Verborgene Sehnsucht
danach, seinen Sohn im Arm zu halten. Wollte ein neues Leben. Brauchte eine zweite Chance.
Aber wenn er falsch lag und der Krieger zuschlug, würde der Tod wenigstens schnell über ihn kommen.
24
Rikar folgte Bastians Beispiel und durchquerte die Zelle. Als d ie Sohlen seiner Stiefel auf den Beton trafen, hörte er, wie die anderen Nightfury-Krieger sich hinter ihm bewegten. Oh-oh . Keine gute Idee. Auf gar keinen Fall wollte er sie irgendwo in der Nähe von Forge. Nicht jetzt. Der Krieger stand bereits jetzt unter Hochspannung. Noch mehr Muskelkraft in der Zelle, und die ganze Sache würde außer Kontrolle geraten.
Rikar verlangsamte seine Schritte und sah über die Schulter. Er begegnete Venoms Blick und schüttelte den Kopf. Sein Krieger verstand die wortlose Botschaft, nickte, trat einen Schritt zurück und nahm seine vorherige Haltung wieder ein – die Schulterblätter an der Wand, Arme vor der Brust verschränkt, ein Fuß auf dem Boden, den anderen ans Mauerwerk gestützt. Mit leisen Bewegungen folgten die anderen Nightfury dem großen Mann, verharrten auf der anderen Seite der unsichtbaren Barriere und machten es sich für die Show bequem.
Rikar schluckte ein Schnauben herunter. Show. Alles klar. Als bräuchte er diese Woche noch mehr verfluchte Unterhaltung. Mit Macs Verwandlung, Angelas Rettung und dem ganzen Energieverbindungstamtam hatte er seine Quote schon vor drei Tagen erfüllt.
Er ließ die Schultern kreisen, um die Verspannung zu lösen und warf einen Blick zu Bastian. Sein Kommandant nickte ihm zu. Rikar senkte zur Antwort das Kinn und trat vor, näherte sich Forge von der einen Seite, während Bas von der anderen an ihn herantrat. Rikar hielt den Blick auf den Krieger gerichtet, ging ruhig und langsam auf Forge zu, um ihm Zeit zu geben, sich zu fassen, zu akzeptieren … zu vertrauen. Je näher er kam, desto mehr verspannte sich Forge. Sein Unbehagen war so unübersehbar, dass man es fast fühlen konnte.
Rikar schnürte es die Kehle zu. Unglaublich. Der Kerl hatte echt Mumm. Und als er zusah, wie der Krieger den Kopf senkte und darauf wartete, dass Bastian ihn erreichte, schaltete Rikars Herz auf Hochgeschwindigkeit, verkrampfte sich in seiner Brust, verstärkte die Blutzufuhr zu seinem Gehirn und schloss seine Synapsen kurz.
Gott sei Dank. Er hatte den Dummschwätzer wirklich nicht k. o. schlagen wollen. Was ihn überraschte. Und eine ziemlich dumme Reaktion war. Vor allem, da er sich nie davor gescheut hatte, irgendetwas umzubringen, ganz egal, wie die Umstände aussahen. Aber bei Forge hatte er das Endspiel gefürchtet. Hatte die Güte des Kriegers seiner Gefährtin gegenüber nicht mit Gewalt vergelten wollen – oder Angela mit Forges Blut an den Händen gegenübertreten. Auf dem Weg nach unten in den Zellenblock hatte er auf eine andere Lösung gehofft, auf eine beidseitige Einigung sozusagen. Und jetzt, da er sie hatte, war die Erleichterung groß.
Bald wäre Forge einer der ihren, ein Nightfury, an sie gebunden durch Ehre, Pflicht und Bestimmung. Eine starke Erweiterung ihres Clans. Gut für ihn. Besser noch für sie. Also, ja. Was du heute kannst besorgen, dass verschiebe nicht auf morgen.
Rikar wollte das Aufnahmeritual lieber früher als später beginnen und den Bluteid hinter sich bringen. Angela würde bald aufwachen. Er wollte da sein, wenn sie seine Geschenke entdeckte. Sehnte sich nach ihren leuchtenden Augen, ihrem zufriedenen Lächeln und dem Lohn ihrer Dankbarkeit.
Selbstsüchtig? Zweifellos, aber er konnte es nicht erwarten, sie wieder zu berühren. Ihre sanfte Haut auf der seinen und ihren Geschmack auf der Zunge zu spüren. Schon der Gedanke – das wilde, herrliche Versprechen ihres Körpers – brachte ihn fast um den Verstand. Zwei Tage mit ihr waren nicht genug gewesen. Himmel, er würde niemals genug von ihr bekommen, und wenn ihn das zum Helden der Gefühlstrottel machte, so würde er den Titel mit Stolz tragen. Er hatte seine Gefährtin für sich beansprucht. Sie hatte ihn mit ganzem Herzen akzeptiert. In seiner Welt war alles in Ordnung.
Er blieb neben Forges Schulter stehen. Der Krieger verkrampfte, das Spiel seiner straffen Muskeln zeichnete sich unter dem T-Shirt ab. Was Rikar alles verriet, was er wissen musste. Der Kerl bewegte sich nahe am Abgrund. Ja, er hatte vielleicht das Knie gebeugt, aber er war sich nicht sicher. War bis zum Letzten gespannt, wartete nur darauf, dass die Sache schiefging. Rechnete vielleicht sogar mit dem Tod.
Rikar konnte
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