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Verborgene Muster

Titel: Verborgene Muster Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Rankin
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Dinge hier so geregelt.
Dann begann ich, den ganzen Tag zu weinen, manchmal unkontrollierbar, weil ich mich für alles
schuldig fühlte und mein Gewissen furchtbare Qualen litt. Ich bot an, aus dem Dienst
auszuscheiden. Ich forderte meine Entlassung. Man ließ mich widerwillig gehen. Schließlich war
ich ja ein Versuchskaninchen gewesen. Ich fuhr in ein kleines Fischerdorf in Fife und wanderte an
dem steinigen Strand entlang. Ich versuchte mich von meinem Nervenzusammenbruch zu erholen und
die ganze Sache zu verdrängen, die schmerzlichste Erfahrung meines Lebens in Schubladen und
Winkel meines Gehirns zu verpacken, alles zu verschließen und zu vergessen. Und so vergaß
ich.
Sie behandelten mich gut. Sie zahlten mir eine Abfindung, und als ich mich entschloss, in den
Polizeidienst zu gehen, zogen sie allerhand Fäden hinter den Kulissen. Wirklich, ich kann mich
über ihr Verhalten nicht beklagen. Aber sie erlaubten mir nicht, etwas über das Schicksal meines
Freundes herauszufinden, und ich durfte nie wieder mit ihnen in Kontakt treten. Ich war tot, ich
war komplett aus ihren Akten gelöscht. Ich war eine gescheiterte Existenz.
Und ich bin immer noch eine gescheiterte Existenz. Eine kaputte Ehe. Meine Tochter gekidnappt.
Aber jetzt ergibt alles einen Sinn. Zumindest weiß ich, dass Gordon am Leben ist, wenn auch mehr
schlecht als recht, und dass er mein kleines Mädchen hat und sie umbringen wird.
Und mich umbringen wird, wenn er kann.
Und dass ich ihn werde töten müssen, um sie zurückzubekommen.
Und ich würde es auf der Stelle tun. Gott steh mir bei, ich würde es auf der Stelle
tun.
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Teil 5
Knoen & Kreuze
XXIII
    Als John Rebus aus einem, wie es ihm schien, sehr tiefen und von Träumen geplagten Schlaf
erwachte, stellte er fest, dass er nicht im Bett lag. Er sah Michael, der mit einem unsicheren
Lächeln über ihm stand, und Gill, die den Tränen nahe auf und ab ging.
»Was ist passiert?«, sagte Rebus.
»Nichts«, sagte Michael.
Da erinnerte sich Rebus, dass Michael ihn hypnotisiert hatte.
»Nichts?«, rief Gill. »Das nennen Sie nichts?«
»John«, sagte Michael, »mir war nicht klar, dass du das mit mir und dem alten Herrn so empfunden
hast. Es tut mir leid, wenn wir dir weh getan haben.« Michael legte eine Hand auf die Schulter
seines Bruders, des Bruders, den er nie gekannt hatte.
Gordon, Gordon Reeve. Was ist mit dir geschehen? Schmutzig und zerlumpt wirbelst du um mich herum
wie Staub auf einer windigen Straße. Wie ein Bruder. Du hast meine Tochter. Wo bist du?
»O Gott.« Rebus ließ den Kopf sinken und kniff die Augen zusammen. Gill strich ihm mit einer Hand
übers Haar.
Draußen wurde es hell. Die Vögel hatten ihr unermüdliches Gezwitscher wieder aufgenommen. Rebus
war froh, dass sie ihn in die reale Welt zurückriefen. Sie erinnerten ihn daran, dass es
vielleicht noch irgendwo jemanden gab, der glücklich war.
Vielleicht ein Liebespaar, das eng umschlungen aufwachte, oder ein Mann, dem bewusst wurde, dass
heute ein Feiertag war, oder eine ältere Frau, die Gott dankte, dass sie den Anbruch eines
weiteren Tages erleben durfte.
»Eine wirklich finstere Nacht für die Seele«, sagte er und fing an zu zittern. »Es ist kalt hier.
Die Zündflamme muss wieder ausgegangen sein.«
Gill putzte sich die Nase und verschränkte die Arme.
»Nein, es ist warm genug hier drin, John. Hör zu«, sie sprach langsam und rücksichtsvoll, »wir
brauchen eine Beschreibung von diesem Mann. Mir ist klar, dass das zwangsläufig eine Beschreibung
von vor fünfzehn Jahren sein wird, aber es ist zumindest ein Anfang. Dann müssen wir überprüfen,
was passiert ist, nachdem du des... nachdem du ihn verlassen hast.«
»Das wird eine Verschlusssache sein, wenn überhaupt was existiert.«
»Und wir müssen den Chief informieren«, fuhr Gill fort, als hatte Rebus gar nichts gesagt. Sie
blickte starr geradeaus. »Wir müssen diesen Wahnsinnigen finden.«
Rebus kam es sehr still im Zimmer vor, so als ob jemand gestorben wäre, dabei hatte ja eher eine
Art Wiedergeburt stattgefunden - ein verdrängter Teil seiner Erinnerung war zurückgekehrt. Die
Erinnerung an Gordon. Die Erinnerung daran, wie er diese unbarmherzig kalte Zelle verlassen
hatte, wie er ihn seinem Schicksal überlassen hatte...
»Könnt ihr denn sicher sein, dass dieser Reeve unser Mann ist?« Michael schenkte noch mehr Whisky
ein und hielt Rebus ein Glas hin. Rebus schüttelte den Kopf.
»Für mich nicht, danke. Ich bin bereits

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