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Sozialausschuss gewesen und hatte fast sein gesamtes Leben der Arbeit mit schwierigen Jugendlichen gewidmet. Zwischen dem Rechtsanwalt und seinem mit Abstand schwierigsten Schützling war ein verquerer Respekt entstanden, der fast schon an Freundschaft grenzte.
Ihr Verhältnis währte insgesamt elf Jahre, von ihrem dreizehnten Geburtstag bis zu jenem Tag, ein paar Wochen vor Weihnachten, als sie Palmgren zu Hause aufsuchte, weil er zu einem ihrer monatlichen Treffen nicht erschienen war. Als er nicht aufmachte, obwohl sie Geräusche aus der Wohnung hörte, stieg sie bei ihm ein, indem sie die Regenrinne bis zum Balkon im dritten Stock hochkletterte. Sie hatte ihn im Flur liegend gefunden, bei Bewusstsein zwar, aber nach einem schweren Schlaganfall unfähig zu sprechen oder sich zu bewegen. Er war erst vierundsechzig Jahre alt. Sie hatte einen Krankenwagen gerufen und war mit ins Söder-Krankenhaus gefahren, während ihr die wachsende Panik den Hals zuschnürte. Knapp drei Tage hatte sie den Flur der Intensivstation kaum verlassen. Wie ein treuer Wachhund hatte sie jeden Schritt der Ärzte und Krankenschwestern überwacht. Zu guter Letzt hatte ein Arzt, dessen Namen sie nie erfuhr, sie in ein Zimmer mitgenommen und ihr den Ernst der Situation auseinandergesetzt. Holger Palmgrens Zustand war nach einer schweren Gehirnblutung sehr kritisch. Man glaubte nicht, dass er wieder aufwachen würde. Sie hatte weder geweint noch eine Miene verzogen. Sie war aufgestanden, hatte das Krankenhaus verlassen und war nie wieder zurückgekommen.
Fünf Wochen später hatte das Vormundschaftsgericht Lisbeth Salander zum ersten Treffen mit ihrem neuen Betreuer bestellt. Sie wollte die Einladung einfach ignorieren, doch Holger Palmgren hatte ihr eingetrichtert, dass jede Handlung Konsequenzen hat. Zu jenem Zeitpunkt hatte sie bereits gelernt, diese Konsequenzen zu analysieren, bevor sie handelte. Nach genauerem Nachdenken war sie zu dem Schluss gekommen, dass der einzige Ausweg aus dem Dilemma darin lag, so zu handeln, als würde sie die Autorität des Vormundschaftsgerichts anerkennen.
Also hatte sie sich im Dezember brav in Bjurmans Kontor am St.-Eriks-Platz eingefunden, wo eine ältere Dame im Namen des Vormundschaftsgerichts Salanders umfassende Mappe an Rechtsanwalt Bjurman übergeben hatte. Die Dame hatte sie freundlich gefragt, wie es ihr ginge, und schien Lisbeths dumpfes Schweigen als zufriedenstellende Antwort zu akzeptieren. Nach ungefähr einer halben Stunde hatte sie Salander in Bjurmans Obhut zurückgelassen.
Fünf Sekunden nach ihrem ersten Händeschütteln hatte Lisbeth Salander eine Abneigung gegen Anwalt Bjurman gefasst.
Sie beobachtete ihn, während er ihre Akte durchging. Alter fünfzig aufwärts. Durchtrainierter Körper, dienstags und freitags Tennis. Blond. Dünnes Haar. Leichtes Grübchen am Kinn. Riecht nach Boss. Blauer Anzug. Roter Schlips mit goldener Nadel und geckenhafte Manschettenknöpfe mit den Buchstaben NEB. Brille mit Stahlrahmen. Graue Augen. Nach den Zeitschriften auf einem Beistelltischchen zu urteilen, interessierte er sich für Jagd und Schießen.
Während des Jahrzehnts, als sie sich mit Palmgren traf, hatte er ihr immer Kaffee angeboten und sich mit ihr unterhalten. Nicht einmal ihre Fluchten von ihren Pflegefamilien oder ihr systematisches Schuleschwänzen hatten ihn aus der Fassung bringen können. Palmgren war nur ein einziges Mal aus der Haut gefahren: als der schleimige Typ in Gamla Stan sie begrapscht hatte und sie wegen Körperverletzung festgenommen wurde.
Bjurman hatte nicht viel für Small Talk übrig. Er hatte sofort festgestellt, dass zwischen Palmgrens Verpflichtungen und der Tatsache, dass er es Lisbeth Salander anscheinend selbst überlassen hatte, sich um ihren Haushalt und ihre Finanzen zu kümmern, eine große Diskrepanz herrschte. Er hatte sie nach Strich und Faden verhört: Wie viel verdienen Sie? Ich möchte Kopien ihrer Buchführung. Mit was für Leuten treffen Sie sich? Bezahlen Sie Ihre Miete rechtzeitig? Trinken Sie Alkohol? Fand Palmgren diese Ringe in Ordnung, die Sie da im Gesicht tragen? Können Sie sich selbst um Ihre Hygiene kümmern?
Fuck you.
Palmgren hatte darauf bestanden, sie mindestens einmal im Monat zu treffen, manchmal öfter. Seit sie in die Lundagatan zurück gezogen war, waren sie außerdem fast Nachbarn gewesen. Er wohnte in der Hornsgata nur ein paar Blöcke weiter, und in regelmäßigen Abständen waren sie sich zufällig über den Weg gelaufen
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