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Verbannt zwischen Schatten und Licht (German Edition)

Verbannt zwischen Schatten und Licht (German Edition)

Titel: Verbannt zwischen Schatten und Licht (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kira Gembri
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nestelte an ihrem kastanienbraunen
Haarknoten und bedachte mich mit dem Reuevolle-Eltern-Blick, den sie über die
Jahre hinweg zur Perfektion gebracht hatte. „Das wahrscheinlich schon, aber wenn
du lieber möchtest, dass wir hierbleiben …“
    Sie
ließ das Ende des Satzes in der Luft hängen, und die Anspannung zwischen uns
wurde beinahe greifbar. Wie so oft fragte ich mich, wie meine Eltern wohl
reagieren würden, sollte ich auf ein solches Angebot tatsächlich antworten:
„Ich finde es nachts alleine in unserem Haus eben ein bisschen gruselig, also
bleibt doch einfach bei mir, und wir spielen zusammen Schnipp-Schnapp.“
Ausprobiert hatte ich das natürlich noch nie; stattdessen hatte ich mir immer
eingeredet, dass ich froh über meine Eltern sein musste, die mir vertrauten und
mir viele Freiheiten ließen. (Dass ich diese Freiheiten nicht unbedingt dazu
nutzte, um auf wilden Partys meine Jugend zu genießen, stand auf einem anderen
Blatt.) Abgesehen davon musste ich mir der Fairness halber eingestehen, dass
ich mich vermutlich ebenfalls voller Hingabe einem Job widmen würde, der mich
kreuz und quer über den Globus führte.
    Als
ich bemerkte, wie meine Mutter einen verstohlenen Blick auf ihre Uhr warf,
schenkte ich ihr rasch ein unbekümmertes Lächeln. „Nein, kein Problem. Gute
Reise, und lass Pa auf keinen Fall einen Schottenrock kaufen!“
    Ich
blieb an der Haustür stehen und winkte dem Flughafentaxi hinterher, bis es in
der Dunkelheit verschwunden war. Dann kehrte ich in mein Zimmer zurück, rollte
mich auf der gepolsterten Fensterbank zusammen und vertiefte mich für einige
Stunden in Victor Hugos Notre Dame de Paris, das zu meinen
Lieblingsbüchern zählte. Sobald sich allerdings die Regentropfen, die gegen die
Fensterscheibe prasselten, in Hagelkörner verwandelten, war meine Konzentration
dahin. Mit einem flauen Gefühl in der Magengrube kroch ich in mein Bett, ließ
jedoch die Nachttischlampe angeschaltet, sodass ihr Licht als roter Schimmer
durch meine geschlossenen Lider drang.
    Langsam
beruhigte sich das Wetter ein wenig, und bald schlugen die Hagelkörner nur noch
vereinzelt an die Scheibe. Es hörte sich fast so an, als würde jemand mit den
Fingerspitzen dagegen klopfen. Ich rieb mit beiden Händen über meine nackten Arme,
um die Gänsehaut zu vertreiben, und versuchte das leise, unregelmäßige
Scheppern zu ignorieren, das der Wind an den Fensterläden verursachte. Mein
Mund fühlte sich völlig ausgetrocknet an. Ohne die Augen zu öffnen, tastete ich
mit einer Hand nach dem Wasserglas, um gleich darauf zu bemerken, dass ich es
im Badezimmer vergessen hatte. Widerwillig richtete ich mich auf und zog die
Beine unter meiner tröstlich warmen Decke hervor. Die Vorstellung, durch den
dämmrigen und unbeheizten Flur zu tappen, war nicht gerade verlockend, aber ich
wusste, dass ich durstig nicht einschlafen konnte. Außerdem würden mir einige
Schlucke Wasser vielleicht dabei helfen, mich ein wenig zu entspannen.
    Unwillkürlich
jedes laute Geräusch vermeidend schlich ich auf nackten Füßen aus meinem
Zimmer, an der geschlossenen Küchentür vorbei und zum Badezimmer hinüber. Die
Neonröhre flackerte ein paar Sekunden lang, dann tauchte sie den Raum in ein
eisiges Licht. Ich beugte mich zum Wasserhahn hinunter, versuchte dabei aber
den Blick nicht allzu tief zu senken, aus der absurden Angst heraus, jemand
könnte während meines Moments der Unachtsamkeit hinter mich treten.
Andererseits vermied ich es, direkt in den Spiegel zu schauen – wie spät war es
jetzt, zwölf? Und hieß es nicht, dass man um Mitternacht seinen Tod im Spiegel
sehen konnte?
    „Überflüssige
Erregung des Sympathikus, Lily“, flüsterte ich mir streng zu und erschrak über
meine eigene Stimme. Ganz in der Nähe ertönte ein langgezogenes Knirschen, das
sich so anhörte, als würde jemand behutsam einen Fensterladen öffnen. „Das
bildest du dir nur ein, das bildest du dir alles nur ein …“
    Mein
Herz setzte aus, um mir gleich darauf scheinbar bis in die Kehle
hinaufzuspringen. Das bildete ich mir nicht ein. Die Stille zwischen
zwei Windböen wurde von einem merkwürdigen Schaben durchbrochen, so als ob ein
schwerer Gegenstand über die Mauer gehievt würde. Siedend heiß fiel mir ein,
dass sich mein Vater am Nachmittag eine Knoblauchsuppe aufgewärmt und
anschließend gelüftet hatte, weil sich meine Mutter immer über den Geruch
beschwerte. Ich hatte vergessen, das Fenster zu schließen. Geradezu

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