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Verbannte der Ewigkeit

Verbannte der Ewigkeit

Titel: Verbannte der Ewigkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Silverberg
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letzten drei Jahre sich alle verändert. Barrett hatte langes Haar, Janet war schlanker geworden, und Pleyel trug ebenfalls einen Bart, den er so intensiv pflegte wie einen Talisman. Barrett starrte die Gruppe an, die sich in Barretts und Janets Appartement versammelt hatte. »Wißt ihr, wie es diese Regierung schafft, sich an der Macht zu halten? Erstens unterhält sie eine gute Geheimpolizei, die jede effektive Opposition lähmt, und zweitens hat sie die absolute Macht über die Massenmedien. Damit wird der Bevölkerung täglich eingehämmert, daß es gar nichts Besseres geben kann als die gegenwärtige Regierung. In spätestens einer Generation wird die Nation so auf dieses System eingeschworen sein, daß man sich damit für das nächste Jahrhundert wird arrangieren müssen.«
    »Unmöglich, Jack«, warf Janet ein. »Zur Erhaltung eines Systems bedarf es mehr als nur einer guten Geheimpolizei. Man …«
    »Laß mich doch erst einmal ausreden«, sagte Bernstein scharf mit einem haßerfüllten Unterton in der Stimme. Er gab sich immer weniger Mühe, seinen Haß gegen Janet zu verbergen. Wenn die beiden in einem Raum waren, sprangen oftmals förmlich Funken zwischen ihnen hin und her.
    »Bitte, dann sprich weiter, komme aber auch zu einem Schluß.«
    Bernstein holte tief Luft. »Dies war und ist schon immer ein im Prinzip konservatives Land, und so wird es auch bleiben. Die Revolution von 1776 war eine konservative Revolution, wo es um die Erhaltung der Besitzrechte ging. Für die nächsten zweihundert Jahre gab es dann keine fundamentalen Veränderungen in der politischen Struktur dieses Landes. Frankreich hatte eine Revolution und sechs, sieben neue Verfassungen, In Rußland gab es eine Revolution. Auch Deutschland, Italien und Österreich entwickelten sich zu völlig anderen Ländern, nur die Vereinigten Staaten machten diese Entwicklung nicht mit. Oh, ich weiß natürlich, daß sich ab und zu einmal das Wahlrecht geändert hat, aber meist waren das nur Schönheitsoperationen. Der Unterschied zwischen Mann und Frau und die Rassendiskriminierung in der Gesellschaft hörten auf, gleichzeitig wurde aber die Macht des Präsidenten immer größer – das alles blieb aber im Rahmen der bestehenden Gesetze. In der Schule brachte man den Kindern schon früh bei, daß diese prinzipiellen Gesetze nicht angetastet werden dürfen, und das ist natürlich ein äußerst stabilisierender Faktor, denn endlich wollten die Bürger dann gar nichts anderes mehr, weil es eben immer schon so gewesen sei. Die Nation konnte sich nicht ändern, da die Voraussetzungen für eine Veränderung fehlten; man lernte, Veränderungen zu fürchten. Deshalb wurden Präsidenten immer und immer wieder gewählt, bis sie völlig korrupt und nur noch Marionetten waren. Deshalb wurde die Verfassung in zweihundert Jahren zwanzigmal geändert. Deshalb hat nie ein Mann, der die Gesellschaft ändern wollte, jemals eine wirkliche Chance, ich erinnere an Wallace oder Goldwater. Habt ihr mal die Goldwater-Wahlen analysiert? Man hielt ihn ja allgemein für einen Konservativen, aber er verlor trotzdem. Und warum? Weil die Konservativen im Land ihn nicht unterstützten, weil er ihnen zu radikal war, und das fürchteten sie.«
    »Jack, ich glaube, jetzt übertreibst du etwas …«
    »Verdammt, läßt du mich endlich ausreden!?« Bernsteins Gesicht war rot angelaufen, Schweiß lief ihm von der Stirn. »Das ist ein Land, das von Anfang an gegen jedwede Veränderung konditioniert worden ist. Aber schließlich grub sich die Regierung selbst ihr Grab, weil sie alles übertrieb und dann die Kontrolle verlor. Die Radikalen schafften es, aus der Krise der Jahre 1982 bis 1984 heraus, in das dann freiwerdende Vakuum nachzustoßen, und so haben wir jetzt die Syndikalisten an der Macht. Soweit, so gut. Diese Machtübernahme ist noch heute ein Trauma für Millionen im Land. Die Leute schlagen die Zeitungen auf und sehen, daß es keinen Präsidenten mehr gibt, sondern einen Kanzler, daß wir keinen Kongreß mehr haben, sondern einen Syndikats-Rat, und sie fragen sich, was das für sonderbare Begriffe sind. Können das noch die guten alten Vereinigten Staaten von Amerika sein? Sie sind es – und die Leute ziehen sich zurück, igeln sich ein, halten sich aus allem heraus und denken an die gute alte Zeit. Aber die Veränderungen sind nur einmal geschehen. Neue Menschen werden geboren, die Schulen sind geöffnet, und dort lehren die Syndikalisten. Spurt ein Lehrer nicht, ist er

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