Verborgene Sehnsucht
jedenfalls gesagt.
Rikar schluckte. Alleine der Gedanke, eine Woche so mit Angela zu verbringen, ließ ihn steif werden. So erregt, dass es fast schon wehtat. Gott, Hilfe. Er wollte sie genau so. Würde dafür sterben, sie unter sich zu spüren und die Verbindung zu nutzen, die sie miteinander teilten, um ihre Sicherheit zu gewährleisten. Die Frage war … konnte er es tun, ohne sie zu verletzen?
Er wusste es wirklich nicht.
Er wusste gar nichts über Energie-Regression. Okay, er wusste, wie sie theoretisch funktionierte. Hatte in den Annalen, die von den Vorfahren der Drachen weitergegeben worden waren, davon gelesen. Hatte gehört, wie andere Krieger davon gesprochen hatten – wie sie die Magie genutzt hatten, um andere ihrer Art davon abzuhalten, eine Frau wiederzufinden. Die Idee war gut, ohne Frage, aber sie könnte verheerende Konsequenzen haben.
Angela war noch nicht bereit, mit ihm zu schlafen. Nicht nach alldem, was sie durchgemacht hatte, also … ja. Es war ein bescheuerter, bescheuerter, bescheuerter Plan. Vor allem, wenn man bedachte, dass sie, wenn er ihr Energiesignal veränderte, nicht nur vor Lothair sicher wäre, sondern auch den Black Diamond verlassen könnte. Und ihn. Für immer.
Fuck.
Genau das wollte er nicht. Ein ethisches Dilemma. Eines, das ihn dazu zwingen würde, zwischen seiner Sehnsucht nach ihr und ihrem Wunsch nach Freiheit und Unabhängigkeit zu wählen.
»Rikar?« Sie strich mit der Hand über seine Schulter und sah zu ihm auf. Verwirrung und mehr stand in ihrem Blick. »Was ist …«
»Ich erkläre es dir, aber … nicht hier.« Niemals würde er ihr vor seinen Kriegern die Energie-Regression erklären. Er würde niemals bis zum Ende kommen. In der Hoffnung auf Unterstützung sah er zu Bastian.
Wie immer stand Bas hinter ihm. »Lass dir Zeit. Der andere Mist kann warten.«
»Komm mit, Engel.« Rikar verstärkte seinen Griff um ihre Hand und zog sie Richtung Tür. Und dem Flur, der zu seinem Zimmer führte.
Er brauchte Privatsphäre. Eine Menge davon. Wenn sie ihm erlaubte, sich zu ihr zu legen und sie zu lieben, wie er es sich ersehnte, wollte er ein Bett und seidenweiche Laken, um es zu tun. Vielleicht könnte er dann einen Weg finden, ihr zu zeigen, wie viel sie ihm bedeutete. Wie sehr er sie liebte. Und wenn er es richtig anstellte – wirklich, wirklich viel Glück hatte – vielleicht … nur vielleicht … würde sie sich dann auch Hals über Kopf in ihn verlieben. Seine Gefährtin werden, in allen Belangen und …
Für immer bei ihm bleiben.
22
Nach dem Verkaufsraum von Killers R Us, der sich als die Küche des Black Diamond ausgab, wirkte Rikars Zimmer still wie eine Gruft. Und genauso kalt. Aber die Kälte gefiel Angela. Die kühle Luft beruhigte sie, nahm ihr die Nervosität, erlaubte ihr, mit der Situation umzugehen, ohne den Verstand zu verlieren.
Ein Zittern lief durch ihren Körper, als die Angst sie in unbekanntes Terrain stieß. Die Razorback-Ratte konnte sie aufspüren. Sie finden. Ihr wieder wehtun. Der Gedanke trieb sie an innere Grenzen, denen sich niemand nähern sollte und … gottverdammt. Wieder führte sie das Gedankenkarussell in die Hölle.
Sie verbannte die Erinnerung, weigerte sich, sich aufzuführen wie ein kleines Mädchen. Es hatte keinen Sinn, ihre Darbietung aus der Küche zu wiederholen. Himmel, wie konnte man so bedürftig sein? Aber sie hatte sich nicht dagegen wehren können. Hatte Rikars Umarmung gebraucht wie ihre eigenen zwei Beine zum Stehen. Zu dumm, dass seine Freunde das ganze Schlamassel mitangesehen hatten, zugesehen, wie sie sich an Rikar festgeklammert und seine Stärke in sich eingesogen hatte.
Wunderbar. Es gab nichts Besseres, als sich wie eine Idiotin zu verhalten, um den Tag anzufangen.
Die Nightfury-Crew hielt sie wahrscheinlich für eine Heulsuse. Die in null Komma nichts in Tränen ausbrach. Angela rieb sich mit der Hand über die Brust, bekämpfte den Schmerz, versuchte, ihr Selbstvertrauen wiederzufinden. Keine einfache Aufgabe, vor allem, wenn man bedachte, mit welcher Neuigkeit sie Rikar gleich überraschen würde.
Oder es zumindest versuchen wollte.
Aber auch wenn sie die Entscheidung jetzt getroffen hatte, sie umzusetzen, machte sie fertig. Immer wieder stiegen die Erinnerungen in ihr auf. Bildfetzen. Geräusche. Und der Schmerz.
Dieser verdammte, schwarzäugige Hurensohn.
Er hatte mehr als nur ihren Körper benutzt; er hatte ihr das Selbstvertrauen genommen. Ihr Selbstwertgefühl angegriffen.
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