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Verbannt zwischen Schatten und Licht (German Edition)

Verbannt zwischen Schatten und Licht (German Edition)

Titel: Verbannt zwischen Schatten und Licht (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kira Gembri
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in die Rippen.
    „Oh! Oh , da müssen wir mitmachen, Lily!“, wisperte sie mir ins Ohr. „Das wird
dich auf andere Gedanken bringen. Basteln ist toll, und ich stehe auf den
Geruch von Klebstoff!“
    „Das
ist nicht unbedingt überraschend“, antwortete ich leise, „aber meinetwegen.“
Wenn ich nach der letzten Stunde noch hierblieb, würde man mich nicht auf der
Bank vor der Schule finden können, wo ich für gewöhnlich auf den Bus wartete …
nur für den Fall, dass mich überhaupt jemand finden wollte. Wenn das allerdings
so war, konnte ich mich auch nicht in der Cafeteria blicken lassen. Deshalb
entzog ich Jinxy meinen Arm, als sie sich nach der fünften Stunde voller
Vorfreude auf den Weg dorthin begeben wollte, und erklärte ausweichend:
    „Ähm,
ich komme diesmal nicht mit … werde stattdessen mal in die Bibliothek schauen.“
    „Du
willst nicht zu Mittag essen?“, fragte Jinxy in einem Tonfall, als handelte es
sich dabei geradezu um ein Sakrileg.
    „Ja,
wahrscheinlich ist mir noch ein bisschen übel. Ich hab jedenfalls keinen
richtigen Hunger.“
    „Dein
Magen hat in Latein geknurrt“, erwiderte sie streng. „Du hast es zwar mit einem
Hüsteln zu kaschieren versucht, aber ich habe es genau gehört!“
    „Trotzdem“,
antwortete ich missmutig. „Außerdem schmeckt mir das heutige Menü nicht.“
    „Es
gibt Pasta.“
    Allein
die Erwähnung verursachte ein Ziehen in meinem Inneren – merkwürdigerweise eher
in meiner Brust als in meiner Magengegend, aber womöglich hatten die
nächtlichen Ereignisse meine Anatomie ein wenig durcheinander gebracht. „Nein,
danke, ich will heute keine Pasta.“
    „Entwickelst
du etwa eine Essstörung?“
    „Jinxy,
du bist schlimmer als meine Mutter“, stöhnte ich. „Wenn du gestattest, werde
ich jetzt lesen gehen. Guten Appetit.“
     
    Falls
mich der Besuch in der Bibliothek ein wenig aufgemuntert hatte, wurde das in
den darauffolgenden Schulstunden gründlich zunichte gemacht. Während des
Mathematikunterrichts warf Jinxy mir immer wieder besorgte Blicke zu, und in
Biologie erlebte ich dasselbe noch einmal mit Sam. Ich war fast erleichtert,
als ich mich endlich auf den Weg zum Zeichensaal machen konnte; außerdem hoffte
ich mittlerweile selbst, dass mich die Bastelei auf andere Gedanken bringen
würde. Zumindest würde sie meine gesamte Aufmerksamkeit in Anspruch nehmen,
denn wie alles, was man nicht aus Büchern lernen konnte, zählte Handarbeit
nicht gerade zu meinen Stärken.
    Als
ich den Raum betrat, stellte ich fest, dass man sich an der Galilei High
deutlich mehr für freiwillige Arbeiten zu begeistern schien als an meiner alten
Schule: Um die klobigen Holztische hatten sich bereits zahlreiche Jungen und
Mädchen geschart, und der Geruch von Leim, Farbe und Sägespänen hing in der
Luft. Ich blieb an der Türe stehen und hielt Ausschau nach Jinxy, da kam Eric
quer durch den Saal auf mich zugeeilt.
    „Hey,
Lily“, grüßte er mich beschwingt und klopfte mir dabei auf die Schulter, als
verwechselte er mich mit einem seiner Teamkameraden. „Du siehst ja echt fertig
aus. Aber kein Wunder, nach dem, was du letzte Nacht durchmachen musstest!“
    „Woher
weißt du davon?“, fragte ich stirnrunzelnd, doch gleich darauf wurde mir klar,
dass Jinxy wieder mal ihr Mäulchen nicht hatte stillhalten können – und Eric
ging ja mit ihr zusammen in den Zeichenkurs.
    „Bitte
friss mich nicht gleich deswegen“, witzelte er und reagierte mit einer
übertrieben abwehrenden Geste auf den angriffslustigen Ton, der in meiner Frage
gelegen hatte. „Aber das muss ja wirklich gruselig gewesen sein … du alleine zu
Hause, und plötzlich steigt irgend so ein Psychopath durchs Fenster …“
    „Woher
willst du wissen, dass es ein Psychopath gewesen ist?“ Ich hatte die Schärfe in
meiner Stimme noch immer nicht unter Kontrolle.
    „Na
ja, wissen kann man das nicht“, meinte Eric und kratzte sich am Kopf, „aber man
braucht schon ziemlich viel kriminelle Energie, um sich so was zu trauen, oder?
Hast du denn gar keinen Anhaltspunkt, wer es gewesen sein könnte?“
    „Nein“,
antwortete ich knapp. „Wahrscheinlich jemand, der sich für die Antiquitäten
meiner Eltern interessiert hat.“
    Während
Eric mich zweifelnd ansah, kam Jinxy endlich herbeigehopst und begann sofort
damit, Pläne für die Dekoration zu schmieden. Das gab mir ein wenig Zeit, mich
mit meinen eigenen Gedanken zu beschäftigen, vor allen Dingen mit der Frage:
Was war eigentlich los mit mir?

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