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Verborgen

Verborgen

Titel: Verborgen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tobias Hill
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poppigem Rot und Schwarz geschmückt war.
    »Was ist das?«
    »Raten Sie.«
    »Heroin. Dynamit. Hühnersuppe.«
    »Falsch!«
    »Mist.«
    »Es ist ein Taschenofen. Stecken Sie ihn in die Tasche, und Sie können Ihre Hand daran wärmen. Es ist wie Zauberei. Ich schenke ihn Ihnen.«
    Er nahm das Ding entgegen. Sie fing an, es ihm zu erklären, mit geduldiger, melodiöser Stimme, und er nickte, als ob er zuhörte. Am anderen Ende des Grats spielten Chrystos und Giorgios auf den Stufen des Menelaions Backgammon. Er konnte das Klacken der Steine und das Rollen der Würfel hören. Hinter ihnen war die Luft sehr hell.
    »Gefällt er Ihnen?«
    »Sicher«, sagte er und lächelte, um sie zu beruhigen. Sie stand auf, zögerte aber.
    »Jason sagt, Sie kommen mit.«
    »Wohin?«
    »Auf die Jagd.« Sie legte den Kopf schräg. »Mit uns.«
    »Aha.«
    »Und, stimmt es?«, fragte sie, und er fühlte sich festgehalten, gebannt von ihren Augen, die, wie er jetzt sah, nicht schwarz waren, sondern dunkel ockerfarben, wie altes getrocknetes Blut.
    »Freut mich«, sagte sie, und erst da wurde ihm bewusst, dass er womöglich genickt hatte. Dann rief Missy nach ihr, nach allen, und Natsuko ging drei Schritte rückwärts wie eine Tänzerin, bevor sie sich umdrehte und auf die Hütten und Markisen zusteuerte.
    Siesta ist zu Ende, Amigos!
     
Am Samstag arbeiteten sie bis halb sechs. Die Tage wurden länger. Trotzdem mussten sie sich beeilen, um die letzten Gerätschaften noch bei Tageslicht wegzupacken. Taschenlampen tanzten über dem Gras, als sie nach einer verlorenen Wasserwaage und einer vermissten Karte suchten.
    Jason posierte für Natsuko, ein Stativ über die Schulter gehängt, ein Indiana Jones/James Dean/Beach Boy auf ihrem Fotohandy. Eberhard saß barfuß im Schneidersitz und schnürte seine Schuhe neu. Es war ein schlechter Tag für die Arbeit gewesen, in beiden neuen Gruben waren sie in einem Meter Tiefe auf eine undurchdringliche Kalksteinwabe gestoßen, aber nur Missy schien entmutigt. Die anderen waren in ruheloser, gereizter Stimmung.
    Er stand am Rand der Gruppe und blickte zu dem Transit, wo die Brüder auf ihn warteten. Eberhard schaute zu ihm auf.
    »Hast du morgen schon was vor?«
    »Warum fragst du?«
    »Ich möchte dich mitnehmen. Ich höre, du hast noch nie eine Waffe abgefeuert. Das solltest du aber vor Dienstag in einer Woche einmal tun. Wann soll ich dich abholen? Wäre sechs Uhr zu früh?«
    »Sechs geht in Ordnung. Dienstag in einer Woche?«
    »Außer es regnet. Bis dahin haben wir Vollmond.«
    »Wir gehen in der Nacht?«
    »Ja, die jagen bei Nacht«, sagte Jason. Ben drehte sich um und sah, dass er und Natsuko ihr Spiel unterbrochen hatten, um ihnen zuzuhören.
    »Also um sechs«, sagte Eberhard und zog sich einen Schuh an, während Jason sich auf den Weg zu den Autos machte und im Vorbeigehen Ben an der Schulter packte.
    »Kommst du?«
    »Warum? Ich werde schon mitgenommen.«
    »Jetzt hast du ein besseres Angebot. Wir fahren zu den Mädchen. Du kennst Sylvia noch gar nicht.«
    »Wer ist Sylvia?«
    »Wer ist Sylvia, was ist sie? Das wirst du nie erfahren, wenn du jetzt nicht mitkommst.«
    »Können wir uns nicht dort treffen? Chrystos …«
    »Vergiss ihn«, sagte Jason. Er verstärkte seinen Griff.
    Er schüttelte ihn ab und ging über den nördlichen Pfad zum Transporter hinab. Die Brüder saßen bereits darin, vom reflektierten Fernlicht schwach angeleuchtet. Chrystos lehnte sich aus dem Fenster auf der Fahrerseite, das Handy zwischen Schulter und Kopf geklemmt, und lächelte bedripst.
    »Schlechte Nachrichten. Unsere Schwester ist auf Besuch bei Freunden. Giorgios kocht. Er macht immer noch Essen wie bei den Soldaten – so, dass es für zehn reicht. Wir brauchen noch einen tüchtigen Esser. Kann’s losgehen?«
    »Fahrt ihr mal ohne mich.«
    »Wir können warten.«
    »Ich hab was anderes vor«, sagte er und hörte, wie sich Giorgios im dunklen Wageninneren räusperte. Chrystos runzelte die Stirn, während er das Handy zusammenklappte und wegsteckte.
    »Du hast was vor? Mit deinen ausländischen Freunden?«
    »Nur heute Abend.«
    »Aber du weißt doch, was ich dir gesagt habe?«
    »Ich hab’s nicht vergessen.«
    »Nein? Na, wir werden sehen«, sagte Chrystos leise und legte den Gang ein. Der große weiße Kasten schaukelte den holprigen Fahrweg hinunter und verschwand im Dunkeln.
     
    Canis aureus: Goldschakal, Gemeiner Schakal.
Ordnung Carnivora, Familie Canidae.
Regionen: paläarktisch, orientalisch,

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