Verbannte der Ewigkeit
nicht – man redet wohl nur darüber.«
»Was ist mit der Mars-Kommune? Hat man auf der Erde Agenten vom Mars entdeckt?«
»Das weiß ich nicht«, murmelte Hahn. »Wir hören nicht viel vom Mars.«
Charley Norton meldete sich wieder. »Erzähl mir von den Grundrechten, die ein Bürger jetzt noch besitzt. Ist die Habeas-corpus-Akte wieder in Kraft? Wie weit ist man mit der Datensammlung über Verdächtige, ohne daß diese etwas davon wissen?«
Hahn wußte nichts darüber.
Rüdiger fragte nach den Auswirkungen der Wetterkontrolle, und ob man die Bevölkerung immer noch mit künstlichem Wetter überraschte. Hahn wußte nichts Genaues darüber. Er wußte auch nichts über die Rechtsprechung, wußte nichts darüber, ob man Rechte, die früher eingeschränkt worden waren, wieder gewährte. Auch zum Problem der Überbevölkerung konnte er nichts sagen. Seine Ausführungen bestachen einzig durch den Mangel an konkreten Informationen.
Charley Norton flüsterte zu Barrett: »Es kommt nichts dabei heraus. Er ist unser erster Mann seit sechs Monaten, und er entpuppt sich als schweigsame Muschel. Entweder verheimlicht er uns etwas, oder er weiß wirklich nichts.«
»Vielleicht ist er nicht sonderlich intelligent?« sagte Barrett.
»Was kann er dann verbrochen haben, daß man ihn hierher geschickt hat? Er muß sich doch irgendwie die Finger verbrannt haben. Nein, Jim, er ist intelligent, davon bin ich überzeugt, aber er ist sicherlich nicht aus den gleichen Gründen hier wie wir.«
Doc Quesada brachte einen anderen Aspekt: »Vielleicht ist er kein Politischer, vielleicht schickt man uns jetzt auch andere Verbrecher, Mörder und so. Für Politik interessiert er sich jedenfalls nicht.«
»Und du meinst, er gibt nur vor, ein Ökonom zu sein, damit wir nicht fragen, wer er wirklich ist?« sagte Charley Norton.
Barrett schüttelte den Kopf. »Das glaube ich nicht. Er ist jetzt nur so wortkarg, weil er schüchtern und überfordert ist. Vielleicht ist er aus der Welt herausgerissen worden, in der er Frau und Kinder hat, und er ist nicht in der Stimmung, politische Fragen zu beantworten. Vielleicht möchte er sich viel lieber ausweinen. Ich schlage vor, wir lassen ihn in Ruhe. Er wird sprechen, wenn er sich danach fühlt.«
Quesada schien überzeugt. Nach ein paar Sekunden nickte auch Charley Norton.
Barrett brach die Zusammenkunft aber nicht ab – sie lief sich nach einiger Zeit wegen mangelnden Interesses tot. Ein paar Männer gingen in einen anderen Raum, um wenigstens ein paar Informationen für die nächste Ausgabe der Hawksbill-Times auszuwerten. Mel Rüdiger kündigte an, daß er in der Nacht Fischen gehen wolle, und vier Männer schlossen sich ihm an. Charley Norton tat sich mit seinem alten Gesprächspartner, dem Nihilisten Kel Belardi, zusammen, um mit ihm über Planordnung und Chaos zu diskutieren – ein Thema, das ihnen schon zum Hals heraushing, das sie aber nicht zu Ende führen konnten. Auch die Schachspieler fanden sich zusammen, und die Einzelgänger, die nur wegen Hahn gekommen waren, zogen sich in ihre Hütten zurück.
Hahn stand abseits; er war sichtlich nervös.
Barrett ging zu ihm hinüber und sagte lächelnd: »Dir hat das Verhör wohl keinen Spaß gemacht.«
Hahn sah unglücklich drein. »Es tut mir leid, daß ich nicht mehr Informationen liefern konnte. Ich war lange nicht mehr auf dem laufenden.«
»Natürlich, ich verstehe.« Auch Barrett war vor seiner Verbannung lange isoliert gewesen. Der einzige Besucher war in jenen zwanzig Monaten Jack Bernstein gewesen. Der gute alte Jack … oder Jakob, wie er sich dann vorzugsweise nennen ließ. »Warst du politisch aktiv?« fragte Barrett Hahn.
»O ja, natürlich«, sagte Hahn und fuhr sich mit der Zunge über die Lippen. »Wie geht es jetzt weiter?«
»Wir sind auf nichts festgelegt, hier wird nichts organisiert oder vorgeschrieben. Jeder kann tun und lassen, was er will. Wenn du so willst, könnte man es als eine Spielart der Anarchie bezeichnen, jedenfalls in der Theorie.«
»Die Theorie wird nicht praktiziert?«
»Meist nicht«, gab Barrett zu. »Aber wir tun so, als funktioniere es und helfen uns trotzdem gegenseitig, wenn es nötig wird. Doc Queseda und ich machen jetzt ein paar Krankenbesuche. Kommst du mit?«
»Wie geht das zu?«
»Wir besuchen die schlimmsten Fälle im Lager, leider ist es meist vergebliche Liebesmüh. Es kann sehr hart werden, aber du bekommst in kürzester Zeit einen guten Eindruck vom Lager. Wenn du es
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