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Verborgene Lust

Verborgene Lust

Titel: Verborgene Lust Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Evie Blake
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und möchte unbedingt mehr über ihren geheimnisvollen Ritter in glänzender Rüstung erfahren, ohne ihr jedoch zu verraten, wieso.
    »Bist du ihm noch nie begegnet?« Jacqueline sieht sie an, dann wendet sie ihre Aufmerksamkeit wieder dem Schrubben der Kartoffeln zu.
    »Nein. Er ist Franzose, oder?«
    »Ich glaube, er kommt aus Paris, aber während der Besatzung hat er in Lyon gelebt. Ich spreche allerdings kaum mit ihm.« Jacqueline zögert und kaut auf ihrer Lippe. »Auch wenn er da wäre, würde ich ihn nur ungern bitten, mir etwas zu leihen.«
    »Aber ihr seid beide Franzosen. Ihr habt doch sicher einiges gemeinsam?«
    »Nein, Liebes. Ich glaube, unser französisches Erbe hat uns beiden beträchtliches Leid beschert. Es ist nichts, das wir miteinander teilen möchten.«
    Sie beginnt, die Kartoffeln klein zu schneiden und neben sich in den Topf zu werfen.
    »Obwohl ich zu behaupten wage, dass seine Kriegserlebnisse sich deutlich von meinen unterscheiden. Aber ich will es wirklich nicht wissen. Ich will nicht an die Vergangenheit erinnert werden.« Sie knallt energisch den Deckel auf den Topf, und Maria befürchtet, Jacqueline verärgert zu haben. Aber im nächsten Augenblick lächelt die Mentorin und zwinkert ihr gut gelaunt zu.
    »Ich finde, ein hübsches junges Mädchen wie du sollte seine Gedanken nicht an jemand wie ihn verschwenden. Jetzt lauf, und hol den Öffner von deinem Bewunderer.«
    Maria geht ungern zu Guido. Sie findet ihren Landsmann seltsam. Mehrmals die Woche kommt er unaufgefordert zum Abendessen. Jedes Mal bringt er Jacqueline Geschenke mit, wie etwa ein wertvolles Glas Erdbeermarmelade oder einen frisch gebackenen Laib Brot. Das ganze Essen über starrt er Maria mit großen Augen an und sagt kaum ein Wort. Es ist ihr peinlich, vor allem nachdem Jacqueline es bemerkt hat und sie damit aufzieht. Wenn Guido zurück in sein Zimmer geht, sagt Jacqueline Maria, dass sie Guidos Göttin sei, und drängt sie, den armen Kerl von seinem Leid zu erlösen, indem sie mit ihm zum Tanzen geht. Aber Maria bleibt hart und gibt vor, zu sehr mit ihrem Unterricht beschäftigt zu sein. Sie brauche ihre Erholung. Seit dem letzten Mal mit Joan ist sie nicht mehr ausgegangen. Dann nickt Jacqueline zustimmend, klopft ihr auf die Schulter und lobt sie: »Deine Mutter wäre stolz auf dich.«
    Als Maria an ihre Mutter und Pina denkt, fühlt sie sich ganz elend vor Sehnsucht. Sie bemüht sich, möglichst nicht an sie und Venedig zu denken. Wie sehr sie das Wasser vermisst. Maria ist an der Themse entlanggelaufen, von der durch Bomben beschädigten Westminster Abbey bis zu den Stufen der majestätischen St. Paul’s Cathedral. Aber das ist nicht dasselbe, wie an Venedigs jadegrünen Kanälen spazieren zu gehen. Sie starrt in die braune Brühe der Themse, denn die betrachtet sie immer noch lieber als die klaffenden Lücken der Stadt. Doch London ist eifrig mit dem Wiederaufbau beschäftigt, vor allem, da die Olympischen Spiele dieses Jahr hier stattfinden. Am liebsten geht Maria im Battersea Park spazieren, vor allem jetzt, da dort unter freiem Himmel Skulpturen ausgestellt sind. Er liegt nicht weit von Jacquelines Haus entfernt. Maria läuft gern um den kleinen Weiher herum und beobachtet die Enten, die im Wasser planschen. Oder sie betrachtet eine der beeindruckenden Skulpturen. Marias Behauptung, sie sei zu sehr mit ihrem Tanzstudium beschäftigt um auszugehen, ist tatsächlich nicht gelogen. Lempert prüft sie auf Herz und Nieren. Selbst Joans soziales Leben scheint sich seither etwas ruhiger zu gestalten. An dem Tag, nachdem sie von Douglas überfallen wurde, hatte Maria schreckliche Angst, dass Joan nicht zum Unterricht erscheinen würde. Steckten Douglas und Ralph unter einer Decke? Würde sie aus der Zeitung von der Vergewaltigung und dem Mord an ihrer Freundin erfahren? Als sie Joan mit schwarzen Rändern unter den Augen und mit einer Alkoholfahne in der Klasse antraf, war sie so erleichtert, dass sie ganz weiche Knie bekam. An j enem Morgen nahm Lempert sie besonders hart ran. Als wüsste er, dass sie lange aus gewesen waren, und sie bestrafen wollte.
    Er besetzte bereits die Rollen für das Endsemesterballett Pandora , eine der revolutionären Choreografien von Kurt Jooss, und obwohl Maria das Gefühl hatte, nicht gut genug für einen öffentlichen Auftritt zu sein, lud Lempert sie zum Vortanzen ein.
    Immer wieder ließ er die Studenten über den Boden des Studios springen. Viel länger als üblich. Normalerweise

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