Verborgen im Niemandsland
Andrew ihr zu. Dann jedoch kam ihm ein Gedanke, der einen ernsten Ausdruck auf sein Gesicht brachte. Und mit unüberhörbarer Erleichterung sagte er: »Das bedeutet natürlich, dass du hier auf der Farm bleibst und dich nicht mit uns auf den Weg zurück in die Kolonie machst, wenn wir gleich nach dem Christfest aufbrechen!«
Die Vorräte an Salz, Tee und vielen anderen Dinge, die sowohl für das weitere Gedeihen der kleinen Siedlung notwendig waren als auch den Alltag ein wenig komfortabler machten, besonders was das Essen betraf, dem schon bald im wahrsten Sinne des Wortes die Würze fehlen würde, waren schneller dahingeschmolzen als angenommen. Deshalb hatten die Siedler bei der letzten Versammlung beschlossen, mit der Fahrt in die Kolonie nicht erst bis Mitte oder Ende Januar zu warten, sondern den Zeitpunkt des Aufbruchs für den Morgen nach dem Christfest festzulegen. Es war ausgemacht, dass sich nur ein Wagen auf den Weg machen sollte, mit zwei der besten Zugpferde im Geschirr und zwei weiteren Pferden zum Wechseln, was vor allem auf dem Rückweg viel Zeitersparnis bedeuten würde.
Niemand hatte sich danach gedrängt, sich für die Fahrt zu melden, wurde in diesen Wochen auf den Farmen doch jede Hand gebraucht. Schließlich hatten sich Andrew, Terence und Douglas bereit erklärt - woraufhin Abby bei ihrem Mann durchgesetzt hatte, dass auch sie an seiner Seite sein würde. Sie zog die Gefahr, in die sie sich möglicherweise begaben, der wochenlangen Ungewissheit allemal vor.
Einwände, dass Jonathan sie brauche und einer von ihnen auf der Farm zurückbleiben müsse, hatte sie nicht gelten lassen. Sie hatte Jonathan schon vor Wochen von der Brust abgesetzt und er befand sich bei Rosanna und Emily in besten und liebevollen Händen. Und was die Arbeiten auf ihrer Farm anging, so hatte sie klugerweise schon vorher Vorsorge getragen und mit den Watlings gesprochen. Deborah würde für die Dauer ihrer Abwesenheit zu ihnen ins Haus ziehen, während Stanley sich höchst freudig dazu verpflichtet hatte, tagsüber nach Bungaree zu kommen und sich der schweren Arbeiten anzunehmen. Und da ja alle ihre Bestellungen aufgegeben hatten und somit von der Fahrt und dem Einsatz der vierköpfigen Mannschaft profitieren würden, hatten die anderen Siedler einen Plan aufgestellt, wer von ihnen auf der Farm von Terence Rigby und Douglas Brown mit anzupacken hatte.
Andrew hatte seinen Widerstand gegen Abbys Beteiligung aufgeben müssen. Doch nun glaubte er, ein gutes Argument gefunden zu haben, warum sie auf Bungaree bleiben musste. »Ich möchte nicht, dass unser ungeborenes Kind Schaden nimmt!«, sagte er sanft, doch mit Nachdruck.
»Aber mein Liebling!«, begann sie fast fröhlich. »Ich bin gerade erst im dritten Monat! Und eine Schwangerschaft ist nun wahrlich keine Krankheit, die eine Frau zwingt, sich zu schonen. Schon gar nicht zu so einem frühen Zeitpunkt. Wir werden doch zurück sein, bevor ich im fünften Monat bin. Als ich mit Jonathan schwanger war, habe ich ganz andere Strapazen aushalten müssen.«
»Abby, ich bitte dich!«, flehte Andrew sie an.
»Nein, ich bitte dich, mich nicht von meinem Entschluss abbringen zu wollen!«, erwiderte sie eindringlich. »Tu es mir nicht an, dass ich hier zurückbleiben muss und nicht weiß, wie es dir ergeht. Ich hätte Tag und Nacht keine ruhige Minute! Ich kann dich einfach nicht allein losziehen lassen. Ich liebe dich, mehr als ich dir sagen kann. Und ich möchte bei dir sein - was immer auch geschehen wird.«
Andrew sah sie lange an, versuchte allerdings nicht länger, sie umzustimmen, verstand er sie doch nur zu gut. Dann kehrte das Lächeln wieder auf sein Gesicht zurück und er nickte. »Gut, dann soll es so sein.«
Achtundzwanzigstes Kapitel
Irgendetwas Hartes, Metallisches berührte sein Gesicht, zwängte seine aufgerissenen Lippen mit sanftem Druck auf und schob sich in seinen Mund. Er schmeckte etwas widerlich Süßes, Breiiges auf seiner Zunge, schluckte unter Schmerzen in seiner Kehle und fand seinen Mund Augenblicke später wieder mit diesem Brei gefüllt.
Wo war er? Und wer zwang ihm diese ekelhafte Pampe in den Mund? Gehörte das zu den Torturen der Hölle, in der er gelandet war? Aber nein, diese banale Art der Strafe passte kaum zu jenen Folterkammern der Unterwelt, wo das ewige Fegefeuer mit Qualen von ganz anderer, unaussprechlicher Beschaffenheit wartete. Und himmlische Speise konnte dieser abstoßend süße Brei ebenso wenig sein, ganz abgesehen
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