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Verborgene Lust

Verborgene Lust

Titel: Verborgene Lust Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Evie Blake
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schien verwirrt.
    »Willst du mir erzählen, dass es Liebe auf den ersten Blick war?«
    Mit leuchtenden Augen nickte Maria.
    »Er muss etwas Besonderes sein, wenn du den widerlichen Douglas über ihn ganz vergessen hast. Mein Gott, wenn ich den je wiedersehe!«
    »Bitte, Joan, lass uns nie mehr davon sprechen. Ich habe niemandem davon erzählt. Versprich es mir.«
    »Abgemacht. Aber nur, wenn du mir alles über Felix erzählst.« Joan stupste sie an.
    »Nun, das ist alles. Ich weiß nicht, wann ich ihn wiedersehen werde«, bemerkte Maria.
    »Ihr lebt im selben Haus. Es ist nur eine Frage der Zeit.«
    Doch das war vor über einem Monat gewesen, und jeden Tag, wenn Joan fragte, ob Maria Felix getroffen habe, musste sie verneinen. Inzwischen hat ihre Freundin das Interesse verloren und ist ganz und gar mit der Arbeit an Pandora beschäftigt, denn Lempert hat sie für die Titelrolle ausgewählt. Maria fühlt sich geehrt, überhaupt in eine der Tanzgruppen gekommen zu sein.
    Jeden Tag nach der Schule hat Joan Zusatzproben, um einen besonders schwierigen Tanz mit Louis zu üben, der die Rolle des Draufgängers übernommen hat. So muss Maria jeden Tag allein die Kennington Road hinuntergehen und ist ihren Gedanken überlassen. Ihr Kopf ist voll mit Bildern von Felix. Sie versucht, nicht an ihn zu denken, aber sie malt sich unwillkürlich ganze Fantasien aus. In ihrem Traum reisen Felix und sie zusammen nach Paris. Sie sitzen neben Sartre und Simone de Beauvoir, Juliette Gréco und Anne-Marie Cazalis in einem dieser Künstlercafés, trinken Wein und führen intellektuelle Gespräche. Sie trägt enge schwarze Kleidung und sieht unglaublich schick und modern aus. In einem anderen Traum ist sie Tänzerin im Moulin Rouge. Felix sitzt in der ersten Reihe und blickt bewundernd zu ihr hoch. Wieder ein anderes Mal stellt sie sich vor, dass sie zusammen auf einem Boot die Seine hinunterfahren und sich unter den Pfeilern von Notre-Dame küssen oder wie sie an einem Leierkastenmann auf dem Montmartre vorbeischlendern, im Hintergrund Sacré-C œ ur. Im Laufe der Wochen wachsen ihre Fantasien. Sie denkt sich einen Familienhintergrund für Felix aus. Sie beschließt, dass er genau wie sie ein Einzelkind ist. Er ist in einer großen Wohnung mitten in Paris aufgewachsen. Seine Familie war sehr reich, hat sich aber gegen die Nazis gestellt und ist während der Besatzung aus Paris geflohen. Maria stellt sich Felix als einen mutigen Widerstandskämpfer vor, der gegen die Nazis sabotiert und sein Leben für Frankreich riskiert hat. Da er so viel älter als sie ist, beschließt sie, dass Felix schon einmal geliebt haben muss. Doch seine Liebe ist von den bösen Besatzern brutal ermordet worden, woraufhin Felix sich der Resistance anschloss, um sich zu rächen. Er ist ein guter Mensch, aber was er in Frankreich während des Kriegs erlebt hat, quält ihn. Deshalb wirkt er jetzt mürrisch auf andere Leute. Er braucht eine Frau, ein junges frisches Mädchen, das seine Wunden heilt, denn deshalb verkriecht er sich in seiner Londoner Wohnung. Er wartet auf ein Mädchen wie sie. Deshalb verlässt er seine Wohnung nur nachts. Deshalb macht er diese seltsamen surrealen Filme – um den Schrecken zu verarbeiten. Aber jetzt sind Maria und er sich begegnet. Und genau wie er sie vor der Vergewaltigung gerettet hat, wird sie ihn aus seiner dunklen Einsamkeit retten. Maria steigert sich so sehr in ihre Fantasien hinein, dass sie Felix nach ein paar Wochen fast nicht wiedersehen möchte. Was, wenn er ganz anders als der Mann in ihren Träumen ist? Aber was, wenn er genau so ist? Kann sie in der realen Welt ihre Traumliebe leben?
    Maria versteht Joan und ihre lockere Einstellung zu Sex nicht. Sie verurteilt sie allerdings auch nicht. Sie hat ihre Freundin wirklich gern und mag ihre offene warme Art, die so ganz anders ist. Die anderen Mädchen in der Schule sind kühl und konkurrieren mit ihr. Maria wünschte allerdings, dass Joan etwas mehr Selbstachtung besäße. Sie hat in Illustrierten gelesen, dass kein Mann eine Frau heiraten wolle, die zu freigebig sei. Und wünscht sich Joan das am Ende nicht auch? Eine Ehefrau zu sein, Kinder zu haben, eine Familie zu gründen? Will das nicht jedes Mädchen?
    Maria ist unter Frauen aufgewachsen. Alle Männer, einschließlich ihres Vaters, waren Produkte ihrer Fantasie. Trotz ihrer liberalen Erziehung durch zwei sich liebende Frauen wünscht sich Maria insgeheim, für einen Mann die Prinzessin zu sein. Sie wünscht sich

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