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Verborgene Muster

Titel: Verborgene Muster Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Rankin
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Fragen
stellen.«
»Äh?« Sie trat ein Stückchen zurück, um ihn genau zu beäugen, und Rebus hatte schwören können,
dass er einen Hauch von einstiger Intelligenz in dem dumpfen Schwarz ihrer Pupillen aufflackern
sah.
»Was für Morde?«, sagte sie.
Mal wieder einer dieser Tage. Zu allem Überfluss fing es schon wieder an zu regnen. Dicke Tropfen
klatschten ihm gegen Hals und Gesicht, Wasser lief in seine Schuhe. Genau wie an jenem Tag am
Grab des alten Herrn... Erst gestern? In vierundzwanzig Stunden konnte viel passieren, und das
alles ihm. Gegen sieben Uhr konnte Rebus sechs von den vierzehn Personen auf seiner Liste
abhaken. Er ging zu dem Schuhkarton zurück. Seine Füße waren wund, sein Magen voller Tee, und er
sehnte sich nach etwas Stärkerem.
Auf dem schlammigen Gelände stand Jack Morton und starrte auf den lehmigen Boden, der mit Ziegeln
und Geröll übersät war - ein himmlischer Spielplatz für ein Kind.
»Was für ein höllischer Platz zum Sterben.«
»Sie ist hier nicht gestorben, Jack. Das hat man doch bei der Obduktion festgestellt.«
»Du weißt schon, was ich meine.«
Ja, Rebus wusste, was er meinte.
»Übrigens«, sagte Morton, »du warst der Letzte.«
»Darauf trinken wir einen«, sagte Rebus.
Sie tranken in einer der heruntergekommenen Kneipen Edinburghs. Kneipen, wie sie Touristen nie zu
sehen kriegen. Eigentlich wollten sie nicht über den Fall nachdenken, aber es gelang ihnen nicht.
So war das bei Ermittlungen in einem Mordfall; die packten einen mit Haut und Haaren, fraßen
einen auf und brachten einen dazu, immer härter zu arbeiten. Jeder Mord löste einen Ausstoß
reinsten Adrenalins aus. Das trieb sie bis an den Punkt, von dem es kein Zurück gab.
»Ich sollte jetzt wohl lieber nach Hause gehen«, sagte Rebus.
»Nein, trink noch eins.«
Mit dem leeren Glas in der Hand ging Jack Morton in Schlangenlinien zur Bar.
Rebus dachte mit benebeltem Hirn erneut über seinen geheimnisvollen Briefschreiber nach. Er hatte
Rhona im Verdacht, obwohl das eigentlich nicht ihr Stil war. Seine Tochter Sammy könnte ebenfalls
dahinter stecken, vielleicht als verspätete Rache dafür, dass ihr Vater sie aus seinem Leben
verbannt hatte. Familienangehörige und Bekannte waren, zumindest zu Anfang, immer die
Hauptverdächtigen. Aber es könnte irgendwer sein, jeder, der wusste, wo er wohnte und wo er
arbeitete. Einer von seinen Kollegen war auch eine Möglichkeit, mit der man stets rechnen
musste.
Die Zehntausend-Dollar-Frage lautete - wie immer -, warum.
»Bitte sehr, zwei wunderschöne Pints, gratis aufs Haus.«
»Das nenne ich sehr sozial«, sagte Rebus.
»Oder sehr clever, was, John?« Morton kicherte über seinen eigenen Scherz und wischte sich den
Schaum von der Oberlippe. Dann bemerkte er, dass Rebus nicht lachte. »Woran denkst du?«, sagte
er.
»Ein Serienmörder«, sagte Rebus. »Es muss so sein. Ich denke, wir werden noch weitere Beispiele
für das Talent unseres Freundes zu sehen kriegen.«
Morton setzte sein Glas ab. Plötzlich war er nicht mehr sonderlich durstig.
»Diese Mädchen sind auf unterschiedliche Schulen gegangen«, fuhr Rebus fort, »haben in
unterschiedlichen Stadtteilen gewohnt, hatten einen unterschiedlichen Geschmack, unterschiedliche
Freunde, gehörten unterschiedlichen Religionen an und wurden von demselben Mörder auf dieselbe
Weise und ohne erkennbaren sexuellen Missbrauch umgebracht. Wir haben es mit einem Wahnsinnigen
zu tun. Er könnte überall sein.«
An der Bar brach ein Streit aus, offenbar wegen einer Partie Domino, bei der irgendwas nicht mit
rechten Dingen zugegangen war. Ein Glas fiel auf den Boden, und in der Kneipe wurde es ganz
still. Dann schien sich alles wieder ein bisschen zu beruhigen. Ein Mann wurde von Freunden, die
bei dem Streit auf seiner Seite gewesen waren, nach draußen geführt. Ein anderer blieb
zusammengesunken an der Theke stehen und redete leise auf eine Frau ein, die neben ihm
stand.
Morton trank einen großen Schluck Bier.
»Wie gut, dass wir nicht im Dienst sind«, sagte er. Dann: »Hast du Lust auf ein Curry?«

Morton aß den letzten Bissen von seinem Hühnchen Vinda-loo und warf die Gabel auf den
Teller.
»Ich glaube, ich muss mal ein Wörtchen mit dem Gesundheitsamt reden«, sagte er mit vollem Mund.
»Oder mit dem Gewerbeaufsichtsamt. Was immer das war, Hühnchen war's jedenfalls nicht.«
Sie waren in einem kleinen indischen Restaurant in der Nähe des Bahnhofs Haymarket. Violette
Beleuchtung, rote

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