Verborgen im Niemandsland
sich wieder einmal daran erinnerte, wie raffiniert er seine Verfolger in den Bergen, die dem Frangipani Valley vorgelagert waren, hinters Licht geführt und sie glauben gemacht hatte, er wäre in kopfloser Hast mit seinem Wagen in die Tiefe gestürzt und dort am Grund der Schlucht mit zerschmetterten Gliedern zu Tode gekommen.
Er amüsierte sich so köstlich über sein gelungenes Täuschungsmanöver, dass ihm die Tränen über das sonnenverbrannte, bärtige Gesicht liefen und er seinen Lachanfall kaum bändigen konnte.
Knapp war es ja gewesen, das musste er zugeben. Weil er sich in der Nacht kaum eine Rast gegönnt hatte, war sein Vorsprung aber gerade noch ausreichend gewesen, um Daisy mit dem Wagen über die Klippe zu treiben, mit seinem Pferd einen gangbaren Weg hinunter in die Schlucht zu finden, es weit von der Aufschlagstelle entfernt hinter einer Baumgruppe zu verstecken und sich dann schnell unter die Trümmer des Wagens zu schieben. Denn er konnte kaum länger als zehn oder fünfzehn Minuten dort reglos gelegen haben, als auch schon seine drei Verfolger oben an der Abbruchkante aufgetaucht waren und zu ihm heruntergestarrt hatten.
Es waren recht bange Minuten gewesen, die er in regloser Position verbracht und zu ihnen hinaufgeschaut hatte, ohne auch nur einmal mit den Wimpern zu zucken oder auch nur einen Finger zu bewegen. Zwar hatte er auf die Entfernung nicht hören können, was sie miteinander redeten. Aber dass der eine von ihnen, den er als Terence Rigby erkannt zu haben glaubte, plötzlich sein Gewehr auf ihn gerichtet hatte, war ihm nicht entgangen. Das war ein reichlich ungemütlicher Augenblick gewesen, auch wenn er sehr zuversichtlich gewesen war, dass es schon eines sehr exzellenten Schützen bedurft hätte, um ihn auf diese Distanz und schräg über die Trümmer hinweg, die er sich bis über die Brust gezogen hatte, zu treffen. Und Terence Rigby war nicht eben als Meisterschütze bekannt.
Dennoch, in Erwartung des Schusses hatte sich alles in ihm zusammengekrampft. Aber diese Prüfung war ihm glücklicherweise erspart geblieben. Sie hatten keine Zweifel daran gehabt, dass er wirklich tot war. Wie hätten sie auch, bei dieser Tiefe! Und deshalb hatten sie, ganz wie er erwartet hatte, auch darauf verzichtet, einen Weg hinunter in die Schlucht auszukundschaften, um sich aus nächster Nähe von seinem Tod zu überzeugen. Er hatte danach noch eine ganze Weile den toten Mann gespielt und auf das verklingende Geräusch ihrer Pferde gelauscht - für den, wenn auch sehr unwahrscheinlichen Fall, dass sie aus irgendeinem Grund doch noch einmal zurückkehren und einen zweiten Blick von oben auf ihn werfen sollten. Aber sie waren nicht wiedergekommen. Seine Rechnung war aufgegangen und damit hatte er sich diese Bluthunde endgültig vom Hals geschafft.
Das Einzige, was er im Rückblick bedauerte, war, dass er dieses Flittchen Emily verschont hatte. Er war sicher, dass sie es schon längst mit diesem jungen Spund von Stanley Watling getrieben hatte und wer weiß mit wem sonst noch. Dass Andrew die Kleine so bereitwillig bei sich aufgenommen hatte, war doch kaum aus purer Nächstenliebe geschehen. Es hätte ihn überhaupt nicht gewundert, wenn das Luder, das sich so schamlos splitternackt im Fluss zur Schau gestellt hatte, auch schon mit Chandler ins Bett gestiegen war, während sich Abby irgendwo auf dem Feld abgerackert hatte.
Ja, er hätte sich Emily erst mal ordentlich vornehmen sollen, nachdem er den Jungen an den Baum gefesselt hatte. Dann wäre ihm noch immer genug Zeit zur Flucht geblieben. Wirklich zu dumm, dass ihm dieser Spaß durch die Lappen gegangen war.
Aber zum Teufel damit! Er hatte trotzdem allen Grund, mit sich zufrieden zu sein. Denn was er da in den Bergen vollbracht hatte, machte ihm so schnell keiner nach. Und in der Kolonie gab es genug Weiber, die ihm willig sein würden.
Am nächsten Morgen trieb er seinen Hengst in aller Frühe durch den Fluss und das Tier trug ihn auch brav durch die trüben Fluten.
Als er jedoch aus dem seichten Wasser und knöcheltiefen Schlamm kam und das Ufer erklimmen wollte, geschah das Unglück. Wegen des stark abgesunkenen Wasserstandes wies das Ufer eine beachtliche Steigung auf, und als Henry nun sein Pferd antrieb, geriet es mit dem rechten Vorderfuß in einen Spalt, der wegen einer darüber liegenden, dünnen Schicht getrockneten Lehms nicht zu erkennen gewesen war.
Schrill wieherte das Tier auf, als es mitten im kraftvollen Anstieg vorn tief
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