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Verborgene Macht

Verborgene Macht

Titel: Verborgene Macht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriella Poole
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er ausstieg und die Tür öffnete, sie wollte die behagliche, nach Leder duftende Wärme des Wagens nicht verlassen, aber sie hatte keine andere Wahl. Durch das wilde Schneetreiben, vorbei an skelettartigen Bäumen, lief sie auf eine
    ma jestätische Marmorfassade zu. Sie wurde von Säulen getragen, war überwölbt und von Flutlicht beschienen: die Öffentliche Bibliothek von New York. Von Minute zu Minute wurde es seltsamer. Nervös folgte sie Marat zwischen zwei gewaltigen Marmorlöwen hindurch und hörte ihn zum ersten Mal sprechen.
    »Geduld und Standfestigkeit«, murmelte er und stieß ein bellendes Lachen aus, das ihr ganz und gar nicht gefiel.
    War es das, was sie seiner Meinung nach brauchte? Nein, befand sie: Er sprach über die Löwen. Sie warf einen nervösen Blick zurück auf die Statuen. Sie wirkten solide und trotz ihrer Größe beinahe freundlich. Wie dem auch sei, sie hätte es lieber mit zwei Riesenkatzen aufgenommen, als mit dem, was in dem Gebäude auf sie wartete.
    Wünscht mir Glück, bat sie sie im Geiste, und dann folgte sie Marat durch die Drehtüren und betrat eine prächtige Eingangshalle.
    Das Innere des Gebäudes war spektakulär. Seine Eleganz erinnerte sie mehr als irgendein anderer Ort in New York an die Dark Academy in Paris - die geschwungenen Treppen, die weißen Marmorsäulen, die hohen Bogenfenster, die bemalte Decke. Es hätte ihr den Atem verschlagen, wenn sie Atem übrig gehabt hätte. Aber wie die Dinge lagen, fühlte sie sich klein und verletzlich. Sie wusste, dass Marat ihr Unbehagen angesichts dieser mysteriösen Tour genoss. Die hohen Marmordecken und die großartigen Gemälde von Göttern und mystischen Kreaturen schüchterten Cassie mehr und mehr ein. Es wurde auch nicht dadurch besser, dass sie sich an ihr Bahnhofsdate mit Ranjit erinnert fühlte. Verdammt, wo war er …?
    Es reicht!, sagte sie sich. Mach dir keine Sorgen um Ranjit! Er wird noch kommen. Sie wusste, dass er kommen würde: Er hatte es versprochen.
    Es waren jede Menge Leute unterwegs, aber niemand sprach sie an, während Marat sie durch verschiedene Flure und an mehreren Reihen von Lesepulten vorbeiführte. Niemand suchte ihren Blick, nicht einmal die Sicherheitsposten. Einem von ihnen nickte Marat verschwörerisch zu und führte sie dann immer tiefer und tiefer in die Bibliothek. Die Menschen wurden weniger. Obwohl Lichter brannten, wurde es in Ecken und Fluren immer dunkler. Die Gänge schienen endlos wie in einem Kaninchenbau. Sie fragte sich, ob sie je wieder den Weg hinaus finden würde. Cassie schauderte.
    Endlich blieb Marat vor einer großen Eichentür stehen. Ohne zu zögern, drückte er sie auf und führte Cassie in einen großen, dunklen Raum. Mit einem dumpfen Aufprall fiel die schwere Tür hinter ihr ins Schloss. Der Raum war so prachtvoll wie der Rest der Bibliothek: mit dunklem Holz vertäfelt und von Wandlampen erleuchtet. Doch sie bekam keine Gelegenheit, den kunstvollen Marmorkamin oder die riesigen Wandteppiche links und rechts davon zu bewundern. Sie stand vor einem langen, schön geschnitzten Tisch, um den herum zwanzig oder mehr Personen schweigend auf vergoldeten Stühlen saßen. Kerzen in silbernen Ständern warfen Licht auf ihre umschatteten Gesichter, sodass Cassie nur bruchstückhaft einzelne Details ausmachen konnte: ein Ohr, ein ausgeprägter Wangenknochen, eine Adlernase. Was sie jedoch sehen konnte, war das Glitzern ihrer Augen - und jedes einzelne davon war auf sie gerichtet.
    Als ihre eigenen Augen sich an die fahle Beleuchtung gewöhnt hatten, stockte ihr der Atem. Ganz gleich, wie sehr sie im Schatten lagen, einige dieser Gesichter kannte sie. Zwei auffallend schöne Frauen und einen Mann konnte sie sofort als Filmschauspieler identifizieren. Es waren auch Gesichter dabei, die ihr vollkommen unbekannt waren, aber diesen hochkarätigen Unternehmer und diesen Modedesigner erkannte sie definitiv. Sie kannte sogar die Senatorin, die als Kandidatin zur letzten Präsidentenwahl angetreten war. Und der britische Kabinettsminister — war er nicht in einer Handelsmission gerade in New York? Das hatte jedenfalls in der Zeitung gestanden...
    Sie musterten Cassie wortlos. Warteten sie darauf, dass sie zu sprechen begann? Na schön, sie hatte in ihrem Leben einige Situationen erlebt, in denen es darauf angekommen war, die Nerven nicht als Erster zu verlieren. Aber das hier war ziemlich beunruhigend. Ein freier Stuhl war allen anderen zugewandt; ohne auf eine Einladung zu warten, nahm

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