Verblendung
diese Harriet. Wir haben versucht … mit ihr zu reden. Gottfried hat versucht, es ihr beizubringen. Wir dachten, sie wäre eine von uns und würde ihre Pflichten akzeptieren, aber sie war nur eine ganz gewöhnliche … Fotze. Ich dachte, ich hätte sie unter Kontrolle, aber sie wollte Henrik alles erzählen, und ich begriff, dass ich ihr nicht trauen konnte. Früher oder später hätte sie ihm von mir erzählt.«
»Sie haben sie getötet.«
»Ich wollte sie töten. Ich hatte es vor , aber ich kam zu spät. Ich konnte nicht zur Insel hinüberfahren.«
Mikaels Gehirn versuchte, die Information aufzunehmen, aber ihm war, als würde ein Schild mit der Aufschrift information overload erscheinen. Martin Vanger wusste nicht, was mit seiner Schwester passiert war.
Plötzlich zog er sein Handy aus der Jacke, sah aufs Display und legte es auf den Stuhl neben die Pistole.
»Es wird Zeit, dass wir das hier zum Abschluss bringen. Ich muss ja heute Nacht auch noch mit Ihrem anorektischen Drachen zurande kommen.«
Er öffnete einen Schrank, entnahm ihm einen schmalen Lederriemen und legte ihn wie eine Schlinge um Mikaels Hals. Er löste die Kette, die Mikael an den Boden gefesselt hatte, zog ihn auf die Füße hoch und stieß ihn gegen die Wand. Den Lederriemen führte er durch einen Metallring über Mikaels Kopf und zog an, sodass Mikael sich auf die Zehenspitzen stellen musste.
»Ist es zu fest? Können Sie nicht mehr atmen?« Er ließ ein paar Zentimeter nach und machte das Ende des Riemens weiter unten an der Wand fest. »Ich will ja nicht, dass Sie sofort ersticken.«
Die Schlinge schnitt so fest in Mikaels Hals, dass er unmöglich etwas sagen konnte. Martin Vanger betrachtete ihn aufmerksam.
Plötzlich knöpfte er Mikaels Hose auf und zog sie zusammen mit seiner Unterhose nach unten. Als er ihm die Hose von den Beinen zerrte, verloren Mikaels Füße den Halt, und er baumelte ein paar Sekunden an der Schlinge, bevor er wieder in Kontakt mit dem Boden kam. Martin Vanger ging zu einem Schrank und holte eine Schere. Er schnitt Mikaels T-Shirt auf und warf die Reste auf einen Haufen. Dann trat er einen Schritt von Mikael zurück und betrachtete sein Opfer.
»Ich habe noch nie einen Jungen hier gehabt«, sagte Martin Vanger ernst. »Ich habe niemals einen anderen Mann angefasst … außer meinen Vater. Das war meine Pflicht.«
Mikaels Schläfen pochten. Er konnte sein Körpergewicht nicht auf die Füße verlagern, ohne erwürgt zu werden. Er versuchte vergeblich, mit den Fingern Halt an der Betonwand hinter ihm zu finden.
»Es ist Zeit«, sagte Martin Vanger.
Er legte die Hand auf den Riemen und drückte ihn nach unten. Mikael spürte, wie die Schlinge sofort tiefer in seinen Hals schnitt.
»Ich habe mich immer gefragt, wie ein Mann schmeckt.«
Er erhöhte den Druck auf die Schlinge, beugte sich plötzlich vor und küsste Mikael auf den Mund - als im selben Augenblick eine kühle Stimme durch den Raum schnitt.
»Du alter Kotzbrocken, darauf habe ich das Monopol in diesem verdammten Dreckskaff.«
Mikael hörte Lisbeths Stimme wie durch rote Nebel. Es gelang ihm, seinen Blick zu fokussieren, und er sah sie am Türpfosten lehnen.
»Nein …«, krächzte Mikael.
Mikael sah Martins Gesichtsausdruck nicht, aber seinen Schock, als er herumfuhr, konnte er fast körperlich spüren. Für eine Sekunde stand die Zeit still. Dann streckte Martin Vanger seinen Arm nach der Pistole aus, die er auf dem Hocker hatte liegen lassen.
Lisbeth Salander machte drei schnelle Schritte nach vorne und schwang einen Golfschläger, den sie seitlich versteckt in der Hand gehabt hatte. Das Eisen beschrieb einen weiten Bogen und traf Martin Vanger über dem Schlüsselbein an der Schulter. Der Schlag hatte eine unerhörte Wucht, und Mikael konnte hören, wie etwas brach. Martin Vanger brüllte.
»Mögen Sie Schmerz?«, fragte Lisbeth Salander.
Ihre Stimme klang rau wie Sandpapier. Mikael würde sein Leben lang nicht vergessen, wie ihr Gesicht aussah, als sie zum Angriff überging. Sie fletschte die Zähne wie ein Raubtier. Ihre Augen glänzten pechschwarz. Sie bewegte sich blitzschnell wie eine Spinne und schien sich nur noch auf ihre Beute zu konzentrieren, als sie den Golfschläger erneut schwang und Vangers Rippen traf.
Er stolperte über den Stuhl und stürzte. Die Pistole fiel auf den Boden vor Lisbeths Füße. Sie kickte sie zur Seite, von ihm weg.
Dann schlug sie ein drittes Mal zu, gerade als Martin Vanger versuchte, sich
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