Verborgene Sehnsucht
Ivar brauchte, um das Nachwuchsprojekt zu starten. Was bedeutete, er hatte keine Zeit zu verlieren, geschweige denn, die Tatsache zu feiern, dass sich seine Theorie bestätigt hatte.
Es gab kaum noch Zweifel. Hochenergetische Frauen zogen einander an. Kamen entweder in derselben Familie zur Welt oder wurden beste Freundinnen. Sie lebten zusammen. Wohnten zusammen. Gingen zusammen aus. Erkannten etwas in der anderen. Eine gewisse Ähnlichkeit vielleicht. Fühlten die gemeinsamen Schwingungen, wenn der Meridian anschwoll, sie berührte und miteinander verband.
Lothair sah sich die Liste genauer an und zuckte mit den Achseln. Was auch immer. Das Weshalb und Warum interessierte ihn einen Dreck. Alles, was er brauchte, war eine weitere Frau, die er jagen konnte, wenn die Nacht einbrach.
Finde eine … finde alle. Das war jetzt sein bescheuertes Motto und würde es für eine ganze Weile bleiben. Bis er alle sieben im Körbchen hatte und Ivar mit ihnen spielen konnte.
Vier geschafft. Drei noch offen. Ein kleiner Sieg, wenn auch schal.
Die verdammte Polizistin war immer noch auf freiem Fuß.
Aus Lothairs Kehle stieg ein tiefes Knurren auf, als er seinen Laptop öffnete. Während das MacBook erwachte, nahm er ein Blatt Papier von einem unordentlichen Haufen. Er hielt es nicht aus. Die Tatsache, dass Angela Keen noch immer dort draußen herumlief, machte ihn wahnsinnig. Er konnte tagsüber nicht mehr schlafen. Träumte immerzu von ihr … was er ihr antun würde, wenn er sie endlich in die Finger bekam. Er musste ihr wehtun. Sie schänden. Seine Hände um ihren Hals legen und das Leben aus ihr herausquetschen.
»Hey, Lothair.«
Lothair hörte auf, mit den Zähnen zu knirschen und sah zur Tür. Er nickte Ivar zum Gruß zu, als er die Küche betrat. »Spaß gehabt heute Nachmittag?«
Sein Freund war gut genährt, und seine Augen hinter der Monoglassonnenbrille schimmerten. Ivar ging um ein paar Möbel herum und trat auf dem Weg zum Kühlschrank hinter die große Kücheninsel. Seine Lippen verzogen sich zu einem Lächeln, und er warf Lothair einen anerkennenden Blick zu. »Himmel, Mann … ich liebe die Zwillinge.«
»Sie sind Weltklasse.«
»Hast du noch mehr Überraschungen für mich?«
Lothair stützte die Unterarme auf dem Tisch ab und betrachtete seine Papierstapel. »Ich arbeite daran.«
»Was Neues von Myst Munroe?«, fragte Ivar und öffnete die Kühlschranktür. Sein Tonfall war beiläufig.
Aber Lothair wusste es besser. An Ivars Interesse an Bastians Gefährtin war nichts beiläufig. Der Boss wollte sie. Schon von dem Moment an, als er sie auf dem Bild gesehen hatte. Die Tatsache, dass sie seinem Feind gehörte, verstärkte die Besessenheit nur noch. Alleine die Vorstellung, die Frau zu entführen, die dein Rivale liebt … nach der er sich verzehrt, die er zum Überleben braucht? Die ultimative Eroberung, ein Sieg, der die Überlegenheit des einen Kriegers über den anderen bewies.
»Noch nicht. Bastian hält sie an der kurzen Leine«, sagte er. »Wie läuft Projekt Supervirus? Irgendwelche Fortschritte?«
»Scheiße, nein. Ich habe die erste Charge abgeschrieben. Heute Nacht hole ich mir die nächste Gruppe und starte den zweiten Versuch.« Mit einem leisen Fluch nahm Ivar die Milch aus dem Kühlschrank. Er drehte den Deckel auf und trank direkt aus der Tüte, dann stellte er sie auf die Anrichte aus Granit. »Hast du Hunger?«
»Ich könnte schon was essen.«
»Roastbeef-Sandwich?« Ivar warf eine Packung Brot auf die Kücheninsel.
Plastik knisterte, als der Toast über die gesprenkelte Oberfläche rutschte. Lothair nickte und musterte seinen Freund genau. Ihm kam eine Idee. Ivar wollte die Frau des Nightfury-Anführers, und Lothair hatte sich schon seit einer Weile nicht mehr um sie gekümmert. Er würde noch einmal ihre Telefonverbindungen durchgehen. Wer weiß, vielleicht war sie in den letzten Tagen draußen gewesen. Vielleicht hatte sie ihr Handy benutzt. Vielleicht konnte er seinem Kommandanten mit ein paar Mausklicks beschaffen, was er wollte.
Er zog den Laptop zu sich und gab sein Passwort ein. Denzeils Programm erschien auf dem Bildschirm. Er gab Mysts Nummer ein, scrollte durch die Verbindungsaufzeichnungen und …
Derr’mo. Wie zum Teufel hatte er das übersehen können?
Bastians Weibsstück hatte eine Nummer häufiger angerufen als alle anderen. Lothairs Herz begann zu klopfen, als er ein neues Fenster öffnete und die Nummer eintippte. Der Computer summte, das Surren des
Weitere Kostenlose Bücher