Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Verborgene Muster

Titel: Verborgene Muster Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Rankin
Vom Netzwerk:
für den Drei-Uhr-Andruck geschrieben und war dann wieder zu
Rebus' Wohnung gefahren. Dort brannte immer noch Licht, aber es standen nun zwei neue Gorillas
vor der Tür des Mietshauses. Stevens parkte auf der anderen Straßenseite und zündete sich eine
weitere Zigarette an. Allmählich passte alles zusammen. Aus den beiden Strängen wurde einer. Die
Morde und die Drogendeals waren in irgendeiner Weise miteinander verknüpft, und offenkundig war
Rebus der Schlüssel zu allem. Worüber mochten er und sein Bruder um diese Uhrzeit reden?
Vielleicht über einen Plan für Eventualfälle. Was hätte er dafür gegeben, in diesem Augenblick im
Wohnzimmer dort oben Mäuschen spielen zu dürfen. Alles. Er kannte Reporter aus der Fleet Street,
die auf ausgeklügelte Überwachungstechniken setzten - Minispione, hochempfindliche Mikrofone,
Telefonwanzen - und fragte sich, ob es sich nicht doch lohnen würde, selbst ein bisschen in
technischen Schnickschnack zu investieren.
Er hatte sich schon wieder neue Theorien zusammengebastelt, Theorien mit Hunderten von
Variationsmöglichkeiten. Wenn Edinburghs Drogenhändler sich auf Entführung und Mord verlegt
hatten, um ein paar armen Schweinen Angst zu machen, dann verschärfte sich die Situation in der
Tat, und er, Jim Stevens, würde in Zukunft noch vorsichtiger sein müssen. Doch Big Podeen hatte
nichts davon gewusst. Mal angenommen, eine neue Gang hätte sich in das Spiel eingeklinkt und ihre
eigenen Regeln mitgebracht. Dann könnte es einen Bandenkrieg im Glasgower Stil geben. Aber
heutzutage würden diese Dinge bestimmt nicht mehr auf diese Weise geregelt. Doch wer wusste das
schon.
Stevens versuchte sich wach zu halten, indem er seine Gedanken in ein Notizbuch schrieb. Er hatte
das Radio an und hörte alle halbe Stunde Nachrichten. Die Tochter eines Polizisten war das
jüngste Opfer des Edinburgher Kindermörders. Bei dieser Entführung war ein Mann getötet worden,
in der Wohnung der Mutter des Kindes erwürgt. Und so weiter. Stevens formulierte und spekulierte
immer weiter.
Es war noch nicht bekannt gegeben worden, dass alle Morde mit Rebus in Verbindung standen. Die
Polizei wollte das noch nicht publik machen, nicht einmal Jim Stevens gegenüber.
Um halb acht gelang es Stevens, einen vorbeikommenden Zeitungsjungen zu bestechen, ihm aus einem
Geschäft in der Nähe Brötchen und Milch zu besorgen. Er spülte die trockenen, krümeligen Brötchen
mit der eiskalten Milch hinunter. Obwohl er die Heizung im Auto an hatte, spürte er die Kälte bis
ins Mark. Er brauchte eine Dusche, eine Rasur, ein bisschen Schlaf. Nicht unbedingt in dieser
Reihenfolge. Doch er war zu nah dran, um jetzt aufzugeben. Er besaß die Zähigkeit - manch einer
würde es Wahnsinn oder Fanatismus nennen - eines jeden guten Reporters. Er hatte beobachtet, wie
andere Journalisten im Laufe der Nacht ankamen und fortgeschickt wurden. Ein paar hatten ihn in
seinem Auto sitzen gesehen und waren herübergekommen, um ein bisschen zu plaudern oder
herumzuschnüffeln. Er hatte sein Notizbuch versteckt und Desinteresse vorgetäuscht, behauptet, er
würde gleich nach Hause fahren. Lauter verdammte Lügen.
Aber das gehörte zum Geschäft.
Und jetzt kamen sie endlich heraus. Natürlich waren ein paar Kameras und Mikrofone da, aber nicht
allzu aufdringlich, kein Drängeln und Schubsen, alles ganz diszipliniert. Zum einen war der Mann
ein Vater, der um seine Tochter bangte, zum anderen war er Polizist. Niemand würde wagen, ihn zu
bedrängen.
Stevens beobachtete, wie man Gill und Rebus auf den Rücksitz eines im Leerlauf wartenden Rover
der Polizei lotste. Er betrachtete ihre Gesichter. Rebus wirkte ausgelaugt. Das war nur zu
erwarten. Doch hinter dieser Erschöpfung lag eine grimmige Entschlossenheit, die man an seinem
zusammengekniffenen Mund erkennen konnte. Das beunruhigte Stevens ein wenig. Es war, als ob der
Mann in den Krieg ziehen wollte. Verdammt noch mal. Und dann war da Gill Templer. Sie wirkte
mitgenommen, noch mitgenommener als Rebus. Ihre Augen waren gerötet, aber auch sie hatte etwas
Außergewöhnliches an sich. Etwas war nicht ganz so, wie es sein sollte. Jeder anständige Reporter
konnte das erkennen, wenn er wusste, wonach er suchte. Stevens erging sich in selbstquälerischen
Gedanken. Er musste mehr wissen. Diese Geschichte war wie eine Droge. Er brauchte immer größere
Dosen. Leicht erschrocken stellte er fest, dass er diese Dröhnungen eigentlich gar nicht so

Weitere Kostenlose Bücher