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Verborgene Muster

Titel: Verborgene Muster Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Rankin
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ergriff, die direkt aus seiner Seele
kam. Es war die reine, blinde Wut. Dieses Spiel würde er nicht verlieren. Er sah, wie Reeve sich
den Schmodder aus dem Gesicht wischte und versuchte, die Tränen zu unterdrücken. Den Revolver
hielt er immer noch schwankend vor sich. Rebus nahm sich ein schwer aussehendes Buch und schlug
damit so fest gegen Reeves Hand, dass der Revolver in einem Haufen Bücher landete.
Und dann war Reeve fort. Er taumelte durch die Regale und riss sie hinter sich um. Rebus ging zum
Schreibtisch zurück und forderte telefonisch Hilfe an, immer ein wachsames Auge darauf, ob Reeve
vielleicht zurückkam. Dann herrschte Stille im Raum. Er setzte sich auf den Fußboden.
Plötzlich flog die Tür auf und William Anderson kam herein, schwarz gekleidet wie das Urbild
eines Racheengels. Rebus lächelte.
»Wie zum Teufel haben Sie mich denn gefunden?«
»Ich bin Ihnen schon längere Zeit gefolgt.« Anderson beugte sich herab, um Rebus' Arm zu
untersuchen. »Ich hab den Schuss gehört. Ich nehme an, Sie haben unseren Mann gefunden.«
»Er ist immer noch irgendwo hier drinnen. Unbewaffnet. Der Revolver liegt da drüben.«
Anderson band ein Taschentuch um Rebus' Schulter.
»Sie brauchen einen Krankenwagen, John.« Aber Rebus hatte sich bereits wieder aufgerafft.
»Noch nicht. Bringen wir das hier erst zu Ende. Wieso habe ich Sie nicht gesehen, als Sie mich
verfolgt haben?«
Anderson gestattete sich ein Lächeln.
»Nur ein sehr guter Polizist würde merken, dass ich ihn verfolge, und Sie sind nicht sehr gut,
John. Sie sind nur gerade mal gut.«
Sie gingen hinter die Trennwand und begannen, sich vorsichtig durch die Regale vorzuarbeiten.
Rebus hatte die Waffe aufgehoben und schob sie tief in seine Tasche. Von Gordon Reeve keine
Spur.
»Sehen Sie mal da.« Anderson zeigte auf eine halb offen stehende Tür auf der anderen Seite der
Regale. Sie gingen immer noch vorsichtig darauf zu, und Rebus stieß sie ganz auf. Dahinter lag
eine steile, schlecht beleuchtete Eisentreppe. Sie schien in Windungen direkt hinunter in das
Fundament der Bibliothek zu führen. Es gab keinen anderen Weg als hinunter.
»Darüber hab ich mal was gehört«, flüsterte Anderson. Sein Flüstern hallte in dem tiefen Schacht
wider, während sie hinabstiegen. »Die Bibliothek wurde auf dem Gelände des alten Gerichtsgebäudes
gebaut, und die Zellen, die darunter waren, sind immer noch da. Die Bibliothek lagert darin alte
Bücher. Da ist ein wahres Labyrinth von Zellen und Durchgängen, es führt direkt unter die
Innenstadt.«
Als sie tiefer kamen, trat anstelle der glatt verputzten Wände uraltes Mauerwerk. Rebus konnte
den Schimmel riechen, ein alter bitterer Geruch aus einem früheren Zeitalter.
»Dann könnte er ja überall sein.«
Anderson zuckte die Schultern. Sie hatten den Fuß der Treppe erreicht und befanden sich in einem
breiten Gang, in dem keine Bücher waren. Doch von diesem Gang gingen Nischen ab - die alten
Zellen vermutlich -, in denen reihenweise Bücher gestapelt waren. Sie schienen nach keinem
Prinzip geordnet zu sein. Es waren einfach alte Bücher.
»Vermutlich kann er hier irgendwo raus«, flüsterte Anderson. »Ich glaube, es gibt Ausgänge, die
zum heutigen Gerichtsgebäude führen und zur Saint Giles Cathedral.«
Rebus war voller Ehrfurcht. Hier war ein Stück altes Edinburgh, unbefleckt und intakt. »Das ist
ja unglaublich. Davon habe ich noch nie was gehört.«
»Das ist ja noch nicht alles. Unter dem Rathaus gibt es angeblich ganze Straßen von der alten
Stadt, auf die man einfach draufgebaut hat. Ganze Straßen, Läden, Häuser und Wege. Hunderte von
Jahren alt.« Anderson schüttelte den Kopf. Genau wie Rebus wurde ihm bewusst, dass man seinem
eigenen Wissen nicht trauen konnte. Da konnte man einfach über etwas hinweglaufen, ohne zu
wissen, was sich darunter verbarg.
Sie arbeiteten sich langsam in dem Gang vor, dankbar für die schwache elektrische Beleuchtung an
der Decke, und sahen ohne Erfolg in jede einzelne Zelle.
»Wer ist es denn nun?«, flüsterte Anderson.
»Ein alter Freund von mir«, sagte Rebus, dem ein bisschen schwindlig war. Hier unten schien es
nur sehr wenig Sauerstoff zu geben. Außerdem schwitzte er furchtbar. Er wusste, dass das von dem
Blutverlust kam und dass er eigentlich überhaupt nicht hier sein sollte, doch er hatte das
Bedürfnis, hier zu sein. Ihm fiel ein, dass er ein paar Dinge hätte tun sollen. Er hätte den
Wachmann nach Reeves Adresse fragen und

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