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Verborgene Sehnsucht

Verborgene Sehnsucht

Titel: Verborgene Sehnsucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Coreene Callahan
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hatte, sie sollten sich keine Sorgen machen, es würde schon alles gut werden. Was für ein Haufen Scheiße. Vollkommener Schwachsinn in mitfühlendem Geschenkpapier. Nichts war gut und das würde es auch für eine ganze Weile nicht mehr sein. Der Schmerz saß einfach zu tief.
    Sie vergrub ihr Gesicht in Rikars Arm. Er lag auf dem Rücken, eine Hand entspannt auf der nackten Brust, und reagierte nicht auf ihre Bewegung. Verdammt, wahrscheinlich wusste er nicht einmal, dass sie neben ihm lag. Sie lag vollkommen geborgen in dem V zwischen seinem Arm und Körper, mit dem Rücken an seiner Seite, der Wange auf seinem Oberarm, den sie fest an sich gezogen hatte. In der Rechten hielt sie die Glock 19. Der ergonomische Griff lag gut in ihrer Hand. Fühlte sich richtig und vertraut an, und als sie die Augen öffnete und nachsah, wo der Zeiger inzwischen war, sprach sie ein stummes Dankesgebet.
    Sie war am Leben. Verletzt, ja … Körper und Seele hatten Schaden genommen, aber sie atmete noch. Und das hatte sie zu einem großen Teil Rikar zu verdanken, dem Mann-Drachen, der wie ein Toter neben ihr schlief.
    Angela seufzte. Diese ganze Sache mit der Nichtmenschlichkeit jagte ihr Angst ein. Sie sollte aufstehen. Gehen. Abhauen, bevor er aufwachte und begann, Fragen zu stellen. Was er zweifellos tun würde, aber …
    Sie wollte nicht. Ihr Bedürfnis nach Trost verlangte fast schon zwanghaft, dass sie in seiner Nähe blieb. Ein gutes Argument. Was sprach denn schon dagegen? Ihr fiel nichts ein. In der Abteilung für Gegenargumente herrschte gähne nde Leere. Ihr Gehirn hatte einen Kurzschluss erlitten. Alle vernünftigen Synapsen waren durchgebrannt. Ihr innerer Überläufer dagegen erfreute sich bester Gesundheit und steckte schlechte Argumente in hübsche Gewänder, damit sie aussahen wie gute.
    Nicht gut. Vor allem, wenn man bedachte, dass sie ihr Leben zurückhaben, sich wieder fühlen wollte, wie ihr normales, starkes, selbstbewusstes und angstfreies Selbst. Wunschdenken? Wahrscheinlich, jedenfalls in Anbetracht des Schadens, den ihr innerer Kompass erlitten hatte. Die Nadel war verbogen, drehte sich ohne Orientierung und schickte sie in unmögliche Richtungen … von denen jede zurück zu Rikar führte.
    Himmel, hatte sie schon erwähnt, dass sie wahnsinnig war?
    Angela stieß langsam den Atem aus. Daran bestand kein Zweifel. Sie war offiziell zu Gast in Irrsinnshausen. Aber noch während sie erkannte, in welcher Gefahr sie steckte, bat eine flüsternde Stimme in ihrem Inneren um mehr Zeit. Argumentierte, dass an Rikar gekuschelt dazuliegen schließlich nur ein vorübergehender Abstecher war, nichts weiter als ein kurzer Halt auf ihrem Gefühlshighway. Aber sie saß immer noch am Steuer und mit einer einzigen Drehung des Lenkrads könnte sie zurück auf die Schnellstraße fahren, das Gaspedal durchtreten und ihn zurücklassen. Nichts als eine Erinnerung auf dem ausgewaschenen Asphalt ihres Verstandes.
    Der Gedanke weckte den Wunsch nach etwas in ihr, das sie fast nie tat … zu weinen.
    Was wirklich mehr als albern war.
    Er war ein Halbdrache, ein Feind, wie er im Buche stand. Das Bedürfnis, bei ihm zu bleiben, war gefährlich. Lächerlich. Total bescheuert. Sie wusste es. Fühlte es in jedem ihrer Knochen, aber ob es ihr gefiel oder nicht, ihre Sehnsucht nach ihm hielt sie fest, fesselte sie so eng an ihn, dass sie sich nicht aus seinem Orbit befreien konnte.
    Unter ihrer Wange spannte Rikar die Armmuskeln an, während er im Schlaf etwas murmelte. Angela erstarrte, betete darum, dass er weiterschlief. Sie war noch nicht bereit, sich ihm zu stellen. Brauchte mehr Zeit, um sich ihrer Lage bewusst zu werden und zu entscheiden, was sie tun sollte.
    Doch das Glück war nicht auf ihrer Seite. Die Zeiger der Uhr bewegten sich langsam ins Fünfundzwanzig-Minuten-Territorium. Jetzt oder nie. Es war Zeit aufzustehen, das Zimmer zu verlassen und abzuhauen.
    Angela schluckte den Kloß in ihrer Kehle hinunter und schloss die Hand fester um die Waffe. Das Metall drückte sich in ihre Handfläche, als sie sich ein Stück umdrehte und ihre Schulter unter Rikars Arm hervorzog. Der Infusionsschlauch war zu kurz, das Pflaster auf dem Rücken ihrer freien Hand ziepte, aber sie fuhr fort, ihre beiden Körper Stück für Stück zu entwirren. Als sie sich von ihm löste, drang kalte Luft unter ihr schlichtes weißes T-Shirt, an die Rückseiten ihrer Beine, unter ihre Boxershorts, attackierte all die Stellen, mit denen sie sich an ihn geschmiegt

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