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Verborgen

Verborgen

Titel: Verborgen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tobias Hill
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holte in der Küche Eis. Die anderen waren alle auf dem Balkon schon mit Trinken zugange, während der Mond über den Horizont stieg. Durch die Ventilatoröffnung konnte er sie draußen reden hören.
    Warmer Gin , hatte Natsuko gesagt und angewidert den Mund verzogen, und bevor er sich anbieten konnte, hatte Eleschen es für ihn übernommen. Es ist Eis da. Ben holt es dir, nicht wahr, Ben?
    Eleschen sprach auch jetzt und knackte munter im Takt dazu Mandeln. Während sie noch an der einen kaute, machte sie sich schon an die nächste, knackte sie auf der klobigen Steinplatte, dass ihr leeres Schnapsglas nur so schepperte. Ben kniete sich vor den Kühlschrank und hörte über sich Tauben von der Traufe auffliegen.
    Vom Regen in die Traufe: Die Wendung gefiel Natsuko ganz besonders. Sie habe Regen schon immer geliebt, sagte sie.
    In Japan regnet es höllenviel.
    Höllisch viel, meinst du. In England auch. Katzen und Hunde.
    Wieso Katzen und Hunde?
    Komm mal auf Besuch. Dann zeige ich es dir.
    Vielleicht , hatte sie darauf gesagt, Eines Tages , und sich dabei so schwermütig und melancholisch angehört, es so unmöglich klingen lassen, als lägen Jahrhunderte oder ganze Galaxien zwischen ihnen und England, dass er losgeprustet hatte.
    Knack!
    »Hörst du wohl auf damit, El? Da wird man ja ganz irre im Kopf.«
    »Dazu braucht’s bei dir nicht viel. Was für ein Ausflug, Eleschen? «
    »Keine Ahnung, ist mir gerade erst eingefallen, aber wäre doch eine hübsche Idee, oder? Also ich finde, wir sollten fahren.«
    »Wohin denn?«
    »Piepegal! Irgendwohin, wo’s nett ist.«
    »Haben wir uns das verdient?«
    »Aber sicher doch. Jetzt kommt schon, Leute, seid nicht so langweilig.«
    »Wir haben doch noch gar nichts geleistet.«
    »Dann erst recht. Wir lassen uns inspirieren. Fahren irgendwohin, wo es inspirierend ist.«
    »Wo könnte es wohl inspirierender sein als hier?«
    Er machte den Kühlschrank zu und ging zur Spüle, ließ Wasser über die Eiswürfel laufen, um sie aus der Schale zu lösen. Zeitweise waren die Stimmen nur abgehackt zu vernehmen, doch er konnte sie mittlerweile unterscheiden, auch ohne ein Wort zu verstehen, sie waren vertraut wie Stimmen alter Freunde, die man überall erkannt hätte.
    Als er das Wasser abdrehte, hörte er Eleschen lachen.
    »Wir könnten noch heute Abend los!«
    »Viel zu spät, und wir sind alle schon zu betrunken.«
    »Ich nicht. Ich fahre. Wer kommt mit?«
    Knack!
    »Hörst du jetzt endlich auf damit, verdammt noch mal?«
    »Nur wenn du was anderes zu essen für mich auftreibst. Aber das tust du nicht, weil du kein Ritter bist, der einem Mädchen aus der Patsche hilft, und außerdem hättest du sowieso keine Chance, weil Eberhard sich von Büchern und Staub ernährt. Wie eine Spinne. Wie ein Insekt.«
    »Beides kann ich wohl schwerlich sein, schließlich ernähren sich Spinnen von Insekten …«
    »Leck mich doch, wie wär’s damit, Schätzchen?«
    »Nee, du bist mir zu vulgär. Außerdem sind die hier viel leckerer.«
    »Ich bin auch lecker. Du musst es bloß mal probieren.«
    »Wohin?«
    Die Stimme von Max. Ben hatte fast vergessen, dass er auch da draußen saß. Er hatte ein Talent darin, immer unauffällig zu bleiben. Der Georgier zog die Aufmerksamkeit so wenig auf sich wie Wasser in einem durchsichtigen Glas. Ein merkwürdiger Zug an solch einem Hünen. Ben stellte sich sein Gesicht vor, grummelig wie seine Stimme.
    »Nach Olympia. Oder ans Meer! Beim letzten Mal, in Gythion, war es da noch so saukalt. Kommt schon, wir haben ein ganzes Wochenende. Ist doch nur ein Katzensprung.«
    Das freie Wochenende war Missy zu verdanken. An dem Morgen hatte sich die Stimmung oben bei der Ausgrabungsstätte merklich verbessert, alle waren ein bisschen aufgetaut und plötzlich herzlicher als zuvor. Missy hatte erst verwirrt und dann über die Maßen erfreut gewirkt, sie platzte fast vor Stolz, knöpfte sich dann Ben vor und fragte ihn, ob der freie Nachmittag, den sie gestern angekündigt hatte, für sie alle tatsächlich so etwas Besonderes war.
    Sie hatte sich ihre Trumpfkarte bis nachmittags aufgehoben, als sie eben die Zelte abbrechen wollten, und erklärt, sie müsse am folgenden Tag nach Athen, um der Cyriac Foundation ihren Zwischenbericht vorzulegen. Für die Zeit ihrer Abwesenheit hätten sie sich einen vollen freien Tag verdient. Weil ihr alle so wacker gerackert habt , sagte sie und errötete angesichts der Bestechung ebenso wie Ben.
    Er drückte das Eis aus der Schale in den

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