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Verborgene Muster

Titel: Verborgene Muster Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Rankin
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nein, heutzutage prahlten Mörder ihren Freunden gegenüber
mit ihren Verbrechen, dann spielten sie in ihrem Stammpub Pool, rieben ihre Queues gelassen und
selbstsicher mit Kreide ein und wussten genau, welcher Ball in welcher Reihenfolge eingelocht
würde...
Und das, während ganz in der Nähe ein Polizeiwagen untätig herumstand,
dessen Insassen nichts weiter tun können, als den Wust von Regeln und Bestimmungen zu verfluchen
und die tiefen Abgründe des Verbrechens zu verwünschen. Es war allgegenwärtig, das Verbrechen. Es
war die Lebenskraft und das Blut, es war das, was das Leben überhaupt in Gang hielt - betrügen,
sich durchlavieren, die Obrigkeit an der Nase herumführen, töten. Je höher man im Verbrechen
aufstieg, umso mehr bewegte man sich auf subtile Weise wieder in Richtung Legalität, bis nur noch
eine Hand voll Anwälte einem auf die Schliche kommen konnte, und die konnte man sich allemal
leisten, die waren immer bereit, sich bestechen zu lassen. Dostojewski hatte das alles gewusst.
Cleverer Kerl. Er hatte gespürt, wie alles außer Kontrolle geriet.
Aber der arme alte Dostojewski war tot und im Gegensatz zu John Rebus nicht an diesem Wochenende
zu einer Party eingeladen. Häufig lehnte er solche Einladungen ab, weil das bedeutete, dass er
seine geschnürten Halbschuhe putzen, ein Hemd bügeln, seinen besten Anzug ausbürsten, ein Bad
nehmen und sich etwas Kölnischwasser anspritzen musste. Außerdem musste er sich umgänglich
zeigen, trinken und fröhlich sein, sich mit Fremden unterhalten, mit denen zu reden er keine Lust
hatte und wofür er auch nicht bezahlt wurde. Mit anderen Worten, es ging ihm auf die Nerven, die
Rolle eines normalen menschlichen Wesens spielen zu müssen. Aber er hatte die Einladung
angenommen, die ihm Cathy Jackson in der Kantine von Waverley Road gegeben hatte. Natürlich hatte
er das.
Und bei dem Gedanken daran pfiff er vor sich hin, während er sich in der Küche ein Frühstück
machte, das er dann mit ins Schlafzimmer nahm. Das war für ihn ein Ritual nach dem Nachtdienst.
Er zog sich aus, legte sich ins Bett, stellte den Teller mit den Brötchen auf seine Brust und
hielt sich ein Buch vor die Nase. Es war kein sehr gutes Buch. Es ging um Kidnapping. Das
Bettgestell hatte Rhona mitgenommen, aber sie hatte ihm die Matratze dagelassen, und so konnte er
mühelos nach dem Kaffeebecher greifen, mühelos ein Buch weglegen und sich ein anderes
nehmen.
Schon bald schlief er ein. Die Lampe brannte noch, während allmählich die ersten Autos an seinem
Fenster vorbeifuhren.
Zur Abwechslung erfüllte der Wecker seinen Zweck und ließ ihn so mühelos von der Matratze
hochschnellen, wie ein Magnet Eisenspäne anzieht. Er hatte das Federbett von sich getreten und
war schweißgebadet. Er hatte das Gefühl zu ersticken, und plötzlich fiel ihm ein, dass die
Heizung immer noch wie ein Dampfkessel brodelte. Auf dem Weg ins Bad, um den Thermostat
auszuschalten, bückte er sich an der Wohnungstür und hob die Post auf. Einer der Briefe war
unfrankiert und nicht abgestempelt. Auf dem Umschlag stand nur sein Name mit Schreibmaschine
getippt.
Rebus spürte, wie ihm der Brei aus Brötchen und Butter plötzlich schwer im Magen lag. Er riss den
Umschlag auf und zog einen einzelnen Zettel heraus.

FÜR DIE, DIE ZWISCHEN DEN ZEILEN LESEN KÖNNEN.

Jetzt wusste der Verrückte also auch, wo er wohnte. Er warf einen Blick in den Umschlag und war
darauf gefasst, wieder ein Stück Schnur mit einem Knoten zu finden. Stattdessen fand er zwei
Streichhölzer, die mit einem Faden zu einem Kreuz zusammengebunden waren.
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Teil 2
»Für die, die zwischen den Zeilen lesen
können«
VII
    Organisiertes Chaos, das war, auf den Punkt gebracht, die Zeitungsredaktion. Organisiertes
Chaos in größtem Ausmaß. Stevens wühlte in seinem Ablagekorb, als ob er die berühmte Stecknadel
im Heuhaufen suchte. Hatte er es vielleicht irgendwo anders hingelegt? Er zog eine der großen
schweren Schubladen an seinem Schreibtisch auf und warf sie rasch wieder zu, aus Angst, etwas von
dem Chaos darin könnte entweichen. Dann fasste er sich ein Herz, holte tief Luft und öffnete sie
erneut. Vorsichtig versenkte er eine Hand in den Papierwust in der Schublade, als ob ihn dort
etwas beißen könnte. Eine große Büroklammer, die von einem Aktenbündel absprang, biss ihn
tatsächlich. Sie stach ihn in den Daumen, und er knallte die Schublade zu. Seine Zigarette wippte
heftig zwischen seinen

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