Verbotene Früchte im Frühling
spöttisch. „Wenn Wurzelgewächse sprechen könnten, würden sie zweifellos ebenfalls erklären, dass sie ihn mögen.“
Daisy, die mit einem Buch am Fenster saß, blickte lächelnd auf. „Auf Geflügel erstreckt sein Charme sich nicht“, sagte sie. „Er hat ein Problem mit Gänsen.“ Dann fügte sie hinzu: „Danke, dass du so entgegenkommend bist, Lillian. Ich hatte erwartet, dass du wegen der Verlobung einen größeren Aufstand machst.“
Ihre ältere Schwester seufzte tief und bedauernd. „Ich habe mich an den Umstand gewöhnt, dass ich eher mit meiner Nasenspitze eine Erbse von hier nach London rolle, als versuchen kann, mich dieser Heirat in den Weg zu stellen. Außerdem wärest du in Bristol näher bei mir, als du es in Thurso mit Lord Llandrindon gewesen wärst.“
Die Erwähnung Llandrindons brachte Mercedes beinahe zum Weinen. „Er sagte, es gebe so schöne Spazierwege in Thurso“, berichtete sie bekümmert. „Und Wikingergeschichte. Ich hätte so gern etwas über die Wikinger erfahren.“
Lillian schnaubte verächtlich. „Seit wann interessierst du dich für kriegslüsterne Heiden mit albernem Kopfschmuck.“
Noch einmal sah Daisy von ihrem Buch auf. „Sprechen wir wieder über Großmutter?“
Mercedes bedachte beide mit einem strafenden Blick. „Wie es scheint, bleibt mir keine andere Wahl, als diese Verbindung in Würde zu akzeptieren. Ich will versuchen, ein wenig Trost darin zu finden, dass ich diesmal wenigstens eine ordentliche Hochzeit planen kann.“
Sie hatte Marcus und Lillian nie ganz verziehen, dass sie nach Gretna Green durchgebrannt waren und sich auf diese Weise der großen Feier entzogen hatten, die sie immer hatte planen wollen.
Lillian lächelte Daisy schadenfroh an. „Ich beneide dich nicht, meine Liebe.“
„Es wird kein Vergnügen sein“, sagte Daisy ein wenig später am selben Tag warnend zu Matthew, als sie am grasbewachsenen Ufer eines Mühlenteichs am westlichen Rand des Dorfes saßen. „Die Zeremonie wird einzig und allein zum Ziel haben, die Welt auf die Bowmans aufmerksam zu machen.“
„Nur auf die Bowmans?“, fragte er. „Sollte ich bei der Zeremonie nicht auch in Erscheinung treten?“
„Oh, der Bräutigam bildet dabei den unbedeutendsten Teil“, erklärte sie gut gelaunt.
Sie hatte Matthew mit dieser Bemerkung aufheitern wollen, doch sein Lächeln erreichte nicht seine Augen.
Gedankenverloren blickte er über den Mühlenteich.
Die steinerne Wassermühle war schon lange zugunsten einer anderen Mühle im Herzen von Stony Cross aufgegeben worden, die weitaus produktiver arbeitete. Mit dem schönen Giebeldach und der Fassade, die teilweise aus Holz bestand, besaß das Mühlhaus aber einen rauen Charme, der von der ländlichen Umgebung noch betont wurde.
Während Matthew mit einer gekonnten Bewegung aus dem Handgelenk heraus seinen Angelhaken mitsamt dem Köder ins Wasser warf, ließ Daisy die bloßen Füße ins Wasser baumeln.
Eingehend betrachtete sie Matthews Gesicht, während er sich seinen düsteren Gedanken hinzugeben schien. Er besaß ein markantes Profil mit einer geraden Nase, klar umrissenen Lippen und einem perfekten Kinn. Sein etwas verwegener Anblick gefiel ihr, sein Hemd war an manchen Stellen feucht, die Hose von trockenem Laub bedeckt, das dicke Haar hing ihm zerzaust bis weit in die Stirn hinein.
Matthew besaß zwei Seiten, was Daisy faszinierte, da sie so etwas zuvor noch bei keinem Mann beobachtet hatte.
Manchmal war er ein aggressiver, zugeknöpfter Geschäftsmann, der mühelos Zahlen und Fakten herunterrattern konnte.
Dann wieder war er ein sanfter, verständnisvoller Liebhaber, der seinen Zynismus wie einen alten Mantel abzulegen vermochte und mit ihr spielerische Diskussionen darüber führte, welche alte Kultur die schönste Mythologie besaß oder was wohl Thomas Jeffersons liebstes Gemüse war. (Obwohl Daisy überzeugt war, dass es grüne Erbsen sein mussten, hatte Matthew sich sehr überzeugend für Tomaten eingesetzt).
Sie führten lange Gespräche über Themen wie Geschichte und fortschrittliche Politik. Für einen Mann von konservativem Hintergrund besaß er ein überraschendes Bewusstsein für Reformen. Oftmals vergaßen erfolgreiche Männer während ihres schnellen Aufstiegs jene, die auf den unteren Sprossen der Leiter stehen geblieben waren.
Daisys Meinung nach sprach es für seinen Charakter, dass er sich ehrlich um all die sorgte, die weniger glücklich waren als er selbst.
In ihren Gesprächen hatten
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