Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Verborgen im Niemandsland

Verborgen im Niemandsland

Titel: Verborgen im Niemandsland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: authors_sort
Vom Netzwerk:
davon, dass der Himmel wahrlich nicht der Ort war, wo einer wie er Aufnahme fand.
    Wie Irrlichter zuckten ihm die Gedanken durch den Kopf. Er sah plötzlich wieder die im Sonnenlicht glitzernde Lanzenspitze vor seinem inneren Auge und das lehmdreckige Gesicht des Eingeborenen. Im nächsten Moment nahm er Stimmen wahr, das Schlagen einer Tür, das Sirren von Insekten und wurde sich dann auch des elenden Gefühls körperlicher Schwäche bewusst, als hätte man ihn durch die Mangel gedreht.
    Aber das hieß ja, dass er nicht tot war, sondern lebte!
    Henry Blake riss die Augen auf. Und so wie das schmutzige Gesicht des Aborigine mit der Lanze der letzte Eindruck gewesen war, bevor er unter dem Dornenbusch das Bewusstsein verloren hatte, so war das über ihn gebeugte Gesicht eines Eingeborenen nun auch das erste Bild, das er mit wachem Geist registrierte. Doch diesem Bild fehlten klare Konturen. Undeutlich waberte es auf und ab. Es schwamm wie auf der Oberfläche eines aufgewühlten Tümpels, als hätten seine brennenden Augen Schwierigkeiten, es festzuhalten und für Klarheit und Schärfe zu sorgen.
    Verstört und von einer jähen Angst gepackt, schlug er abwehrend um sich, bevor er richtig begriffen hatte, wo er sich befand und was ihm geschah. Er traf den Arm, dessen Hand sich gerade wieder seinem Mund nähern wollte, und ein mit Brei gefüllter Blechlöffel flog durch die Luft und schlug hinter ihm gegen die Wand.
    Die verschwommene Eingeborenengestalt verschwand augenblicklich und ohne ein Wort von sich zu geben aus seinem engen Gesichtsfeld.
    »Was zum Teufel... ?« Die Worte waren ein einziges heiseres Krächzen, und er brach mitten im Fluch ab, weil seine Kehle ihn sofort mit stechenden Schmerzen strafte.
    Schwere Stiefelschritte näherten sich ihm, und dann sagte eine sarkastische Stimme: »Das ist aber nicht gerade die Art, wie sich ein Gentleman für aufopferungsvolle Krankenpflege bedanken würde. Oder hat der Herr gar noch so viel Stolz in seinem ausgezehrten Leib, dass er lieber krepiert, als sich von einem Aborigineweib wie ein Wickelkind füttern zu lassen? Na, dann wäre er also lieber da draußen im Busch geblieben, als köstlicher Fraß für Dingos, Aasgeier und anderes Getier.«
    Henry erkannte die Stimme. »Parker?«, stieß er krächzend hervor.
    »In der Tat, du liegst beim guten alten Josh Parker in der Hängematte«, antwortete der Händler. »Zwar hatten wir gestern Abend, als Taipan dich mehr tot als lebendig hier angeschleppt hat, leider keine Gelegenheit, uns über den Preis für Kost und Logis zu verständigen. Aber ich bin sicher, dass wir zu einer zufrieden stellenden Einigung gelangen und ich auf meine Kosten kommen werde.«
    »Der... versoffene... Wilde hat mich im Busch gefunden?«, stieß Henry hervor und richtete sich in der Hängematte mühsam auf.
    »Ja, du verdankst dein Leben der Barmherzigkeit eines halb nackten, verkommenen Aborigine, den du wahrscheinlich wie einen tollwütigen Hund über den Haufen geschossen hättest, wenn er dir unter anderen Umständen im Busch vor die Flinte gekommen wäre«, bestätigte Joshua Parker bissig. »Das Leben ist doch voll verrückter Überraschungen, findest du nicht auch ?« Er lachte, aber es war nicht gerade ein freundliches Lachen.
    Henry schwieg, musste er diese Nachricht doch erst einmal verdauen.
    »So, und jetzt wirst du deine Abneigung gegen Wilde ein wenig im Zaum halten und dich weiter von Murtamoo füttern lassen, mein Freund«, fuhr Joshua Parker im selben sarkastischen Tonfall fort. »Wir wollen doch alle, dass du möglichst schnell wieder auf die Beine kommst, nicht wahr? Andernfalls bist du doch zu nichts zu gebrauchen. Und dann muss ich meine Kosten für Kost und Quartier als Verlust verbuchen. Und das würde mir nun gar nicht gefallen.«
    »Danke«, stieß Henry heiser hervor, und es kostete ihn einige Überwindung, dieses Wort auszusprechen.
    Der Händler lächelte hintergründig. »Warte damit noch eine Weile. Zum Dank kommen wir später, wenn du in der Lage bist, dich mit uns zu einem netten kleinen Plausch zusammenzusetzen. Ich schätze, du hast uns eine Menge zu erzählen. Ganz besonders das, was du seit unserem ersten Zusammentreffen mit deinen reizenden Freunden und all den anderen Gefährten eures Siedlertrecks so erlebt hast, wird bestimmt eine überaus spannende Unterhaltung, Henry. Denn so heißt du doch, nicht wahr?«
    Henry Blake nickte und zog es vor, auch jetzt nichts weiter zu sagen. Der Händler wusste von

Weitere Kostenlose Bücher