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Verborgen

Verborgen

Titel: Verborgen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tobias Hill
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äthiopisch.
Lebensräume: Wüste, Savanne, Wald, Busch.
Schutzstatus: nicht bedroht.
Körperlänge: 90 cm. Gewicht: 10 Kilo. Schulterhöhe …
     
    Eine Lachsalve. Der Lärm eines Glasspack-Auspuffs. In den Orangenbäumen draußen hingen Lichter. Auf dem Rückweg vom Quartier der Mädchen hatte er sich gefragt, wofür die gedacht waren. Es waren noch zwei Wochen bis zum Unabhängigkeitstag, aber die Fastenzeit dauerte noch einen Monat. Vor den Läden und in den Bars um den Stadtplatz standen kleine Grüppchen zusammen, aber selbst am Samstagabend waren alles in allem nur wenige Leute unterwegs. Nur das Jungvolk war gut drauf. Die Älteren tranken und unterhielten sich, als durchlebten sie schwere Zeiten und hätten das Schlimmste noch nicht hinter sich; wer konnte es wissen? Wer konnte es wissen?
    Natsuko und Eleschen wohnten am Platz der Kathedrale, einen Steinwurf von dem Labor entfernt. Sie hatten eine Etage in einer altersschwachen Villa gemietet, deren müde Anmut sie von den Nachkriegs-Wohnblöcken unterschied, von denen sie umgeben war. Die Zimmer waren spottbillig, hoch, voller Zierrat und eiskalt: Heizung gab es keine, und die Vermieter hatten die Kamine mit Brettern vernageln lassen. Einen Monat zuvor hatte Eleschen die Bretter abgehebelt und sie als Brennholz verwendet, aber die Kamine hatten den Rauch wieder ausgespuckt, und die Mädchen hatten ausgiebig mit dem Witwer über ihnen flirten müssen, um ihn davon abzuhalten, die Feuerwehr zu rufen und sich bei den Eigentümern zu beschweren. Die Zimmer rochen immer noch nach verbranntem Olivenholz, der Geruch überdeckte beinahe die Düfte von Parfüm, Kerzen und Hund.
    Sylvia hatte sich mit ihm angefreundet. Zuerst war sie auf ihren Krallen über den Holzboden zu den Mädchen geschlittert und hatte um ihre Zuneigung gebettelt, doch später, nachdem Natsuko mit ihr im Dunkeln Gassi gegangen war, hatte sie die Augen nicht von Ben gelassen, war schließlich zu ihm hinübergetrottet und hatte sich in seine Arme sinken lassen. Sie war weiß mit dunkelbraunen Tupfen, einer runden Schnauze und langen, weichen Ohren, eine Art Beagle, Abkömmling alter Jagdhundrassen aus Lakonien.
    »Wo habt ihr die denn her?«, fragte er und streichelte ihr die seidigen Ohren, und Max lachte mit rostiger Stimme – es klang wie das Husten eines großen Katers.
    »Aus Korinth«, sagte Eleschen. »Ich hab sie dort gekauft.« Aber Natsuko beugte sich mit Obsidian-Augen zu ihm herüber.
    »Sie hat sie gestohlen .«
    »Hab ich nicht!«
    »Sie hat Max gesagt, er soll anhalten. Angeblich war ihr übel vom Autofahren. Sie ist in ein Restaurant gegangen, um sich ein Glas Wasser geben zu lassen. Dann ist sie mit Sillia herausgekommen. Jason hat gefragt: Was ist das? Eleschen hat gesagt: Das ist Sillia. Eberhard hat gesagt: Hund stand aber nicht auf der Speisekarte . Eleschen hat gesagt: Jetzt geht’s mir wieder besser. Fahren wir heim .
    »Sie heißt Sylvia « , sagte Eleschen bissig, gereizt und hochnäsig. »Lern endlich mal anständig reden.« Aber Natsuko kicherte nur, und Jason brüllte vor Lachen.
    »Warum hättest du das tun sollen?«, fragte er Eleschen, und dann in die Runde: »Warum hätte sie das tun sollen?« Aber Eleschen war trotzdem sichtlich verstimmt, stand auf, um Gläser zu holen, und blieb länger als nötig in der Kochnische. Niemand sonst antwortete ihm.
    Sie tranken Branntwein, um sich warm zu halten. Natsuko kochte Fisch mit Reis und wickelte dafür Sardinen in Weinblätter ein. Alle behielten zum Essen ihre Jacken an. Das erinnerte Ben an Kriegsfilme: Soldaten in dicken Militärmänteln, die bei Kerzenlicht in verfallenen Herrenhäusern in der Normandie zu Abend essen. Eleschen holte Bettzeug für alle, die trotzdem noch froren, und Ben ließ sich eine Decke geben, obwohl er sie nicht gebraucht hätte. Ihm war alles andere als kalt. Es reichte ihm, mit den anderen zusammen zu sein.
    Jason redete zu viel, Eberhard sagte fast gar nichts. Eleschen fragte ihn wieder nach England, und weil ihm nichts Besseres einfiel, versuchte er, sie mit Marktgeschichten zum Lachen zu bringen, machte sich also das Gewerbe seiner Familie zunutze, obwohl er es andererseits geflissentlich vermied, wirklich von seiner Familie zu erzählen. (Jason beobachtete ihn mit einem selbstzufriedenen Lächeln, sagte aber nichts von Emine.) Später spielte Eleschen ihnen auf einer griechischen Geige Volkslieder vor, hielt aber nicht lange durch, weil das Instrument sich schwer stimmen ließ und

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