Verborgene Liebesglut
sehr aufregend, und wir sind uns durch die Ereignisse fast wieder so vertraut wie früher. Doch jetzt sind wir erwachsene Männer."
Philippe hielt dem eindringlichen Blick des Lords nicht mehr stand und schaute zu Boden. Er konnte es einfach nicht fassen! Wilcox spürte also doch das gleiche wie er!
„Und deswegen müssen wir offen darüber reden, was die Umstände erfordern. Es kann so nicht weitergehen." Philippes Herzschlag setzte einen Moment aus. „Du wirst Blenfield Park verlassen müssen!"
Es war Philippe, als wäre ein Schuß gefallen, ein tödlicher Schuß, der ihn noch nicht erreicht hatte, weil seine Gedanken nicht so schnell waren wie Wilcox' Worte. Der Schrecken umgab ihn wie ein dicker Stoff, er hörte alles weitere aus einer großen Entfernung. Es war also doch ein Traum. Ein böser Traum.
„Du wirst mich später verstehen, Philippe. Es ist zu gefährlich hier. Ich möchte, daß du für eine gewisse Zeit in Trousham bleibst. Du wirst morgen mit Major Livingston aufbrechen. Nur so lange, bis sich alles ein wenig beruhigt hat in unserem Land. Verstehst du mich?"
Philippe schaute ihn reglos an. „Ja, Wilcox, ich verstehe dich." Andere Worte fand er nicht.
„Ich wußte es, Philippe. Du wirst sehen, ein Aufenthalt am Meer wird dir guttun." „Aber ...?" Philippe schaute ihn an.
„Was aber?" fragte Wilcox.
„Ich möchte nicht fort, Wilcox."
Der Lord schüttelte den Kopf und versuchte zu lächeln. „Ich betone nochmals, daß es gut für dich sein wird. Du mußt jetzt vernünftig sein."
Philippe war erschüttert. Wie konnte der Mann, den er liebte und nach dem er sich verzehrte, ihn wegschicken und dabei so ruhig und beherrscht wirken?
„Was? Woher um Himmels willen weißt du, was für mich gut ist?" stieß er hervor. „Ich bin erwachsen und kann selbst entscheiden, was gut für mich ist." Wütend drehte er sich um und stürmte über den Rasen.
„Aber Philippe! Verflucht! So warte doch auf mich." Mit wenigen Sätzen hatte ihn Wilcox eingeholt und hielt ihn am Arm fest. „So sei doch kein kleiner, trotziger Junge!"
Mit einem Ruck befreite sich Philippe von dem festen Griff.
„Ein Junge, sagst du?" Er warf Wilcox einen verächtlichen Blick zu. „Ich bin kein Junge mehr. Ich bin ein Mann. Ein Mann, der dich liebt." Schwer atmend stand er vor Wilcox. „Ich liebe dich seit dem ersten Moment, seit jener Nacht, als du am Kamin zu mir getreten bist und mich schützend in deine Arme nahmst. Aber ich weiß, daß du meine Liebe nicht willst!" Mit dem Hemdsärmel wischte er sich die Tränen aus dem Gesicht. „Ich werde dich verlassen. Weil es dein Wunsch ist!" Mit diesen Worten rannte er davon.
Wilcox stand alleine auf der weiten Rasenfläche. Die Zeit schien für einen eisernen Moment stillzustehen und sein Gesicht erstarrte zu einer eisigen Maske.
Den restlichen Tag schienen sich die drei Männer angesichts der bevorstehenden Abreise aus dem Weg zu gehen. Wilcox arbeitete bis in den Abend hinein an seinen Verwaltungsangelegenheiten, und der Major hatte sich mit einem alten, schweren Historienschinken ins Bett verzogen, um sich abzulenken, denn er ahnte, daß es zwischen den beiden Männern zu einer Aussprache gekommen war.
Es war Nacht geworden. Lediglich in einem Fenster des Schlosses war das Flackern des Kerzenscheins zu erkennen. Philippe öffnete einen der hohen Flügel und atmete die schwere, feuchte Nachtluft ein.
, Es muß eine Lösung geben', versuchte er sich Mut zu machen. Doch sein Bett war kalt und einsam.
Die Vorhänge des Schlafgemachs hatte er absichtlich nicht zugezogen, damit er von seinem Lager aus auf die Landschaft schauen konnte. Wie in den letzten Nächten, in denen er hier voller Hoffnung gelegen hatte, tauchte der Mond die Hügel in ein eisiges Silber. Kein Wind regte sich, und die Bäume standen in majestätischer Würde, ohne mit dem leisesten Wispern zu ihm zu sprechen.
Schnell blies er die Kerze aus und schloß die Augen, um seinen Schmerz in der Tiefe seiner Träume zu vergessen.
Am nächsten Morgen hatten die drei Männer in verhaltener Stimmung das Frühstück zu sich genommen. Philippe war besonders schweigsam, und er wich dem Blick des Lords aus, sobald dieser ihn traf.
Wilcox versuchte, sich nicht anmerken zu lassen, daß ihm der beginnende Tag nicht behagte. Aber auch er fühlte sich bedrückt, als er Philippe und den Major endlich zu ihrer Kalesche begleitete, die zur Abfahrt im Innenhof bereitstand.
„Es gibt Leute, die behaupten, der Sommer
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