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Verborgen im Niemandsland

Verborgen im Niemandsland

Titel: Verborgen im Niemandsland Kostenlos Bücher Online Lesen
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kleine Schar der Soldaten und auch Cleo so verloren und ziellos vorkamen wie Treibgut in einem endlosen Ozean aus Sand, Eukalypten und dürrem Gras.

Siebenundzwanzigstes Kapitel
     
    Das zähnefletschende Fauchen zweier Dingos, die sich gegenseitig ihre Beute, ein frisch gerissenes Mutterschaf, streitig machten, ließ Andrew jäh aus dem Schlaf hochfahren.
    Er war augenblicklich wach, und angestrengt lauschte er in die Dunkelheit, die vom Duft frischer Eukalyptusblätter durchdrungen war. Abby hatte tags zuvor die längst platt gedrückten und verrotteten Füllungen ihrer Schlafsäcke durch neue Blätter ausgetauscht und jetzt würde der Duft noch für eine gute Woche die Blockhütte bis in den letzten Winkel mit seinem erfrischenden Aroma erfüllen.
    Die Nacht war still. Kein noch so schwaches Knurren oder gar Heulen von Dingos drang an sein Ohr. Im ersten Moment glaubte er, die Dingos seien irgendwie gewarnt oder wüssten, dass er erwacht war. Nur von jenseits der Wand aus Rutengeflecht, das ihre kleine Schlafkammer von der Rosannas trennte, kam ein leises, gleichmäßiges Schnarchen. Und auch Jonathan, der am Fußende auf seinem primitiven Bettchen lag, schlief tief und fest.
    Andrew entspannte sich und musste über sich selber lächeln. Die Dingos, die sich um ihre Beute stritten, hatten nur in seinem Traum existiert. Es konnte gar nicht anders sein. Denn die australischen Wildhunde jagten zumeist in Rudeln, in denen eine feste und von allen respektierte Rangfolge bestimmte, wer zuerst das beste Stück aus einem erjagten Tier reißen durfte und wer als Nächster an der Reihe war.
    »Abby?«, raunte Andrew leise in die Dunkelheit und streckte vorsichtig seine rechte Hand nach ihr aus. Doch da, wo sie eigentlich auf Abby hätte stoßen sollen, fand sie nur ein verlassenes Nachtlager vor - und ein schweißfeuchtes Laken, das den kratzigen Bettsack bedeckte.
    Er stand leise auf, stieg behutsam über seinen Sohn hinweg, schob den Vorhang aus zusammengenähten Säcken zur Seite und schlich durch den großen Küchen-und Wohnraum zur Tür. Durch den Spalt fiel ein armbreiter Streifen milchigen Mondlichtes in das Blockhaus.
    Andrew fand seine Frau auf der selbst gezimmerten Bank unter dem Vordach, von wo aus man in einer sternklaren Nacht wie dieser einen herrlichen Blick über das sanft zum Stony River hin abfallende Land und weit darüber hinaus hatte. Dem Stand des Mondes nach zu urteilen, musste es eine gute Stunde nach Mitternacht sein.
    Er setzte sich an ihre Seite und strich zärtlich über ihren Arm. »Konntest du nicht schlafen?«, fragte er mit gedämpfter Stimme, obwohl es gar nicht nötig gewesen wäre. Rosanna und Emily waren mit einem fast so guten und festen Schlaf gesegnet wie ihr kleiner Sohn.
    Sie lächelte ihn an. »Nichts weiter als ein paar schlechte Träume«, sagte sie. »Mir war danach, ein wenig hier draußen zu sitzen.«
    »Ein Albtraum?«
    Abby nickte.
    »Und? Erinnerst du dich noch daran, was für ein Traum es gewesen ist?«
    »Ja, leider«, sagte sie mit einem leisen Seufzer.
    »Erzähl mir davon«, bat er sie.
    »Es war ein so trockener, heißer Tag wie heute«, begann Abby. »Doch plötzlich wurde es Nacht, als wäre eine Sonnenfinsternis eingetreten, und eine gewaltige Sintflut, wie sie in der Bibel geschrieben steht, ergoss sich von den Bergen in unser Tal. Sie stieg im Handumdrehen haushoch an. Alles wurde von der Flut hinweggerissen, Tiere, Menschen und alle Gebäude.«
    »Das ist ja ein schlimmerer Albtraum als meiner... ich habe mal wieder von Dingos geträumt, die ein Schaf gerissen haben«, sagte Andrew.
    »Aber es geht noch weiter«, sagte Abby. »Auch unser Blockhaus war von den Wogen weggespült worden und trieb auf den aufgewühlten Fluten nach Süden. Und Jonathan kauerte auf dem Dach, das gerade noch aus dem Wasser herausragte. Er schrie in Todesangst nach uns. Ich wollte zu ihm und ihn retten. Doch ich stand auf irgendeinem Hügel, von dem nur noch ein winziges Fleckchen aus der Flut herausragte. Dort stand ich... und zwar wie angekettet. Ich konnte mich nicht rühren, nicht einmal den Arm heben, geschweige denn ins Wasser springen und zu ihm schwimmen.«
    Andrew hörte die Bedrückung aus ihrer Stimme heraus. »Und wo war ich in diesem grässlichen Traum?«
    »In einem Ruderboot auf der anderen Seite des Tals«, antwortete sie. »Du hast wie wild gerudert und Jonathan und mir immer wieder zugerufen, nur ruhig zu bleiben, denn du würdest schon kommen und uns retten. Aber wie

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