Verbannt
Stamm in den Kampf geführt hatte, und an die Katzen, die dabei ihr Leben ließen.
Ein dunkles Rot überzog den Himmel, als die Sonne unterging. Die hohen Berggipfel warfen tiefe Schatten über das Gestein, und die Felshänge dazwischen sahen aus, als wären sie in Blut getaucht. Distelpfote zitterte und meinte, die Schreie der sterbenden Katzen im Kampf zu hören.
Ein zerklüfteter Felskamm versperrte den Eingang ins Tal. Distelpfote erreichte nach einer anstrengenden Kletterei den Grat und blickte von dort über eine Kette kahler Felsen und tiefer Abgründe hinweg, die sich, soweit sie sehen konnte, in alle Richtungen erstreckten. Ein frischer Wind zauste ihr Fell, und sie klammerte ihre Krallen um das Gestein, damit sie nicht umgepustet wurde. Sie konnte sich nicht vorstellen, wo in dieser Steinwüste Katzen leben sollten.
Fang tappte zu einem Ende des Grats, von wo aus man über eine flache Gesteinplatte blickte. »Hier lang!«, rief er.
Die anderen Katzen folgten, nur Windpfote suchte sich seitlich davon einen anderen Weg. »Hier ist es kürzer!«
Distelpfote verdrehte die Augen. Du kennst dich hier doch gar nicht aus, Mäusehirn!
Im gleichen Moment heulte der WindClan-Schüler panisch auf. Er rutschte über den Fels nach unten und strampelte hektisch mit den Pfoten, um seinen Sturz aufzuhalten. Distelpfote sah, dass sich unter ihnen eine tiefe Kluft auftat, die in tiefem Schatten endete.
Sie rannte los, um Windpfote zu helfen, doch Krähenfeder stürmte bereits an ihr vorbei, schlug seine Zähne in Windpfotes Schwanz und zog ihn zurück, bis er wieder sicher auf dem abgeflachten Grat stand.
Windpfote stieß einen Schmerzensschrei aus: »Mein verletzter Schwanz!«
»Pech«, knurrte Krähenfeder. »Und beim nächsten Mal denk nach, bevor du angeben willst, und tu das, was die Stammeskatzen sagen.«
Windpfote blickte seinen Vater böse an und tappte dann mit gesenktem Kopf und hängendem Schwanz hinter den anderen her.
»Schade«, bemerkte Löwenpfote, als der WindClan-Schüler ihn einholte. »Ich hatte mich schon darauf gefreut, dich ganz hinunterpurzeln zu sehen.«
»Halt die Klappe, blöder Fellball!«
»Das reicht!« Bernsteinpelz schob sich zwischen die beiden Schüler. »Beim SternenClan, hört auf mit dem Gezanke.«
Löwenpfote murmelte: »Tut mir leid«, und leckte sich ein paarmal verlegen die Brust, während Windpfote die Kriegerin gar nicht beachtete. Sie waren alle müde und hungrig, dachte Distelpfote, und wenn sie nicht bald das Zuhause des Stammes erreichten, würde es sicher noch mehr Streit geben.
Fang führte sie bis an das äußerste Ende des Grats, wo sich ein enger Pfad nach unten wand, der so schmal war, dass die Katzen langsam eine nach der anderen gehen mussten. Während Distelpfote wartete, bis sie an der Reihe war, hörte sie über sich das Rauschen von Flügeln. Ein schwarzer Schatten glitt über sie hinweg. Mit einem erschrockenen Aufschrei presste sie sich an den Fels und sah, wie ihre Mutter sich über Häherpfote warf.
Als sie es wieder wagte, den Kopf zu heben, erblickte Distelpfote einen riesigen braunen Vogel, der mit ausgebreiteten Flügeln über dem Grat schwebte und dann zu den Felsen weiter unten flog. Grausame Klauen streckten sich vor und krallten sich in den Körper einer Maus, der nicht weit entfernt von ihnen lag. In Distelpfotes Bauch rumorte es. Obwohl Clan-Katzen Krähenfraß normalerweise verschmähten, war sie so hungrig, dass sie die Maus trotzdem gefressen hätte.
In dem Augenblick, in dem die Klauen des Adlers den schlaffen Körper packten, stürzten aus den Schatten zwischen den Felsen vier Katzen hervor. Mit vor Staunen offenem Mund und aufgerissenen Augen sah Distelpfote, wie sie den riesigen Vogel angriffen. Der kreischte heiser, schlug panisch mit den Flügeln und versuchte, davonzufliegen. Er schaffte es, sich eine Schwanzlänge über den Boden zu erheben, doch das Gewicht der Katzen, die an ihm hingen, war zu schwer. Wild flatternd fiel er hinunter auf den Fels und war sogleich von den dünnen graubraunen Katzen umringt. Eine von ihnen stürzte sich auf seinen Hals und biss zu. Ein letztes, verzweifeltes Zucken der Gegenwehr, dann erschlaffte der Adler.
»Gut gemacht!«, rief Fang.
Die vier Katzen erstarrten und schauten nach oben. Eine von ihnen rief: »Fang!« Erstaunt blickten sie sich an, dann die Katzengruppe auf dem Grat.
Sturmpelz stellte sich neben Distelpfote. »Willkommen beim Stamm des eilenden Wassers«, miaute
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