Verborgene Sehnsucht
jeden Zweifel war er einer von ihnen. Stirnrunzelnd ließ er noch einmal seine Klaue abknicken, dann warf er einen Blick nach unten und riss die Augen auf. Großer Gott, sieh dir das Ding an . Ein Schwanz, ausgestattet mit rasiermesserscharfen Kanten: oben, unten und um die Spitze. Er versuchte, nicht auszurasten, wand ihn der Länge nach um seine Pranken und sah noch einmal genauer hin. Wow. Das Ding sah tödlich aus, und wenn es ihm nicht solche Angst eingejagt hätte, hätte er es fast cool finden können.
Erstaunen mischte sich in die Ungläubigkeit. Er warf Bastian einen Blick zu. »Wie … ich meine … gottverdammt. Ich bin vierunddreißig. Wie konnte ich nicht wissen, dass ich kein …«
»Mensch bin?«
Mac spürte einen Kloß im Hals, als er nickte.
»Du bist … halb menschlich. Sohn einer menschlichen Frau und eines Drachenkriegers.« Bastian trat näher an ihn heran und klopfte mit den Knöcheln auf seine Schulter. Ein hohler Ton erklang, als hätte er Stahl getroffen, nicht seine schicke neue Haut. »Ich weiß nicht, wie du durchgerutscht bist, aber dein Vater wusste nichts von dir. Er hätte dich niemals in der Welt der Menschen zurückgelassen, wenn er gewusst hätte, dass es dich gibt.«
Der alte Schmerz stieg in ihm auf. Wie immer, wenn er an seinen Vater dachte, einen Mann, den er nie gesehen … der seine Vaterschaft nie beansprucht hatte. Nicht gekommen war, um ihn aus einer Welt zu retten, in der es niemanden kümmerte, was mit ihm passierte. Aber die Vorstellung, dass der Mann, den zu treffen er sich immer erträumt hatte, ihn doch nicht im Stich gelassen hatte? Himmel, das Wissen füllte die Leere, die hohle Stelle in seinem Herzen, in der so lange der Schmerz gehaust hatte.
Vielleicht war es Unsinn. Vielleicht auch nicht. Mac war es egal. Die neue Version gefiel ihm besser als die, mit der er sein ganzes Leben verbracht hatte. Seine Mutter, die auf dem Operationstisch gestorben war. Keine Familie, die ihn haben wollte. All die Jahre im Sacred Heart Waisenhaus.
Trautes Heim, Glück allein. Na, sicher.
»Ich weiß, für dich ergibt es im Moment wenig Sinn, aber wenn dein Vater von dir gewusst hätte …« Bastian brach ab, und die Stille sprach Bände. Der Kerl verstand genau, was er fühlte. Was er Tag für Tag wieder durchmachte. All den Schmerz, den er im Versuch, ihn zu vergessen, tief in sich vergraben hatte. »Er hätte dich geholt.«
Tränen schnürten ihm die Kehle zu. Gottverdammt. Er hatte sich in ein verdammtes Weichei verwandelt, ließ sich von einem Mann trösten, den er nicht einmal kannte. Aber Bastian tat es, ohne zu zögern. Kein Zweifel. Der Kerl war anständig, hatte alle sieben Sinne beisammen und verdammt, wenn er sich nicht in den nächsten drei Sekunden zusammenriss, würden sie gemeinsam eine Runde »Kumbaya« anstimmen. Schnief-schnief-schluchz-schluchz.
Mac räusperte sich. »Hör zu, ich bin …«
Ein Kribbeln lief über seinen Nacken, und die rasiermesserscharfe Klinge entlang seines Rückgrats vibrierte. Mac spannte die Muskeln an, seine übersinnliche Wahrnehmung ließ all seine Alarmglocken schrillen. Während er abwartete und beobachtete, flog ein Schatten heran und landete neben der Tür auf dem Balkon.
Was zum Teufel war das? Er dachte, sie wären alleine, aber da hatte sich wohl noch jemand der Party angeschlossen. Alles, was er jetzt noch spürte, war Wut. Sein Blick verengte sich. Ja, keine Frage. Eine Lkw-Ladung Ärger rollte direkt auf ihn zu. Er schob sich nach rechts, trat um Bastian herum und kauerte sich zusammen. Sich zu ducken, schien ihm die beste Reaktion … nichts war besser, wenn man angegriffen wurde.
Mit einem gemurmelten »Fuck« schlug Bastian ihm mit der Hand auf die Brust. »Entspann dich, Mann. Da geht nichts.«
Bullshit. Da »ging« ganz sicher irgendwas.
Die Balkontür wurde aufgeschoben. Licht brach durch die Öffnung und blendete Mac. Er blinzelte fluchend und versuchte zu erkennen, was da auf ihn zukam. Keine Chance. Alles, was er sehen konnte, war ein heller Lichtstreifen. Diese verdammten Augen. Dieses verdammte Tageslicht. Als könnte er gerade jetzt tanzende Punkte vor den Augen gebrauchen.
Bastian fuhr herum und stellte sich zwischen ihn und die Tür. »Und?«
Eine dunkle Silhouette trat über die Schwelle und schüttelte den Kopf. »Lothair ist abgetaucht. Hat irgendein Schlupfloch gefunden. Und uns ist die Zeit davongelaufen.«
»Verdammter Bastard.« Mit einem Knurren betrat ein zweiter Kerl hinter dem ersten
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