer den Eindruck, dass sich meine Mutter
und mein Vater hin- und hergerissen fühlten zwischen der Leidenschaft für ihren
Beruf und dem Pflichtgefühl als treusorgende Eltern. Deshalb versuchten sie
wohl, mir in der spärlichen Zeit, die wir miteinander verbrachten, doppelt so
viel

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