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Verblendung

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Titel: Verblendung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stieg Larsson
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Harriet …?«
    »Mikael und ich sind noch nicht sicher. Aber Sie können Henrik Vanger ausrichten, dass wir glauben, dieses Rätsel lösen zu können.«
     
    Martin Vangers unerwartetes Hinscheiden war die Topmeldung in den Neun-Uhr-Nachrichten, als Mikael aufwachte. Von den Ereignissen der Nacht wurde nur erwähnt, dass der Großindustrielle aus unerklärlichen Gründen mit überhöhter Geschwindigkeit auf die Gegenfahrbahn geraten war.
    Er hatte allein im Auto gesessen. Das Lokalradio brachte einen längeren Beitrag, in dem die Sorge um die Zukunft des Konzerns zum Ausdruck kam sowie die Ungewissheit, welche wirtschaftlichen Konsequenzen dieser Todesfall für das Unternehmen haben könnte.
    Ein eilig zusammengestelltes »Mittags-Telegramm« von TT trug den Titel Ein Landkreis unter Schock und fasste die derzeitigen Probleme des Vanger-Konzerns zusammen. Jeder wusste, dass allein in Hedestad über 3000 der 21 000 Einwohner bei Vanger angestellt waren oder anderweitig vom Wohl und Wehe des Unternehmens abhingen. Der Geschäftsführer des Vanger-Konzerns war tot, und sein Vorgänger war ein alter Mann, der nach einem Herzanfall im Krankenhaus lag. Einen natürlichen Erben gab es nicht. Und all das in Zeiten, die als die schwierigsten der ganzen Firmengeschichte galten.
     
    Mikael hätte die Chance gehabt, zur Polizei nach Hedestad zu fahren und zu erklären, was sich über Nacht abgespielt hatte, doch Lisbeth hatte einige Dinge bereits ins Rollen gebracht. Dadurch, dass er die Polizei nicht sofort angerufen hatte, wurde es mit jeder weiteren Stunde, die verstrich, schwieriger. Er verbrachte den Vormittag in düsterem Schweigen auf dem Küchensofa und beobachtete den Regen und die Wolken. Um zehn Uhr kam noch ein kräftiger Gewitterschauer, aber gegen Mittag hörte es auf zu regnen, und der Wind legte sich ein bisschen. Er ging hinaus, trocknete die Gartenmöbel ab und setzte sich mit einer Tasse Kaffee hin. Er trug ein Hemd mit Stehkragen.
    Martins Tod überschattete das alltägliche Leben in Hedeby. Vor Isabellas Haus hielten immer mehr Autos, während sich der Clan versammelte und kondolierte. Lisbeth betrachtete die Prozession völlig gefühllos. Mikael saß ganz still da.
    »Wie geht es dir?«, fragte sie schließlich.
    Mikael überlegte einen Moment, bevor er antwortete.
    »Ich glaube, ich stehe noch immer unter Schock«, sagte er. »Ich war so hilflos. Ich war mehrere Stunden lang überzeugt, dass ich sterben würde. Ich hatte Todesangst und konnte überhaupt nichts tun.«
    Er streckte eine Hand aus und legte sie ihr aufs Knie.
    »Danke«, sagte er. »Wenn du nicht aufgetaucht wärst, hätte er mich getötet.«
    Lisbeth lächelte ihn unbeholfen an.
    »Obwohl … ich immer noch nicht begreife, wie du so bescheuert sein konntest, alleine auf ihn loszugehen. Ich lag da unten auf dem Boden und schickte Stoßgebete zum Himmel, dass du das Bild sehen, zwei und zwei zusammenzählen und die Polizei rufen würdest.«
    »Wenn ich auf die Polizei gewartet hätte, hättest du wohl nicht überlebt. Ich konnte nicht zulassen, dass dieses Dreckschwein dich umbringt.«
    »Warum willst du nicht mit der Polizei sprechen?«, fragte Mikael.
    »Ich spreche nicht mit Behörden.«
    »Warum nicht?«
    »Meine Sache. Aber was dich betrifft, glaube ich nicht, dass es deiner Karriere besonders förderlich ist, wenn du als der Journalist Berühmtheit erlangst, der vom berüchtigten Serienmörder Martin Vanger ausgezogen wurde. Wenn du Kalle Blomkvist nicht mochtest - hier kannst du dir ganz neue Beinamen ausdenken.«
    Mikael sah sie forschend an und ließ das Thema fallen.
    »Wir haben ein Problem«, sagte Lisbeth.
    Mikael nickte. »Was geschah mit Harriet?«
    Lisbeth legte die zwei Polaroidbilder auf den Tisch. Sie erklärte, wo sie sie gefunden hatte. Mikael sah sich die Fotos eine Weile genau an, bevor er den Blick hob.
    »Das kann sie sein«, sagte er schließlich. »Ich könnte es nicht beschwören, aber ihre Figur und die Haare erinnern mich an all die Bilder, die ich von ihr gesehen habe.«
     
    Mikael und Lisbeth saßen eine Stunde im Garten und versuchten, die Details zu einem sinnvollen Ganzen zu ordnen. Sie entdeckten, dass sie aus unterschiedlicher Perspektive zu der Erkenntnis gelangt waren, dass Martin Vanger das fehlende Glied in ihrer Kette war.
    Lisbeth hatte das Foto, das Mikael auf den Tisch gelegt hatte, gar nicht gesehen. Doch die Bilder der Überwachungskameras machten sie stutzig. Sie war über die Uferpromenade zu

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