Verborgene Lust
ich ihr die ganze Geschichte erzählt. Ihre Reaktion hat mich sehr beeindruckt. Es war der einfachste Raub, den ich je begangen habe.«
»Warum? Was ist passiert?«
»Nachdem ich ihr alle Beweise gezeigt habe, hat sie eingewilligt, mir das Bild zu geben. Einfach so! Ich glaube, sie ist so stinkreich, dass sie es sich leisten kann, Prinzipien zu haben.«
»Das ist etwas harsch.« Valentina fällt etwas anderes ein, das Anita gesagt hat, als sie über ihre Großmutter und den erotischen Film gesprochen haben. »Indem wir die Geheimnisse unserer Vorfahren ergründen, erfahren wir, wer wir selbst sind.«
»Vielleicht wollte sie das Handeln ihres Großvaters wiedergutmachen. Genau wie du.«
Thomas zuckt mit den Schultern. »Du hast recht. Nachdem mein Großvater die kostbaren Schätze dieser armen Juden für einen Hungerlohn an die Nazis verscherbelt hat, habe ich wohl kaum das Recht, über jemanden zu urteilen.«
»Aber ihm blieb wenig anderes übrig. Und denk daran, Thomas, dass er den Rest seines Lebens versucht hat, die Bilder wiederzubeschaffen und ihren rechtmäßigen Besitzern zurückzugeben.«
Jede Familie hat ihre dunklen Geheimnisse. Valentina ist immer noch fassungslos, dass ihre Großmutter in diesen erotischen Filmen aufgetaucht ist, doch alles deutet darauf hin, dass sie es ist. Und dann ist da noch die riesige Lüge über ihren Vater.
»Nun, Valentina«, sagt Thomas und legt vorsichtig die Aktentasche zurück auf den Boden, »meine Karriere als Kunstdieb geht hiermit zu Ende. Meinst du, du findest mich noch attraktiv, wenn ich wieder einfach nur ein verstaubter alter Professor bin?«
»Natürlich«, sagt sie und küsst ihn. »Ich kann es kaum erwarten!«
Auf einmal fällt ihr etwas ein. Sie weicht zurück, und ihr Magen krampft sich angstvoll zusammen. »Thomas, ich habe vergessen, dir etwas zu erzählen. Von Glen.«
Thomas zieht sie an sich. Sie legt ihre Hände auf seine nackte Brust und schiebt die Finger in seine weichen Haare.
»Was ist los, Liebes?«
»Er ist mir gefolgt …« Sie zögert und beschließt, Thomas nicht zu erzählen, dass sie Glen zum ersten Mal vor dem Haus von Philip Rembrandt begegnet ist. Sie will Thomas noch nicht alles von ihrem Vater berichten. Sie will ein bisschen Zeit mit ihm haben, bevor sie ihn mit ihrer chaotischen Familiengeschichte konfrontiert. »Er hat gesagt, wenn du ihm nicht das Geld für das Bild von Mrs. Kinder zurückgibst oder ihm die Zeichnung von Masson überlässt, würde er mich nehmen.«
»Was fällt ihm ein!«, knurrt Thomas angewidert. »Das hat er mir in der Galerie erzählt, und ich habe ihm gesagt, er soll abhauen. Er behauptet, er hätte bereits eine Vereinbarung mit Guilio Borghettis Sohn abgeschlossen, bevor ich aufgetaucht sei. Ich habe ihm gesagt, wenn er uns in Ruhe ließe, wäre es das letzte Bild, das ich nehme. Ab jetzt kann er jedes einzelne Stück aus der Nazibeute haben. Ich dachte, dass er damit zufrieden wäre.«
»Nun, das glaube ich nicht«, antwortet Valentina.
»Das reicht!«, sagt Thomas wütend. »Die Folgen sind mir egal. Wenn er noch einmal auftaucht, bringen wir ihn zur Polizei.« Thomas sieht todernst aus, und Valentina zweifelt nicht daran, dass er es tun wird.
»Aber bekommst du dann keine Schwierigkeiten?«
»Nein, nicht nachdem ich jetzt mit allem fertig bin. Schließlich ist keines der Gemälde, die ich genommen habe, offiziell als gestohlen gemeldet.« Er zieht sie noch dichter an sich heran, sodass ihr Kinn an seiner Brust lehnt und sie seinen köstlichen Geruch einatmet. »Und außerdem lasse ich dich nicht mehr aus den Augen, bis ich Guilio Borghettis Sohn in Sorrento das Bild wiedergegeben habe.«
Bei seinen Worten hält sie den Atem an. Er will sie nicht mehr aus den Augen lassen. Ihre Wiedervereinigung ist also nicht nur vorübergehend. Sie kuschelt sich an ihn, küsst seine Haut und fühlt sich sicherer als je zuvor in ihrem ganzen Leben.
»Thomas?«, flüstert sie an seiner Brust. »Seit wann wusstest du, dass du mich zurückwillst?«
»Ich habe nie aufgehört, dich zu wollen, Valentina. Aber es ist mir erst klar geworden, als ich dich in der Lexington wiedergesehen habe.« Er holt Luft. »Gott, ich konnte mich gerade noch beherrschen, dich nicht in die Arme zu nehmen, aber Anita war da, und ich befand mich in einem heiklen Stadium mit ihr wegen meiner Verhandlung über den Masson.«
Valentina dreht sich um und sieht zu ihm hoch. »Warum hast du mir in der Tate nicht gesagt, was mit Anita los
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