Verborgene Sehnsucht
immer – durch den Stiefel fraß.
Mac zog die Augenbrauen zusammen, als sein Instinkt ihn mit allen Mitteln davor warnte, auf diesen Vorschlag einzugehen. Auf gar keinen Fall wollte er mit diesen beiden irgendwo hingehen. Venom konnte es nicht abwarten, ihn umzubringen. Und Wick? Himmel, es reichte schon, diesem Kerl in die Augen zu sehen. Kalt. Hart. Gefühllos. Der strahlte echt die Herzenswärme eines Psychopathen aus.
Er warf Bastian einen Blick zu. »Was zum Teufel?«
»Du wirst dich an sie gewöhnen«, sagte er und schlug Mac mit der Faust auf die Brust. »Und bis dahin ignoriere sie einfach. Wir haben eine Menge zu erledigen, bevor die Sonne aufgeht.«
Mac runzelte die Stirn, in seinem Kopf schrillten die Alarmglocken.
Bastian grinste. »Du musst noch ein paar Sachen lernen.«
»Was denn zum Beispiel?«
»Wie man sich verwandelt … vom Drachen zum Menschen und wieder zurück.«
»Das geht?« Ihm stockte der Atem. Der erste Hauch von Aufregung rann ihm den Rücken hinunter. Sich zu verwandeln klang cool. Dann würde er sich wenigstens wieder normal fühlen … mehr wie er selbst, weniger wie ein Monster.
»Wir alle können das«, sagte Venom, während er sein Hinterteil wieder auf der Anrichte platzierte. »Warte nur, bis die Flugstunden anfangen. Das wird ein richtiger Spaß.«
»Aber hallo«, murmelte Wick mit Blick auf Mac, während er den Raum durchquerte. Dann drehte er sich um und lehnte sich an die Wand zwischen den hohen Fenstern. Hin- und hergerissen zwischen Wissbegierde und Misstrauen wanderte Macs Blick von Venom zu Wick und wieder zurück. Meinten sie das ernst? Er ließ die Schultern kreisen und sah zu den Flügeln, die seinen neuen Körper zierten. Er bewegte sie auf und ab, ohne sie jedoch auszubreiten. Hier drin gab es nicht genug Platz, um …
Wow. Okay … das war cool.
Die Schwingen streckten sich, gaben ihm ein Gefühl für ihre Spannweite und … Wham! Es haute ihn um. Die Dinger funktionierten. Totaler Irrsinn, aber noch krasser war die Erkenntnis, dass er vielleicht wirklich in der Lage sein würde zu fliegen.
Sein Herz machte einen kleinen Sprung. Okay, in Ordnung. Sie meinten es wohl ernst, aber das hieß nicht, dass er den Bastarden den »Spaß« bescheren würde, auf den sie so offensichtlich warteten.
Er hielt Venoms Blick stand und schleuderte ihm die Herausforderung zurück ins Gesicht. »Wir werden sehen, Mistkerl.«
»Das werden wir, Jungvogel«, sagte Venom mit glühend rubinroten Augen.
In der Tat.
Mac sah zu Bastian. »Zeig es mir.«
Lasst die Spiele – äh … den Unterricht – beginnen.
13
Angela lag zusammengerollt in der Mitte des Bettes und sah zu, wie der Sekundenzeiger sich bewegte. Fünfzehn Minuten. Ganze neunhundert Sekunden wach. Ohne sich zu bewegen, mit dem steten Auf und Ab von Rikars Brust an ihrem Rücken. Und während die Wanduhr ihre Viertelstunde beendete, und sie seinem Atem lauschte, entschied Angela, dass sie eine Idiotin war. Vollkommen wahnsinnig, sich in der Dunkelheit an Rikar festzuklammern. Einem Kerl, den sie kaum kannte. Dem sie nicht vertraute. Während sie das leuchtende Ziffernblatt der dummen Uhr anstarrte, die an der gegenüberliegenden Wand über den glänzenden weißen Schränken hing.
Tick-tack. Tick-tack. Keine Zeit verlieren. Und trotzdem konnte sie sich nicht dazu überwinden, sich zu bewegen.
Es war wirklich traurig. Wie sehr sie ihn in diesem Moment brauchte … in der dämmrigen Stille, die zu viele Gedanken und Gefühle in ihr weckte. Und als sie sich an ihn schmiegte, alles entgegennahm, was er ihr unbewusst schenkte, während er schlief, erkannte sie sich selbst nicht wieder. Fragte sich, wann sie verschwunden war und eine Fremde ihren Platz eingenommen hatte.
Bedürftig.
So hatte sie sich noch nie gefühlt. Hatte niemals gedacht, sie würde jemanden brauchen, aber während der Sekundenzeiger weitertickte und Rikar weiteratmete, erkannte Angela, dass sie verloren hatte. Die Vermisste? Sie selbst. Diesmal war sie die Kriegsgefangene, und zum ersten Mal seit langer Zeit vermisste sie ihren Dad. Trauerte um seinen Tod. Fühlte sich wieder wie ein kleines Mädchen, verängstigter denn je. Verloren . Ja, das war sie … hilflos und verlassen an einem Ort, an dem sie nicht sein wollte und an dem sie sich nicht auskannte.
Sie kämpfte gegen die Tränen an und schloss die Augen. Sie hatte ja keine Ahnung gehabt. All diese Opfer. All diese Begegnungen: wie sie ihre Aussagen aufgenommen hatte, ihnen gesagt
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