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dass es eine kluge Entscheidung war. Hätte Anwalt Bjurman auf einer Liste vom Aussterben bedrohter Insektenarten gestanden, hätte sie ihn bedenkenlos mit ihrem Absatz zerquetscht.
Mikael Blomkvist hatte fünf Stunden in Henrik Vangers Gesellschaft verbracht und verwendete den Großteil der Nacht und den gesamten Dienstag darauf, seine Notizen ins Reine zu schreiben und die Genealogie der Vangers in eine verständliche Übersicht zu bringen. Die Familiengeschichte, die sich im Gespräch mit Henrik Vanger herauskristallisierte, unterschied sich dramatisch von der offiziellen Version. Mikael wusste, dass jede Familie eine Leiche im Keller hat. Aber die Familie Vanger hatte einen ganzen Friedhof.
Mikael musste sich selbst immer wieder daran erinnern, dass sein Auftrag eigentlich nicht darin bestand, die Biografie der Familie Vanger zu schreiben, sondern herauszufinden, was mit Harriet Vanger passiert war. Er hatte den Job in dem sicheren Glauben angenommen, dass er dabei praktisch auf seinen vier Buchstaben sitzen und ein Jahr vergeuden würde, dass die Recherchen, die er für Henrik Vanger betrieb, eigentlich herzlich sinnlos waren. Nach einem Jahr würde er sein wahnwitziges Honorar einstreichen - der Vertrag, den Dirch Frode aufgesetzt hatte, war unterzeichnet. Sein eigentlicher Lohn, so hoffte er, würde in der Information über Hans-Erik Wennerström bestehen, die Henrik Vanger angeblich besaß.
Nachdem er Vanger zugehört hatte, dämmerte ihm, dass er das Jahr keineswegs vergeudete. Ein Buch über die Familie Vanger hatte auch seinen Wert - es war ganz einfach eine gute Story.
Dass er Harriets Mörder finden würde, daran glaubte er nicht. Mikael teilte Henriks Meinung, dass die Wahrscheinlichkeit gegen null ging, dass ein sechzehnjähriges Mädchen aus eigenem Antrieb verschwinden und sich dann allen bürokratischen Überwachungssystemen zum Trotz sechsunddreißig Jahre versteckt halten konnte. Er wollte jedoch nicht ausschließen, dass Harriet davongelaufen war. Auf dem Weg nach Stockholm konnte ihr etwas zugestoßen sein - Drogen, Prostitution, ein Überfall oder vielleicht schlicht und einfach ein Unfall.
Henrik Vanger war hingegen überzeugt, dass sie von einem Familienmitglied ermordet worden war - eventuell mit Beihilfe eines anderen.
Erika hatte recht gehabt, als sie sagte, dass sein Auftrag jedem gesunden Menschenverstand spottete, wenn er denn wirklich einen ungelösten Mordfall aufklären sollte. Mikael Blomkvist begriff jedoch langsam, dass Harriets Schicksal in den vergangenen sechsunddreißig Jahren eine zentrale Rolle für die gesamte Familie gespielt hatte. Ob er nun recht hatte oder nicht, Henrik Vangers Beschuldigung seiner Verwandtschaft hatte die Familiengeschichte geprägt. Diese mehr als dreißig Jahre offen ausgesprochenen Anschuldigungen hatten zu einer Frontenbildung geführt, die den Konzern destabilisierte. Einer Studie über Harriets Verschwinden würde somit die Funktion eines ganz eigenen Kapitels zukommen. Ob Harriets Verschwinden sein vorrangiger Auftrag war, oder ob er sich damit begnügte, eine Familienchronik zu schreiben, nahe liegender Ausgangspunkt für beides war eine Bestandsaufnahme der beteiligten Personen. Darum hatte sich sein Gespräch mit Henrik Vanger gedreht.
Die Familie Vanger bestand aus zirka hundert Personen, Vettern dritten Grades und die Nachkommenschaft sämtlicher Kusinen mit eingerechnet. Die Personengalerie war so umfangreich, dass Mikael sich eine Datenbank in seinem iBook einrichten musste.
Die Herkunft der Familie konnte mit Sicherheit bis ins frühe 16. Jahrhundert zurückverfolgt werden, damals lautete ihr Name noch Vangeersad. Laut Henrik Vanger stammte der Name möglicherweise vom holländischen »van Geerstad«. Falls das stimmen sollte, konnte das Geschlecht bis ins 12. Jahrhundert nachgewiesen werden.
In modernerer Zeit stammte die Familie aus Nordfrankreich und war Anfang des 19. Jahrhunderts mit Jean Baptiste Bernadotte nach Schweden gekommen. Alexandre Vangeersad hatte einen Posten beim Militär innegehabt und war nicht persönlich mit dem König bekannt. Er hatte sich jedoch als tüchtiger Garnisonschef hervorgetan und bekam 1818 den Hedeby-Hof zum Dank für seine Verdienste. Alexandre Vangeersad besaß auch eigenes Geld und hatte damit beträchtliche Waldgebiete in Norrland gekauft. Sein Sohn Adrian war in Frankreich zur Welt gekommen, zog aber auf Bitten seines Vaters in das entlegene Nest Hedeby, weit weg von den Salons in
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