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begrüßte er sie bissig.
Sie spielte ihm das ganze Band vor. Der Film war nach 90 Minuten zu Ende, mitten in einer Szene, in der ein nackter Rechtsanwalt Bjurman sich gegen das Fußende lehnte und ein Glas Wein trank, während er Lisbeth Salander betrachtete, die gekrümmt mit auf dem Rücken gefesselten Händen neben ihm lag.
Sie schaltete den Fernseher aus und blieb knapp zehn Minuten auf ihrem Stuhl sitzen, ohne Bjurman anzusehen. Er wagte es nicht, sich zu rühren. Dann stand sie auf und ging ins Badezimmer. Als sie zurückkam, setzte sie sich wieder auf den Rattanstuhl. Ihre Stimme war wie Sandpapier.
»Ich habe letzte Woche einen Fehler gemacht«, sagte sie. »Ich dachte, ich müsste dir wieder einen blasen, was in deinem Fall ja so eklig wie nur was ist, aber nicht so eklig, dass ich es nicht irgendwie schaffen würde. Ich dachte, ich könnte ganz leicht dokumentieren, dass du ein widerlicher, schleimiger Lustgreis bist. Aber ich habe dich falsch eingeschätzt. Ich habe nicht kapiert, wie verdammt krank du bist.
Ich werde mich deutlicher ausdrücken«, fuhr sie fort. »Dieser Film zeigt, wie du ein geistig behindertes vierundzwanzigjähriges Mädchen vergewaltigst, für die du zum rechtlichen Betreuer bestellt bist. Und du ahnst ja gar nicht, wie behindert ich sein kann, wenn es drauf ankommt. Jeder Mensch auf der Welt, der sich diesen Film ansieht, wird erkennen, dass du nicht nur ein Dreckschwein bist, sondern ein verrückter Sadist. Das war das zweite und hoffentlich letzte Mal, dass ich diesen Film angesehen habe. Er lässt an Deutlichkeit nichts zu wünschen übrig, oder? Ich würde drauf wetten, dass man eher dich in eine Anstalt einweisen würde als mich. Meinst du nicht auch?«
Sie wartete. Er reagierte nicht, aber sie konnte sehen, wie er zitterte. Sie griff zur Peitsche und zog sie einmal über sein Geschlecht.
»Meinst du nicht auch?«, wiederholte sie mit wesentlich lauterer Stimme. Er nickte.
»Gut. Dann sind wir uns ja einig.«
Sie zog den Stuhl näher heran und setzte sich so hin, dass sie seine Augen sehen konnte.
»Also, was sollen wir tun?« Er konnte nicht antworten. »Hast du eine Idee?« Als er nicht reagierte, streckte sie die Hand aus, griff sich seinen Hodensack und zog, bis sich sein Gesicht vor Schmerz verzerrte. »Hast du eine Idee?«, wiederholte sie. Er schüttelte den Kopf.
»Gut. Ich werde nämlich furchtbar wütend auf dich werden, wenn du irgendwann in Zukunft mal wieder eine Idee haben solltest.«
Sie lehnte sich zurück und zündete sich eine neue Zigarette an. »Ich erzähl dir jetzt, wie es weitergehen wird. Nächste Woche, sobald es dir gelungen ist, diesen fetten Gummipfropfen wieder aus deinem Arsch rauszupressen, wirst du meine Bank anweisen, dass ich - und nur ich - Zugriff auf mein Konto habe. Verstehst du, was ich sage?« Bjurman nickte.
»Brav. Du wirst nie wieder Kontakt zu mir aufnehmen. In Zukunft treffen wir uns nur noch, wenn ich das zufällig wünschen sollte. Du hast ab jetzt quasi Besuchsverbot.« Er nickte mehrmals und atmete plötzlich auf. Sie hat nicht vor, mich zu töten.
»Solltest du jemals wieder Kontakt zu mir aufnehmen, dann landen Kopien dieser CD bei jeder Zeitungsredaktion in Stockholm. Kapiert?«
Er nickte mehrmals. Ich muss mir den Film beschaffen.
»Einmal pro Jahr reichst du deinen Bericht über mein Wohlbefinden beim Vormundschaftsgericht ein. Du wirst ihnen berichten, dass ich ein völlig normales Leben führe, dass ich eine feste Arbeit habe, dass ich selbst für mich sorge und dass du überhaupt nichts Unnormales in meinem Benehmen entdecken kannst. Okay?«
Er nickte.
»Jeden Monat schreibst du einen fiktiven Bericht über deine Treffen mit mir. Du wirst ausführlich berichten, wie positiv ich bin und wie gut es mit mir läuft. Eine Kopie schickst du an mich. Klar?« Er nickte wieder. Abwesend nahm Lisbeth Salander die Schweißperlen zur Kenntnis, die sich auf seiner Stirn sammelten.
»In … sagen wir mal … zwei Jahren wirst du eine Verhandlung beim Gericht beantragen, um meine Betreuung aufzuheben. Du wirst deine gefälschten Berichte über unsere monatlichen Treffen als Unterlagen benutzen. Du besorgst einen Hirndoktor, der jeden Eid schwört, dass ich völlig normal bin. Du wirst dich anstrengen. Du wirst alles, aber auch alles tun, was in deiner Macht steht, damit meine Betreuung aufgehoben wird.« Er nickte.
»Weißt du, warum du dein Bestes geben wirst? Weil du einen verdammt guten Anreiz hast. Und wenn es
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