Verbotene Früchte im Frühling
gerade gebessert oder gewaltig verschlechtert hatte.
„Das ist unmöglich“, stieß Miss Leighton hervor. „Sie können es nicht sein.“
Geistesabwesend sah Matthew sie an. „Warum nicht?“
„Weil ich Ihren Namen nicht in den Hut gelegt habe.“
Seine Miene verriet nichts über das, was er dachte. „Irgendjemand hat es offensichtlich getan“, sagte er und entzog sich ihrem Griff.
Angespanntes Schweigen breitete sich aus, als Matthew zu Daisy hinüberging, und dann hob erregtes Gemurmel an. Es war bewundernswert, wie Daisy ihre Mimik im Zaum hielt, aber ihr Gesicht zeigte eine verräterische Röte.
Ihre schlanke Gestalt wirkte so angespannt wie eine Bogensehne. Sie zwang sich zu lächeln. Matthew sah an ihrer Kehle, wie heftig ihr Puls ging. Wie gern hätte er seine Lippen auf diese Stelle gepresst und sie mit der Zunge liebkost.
Direkt vor ihr blieb er stehen und erwiderte ihren Blick, versuchte, ihre Gedanken zu lesen.
Wer hatte in dieser Situation die Oberhand?
Offensichtlich er. Aber es war Daisy gewesen, die seinen Namen aufgerufen hatte.
Sie hatte ihn erwählt. Warum?
„Ich habe Sie während des Spiels gehört“, sagte Daisy, so leise, dass niemand außer ihm ihre Worte verstehen konnte. „Sie haben sich angehört wie eine Kuh mit Verdauungsproblemen.“
„Den Ergebnissen nach zu urteilen, war meine Kuh besser als Llandrindons Grille“, meinte Matthew.
„Er klang ganz und gar nicht wie eine Grille. Er klang, als wollte er sich die Kehle freihusten.“
Matthew unterdrückte ein plötzliches Lachen. Sie wirkte so verärgert und gleichzeitig so reizvoll, dass er sie am liebsten an sich gezogen hätte. Stattdessen sagte er: „Wir sollten es hinter uns bringen, oder?“
Er wünschte, Daisy würde nicht so heftig erröten. Durch ihren hellen Teint wurde es noch deutlicher. Ihre Wangen waren so rot wie Mohn.
Deutlich war zu hören, wie die Anwesenden tief Luft holten, als Matthew so nahe zu ihr trat, dass ihre Körper sich beinahe berührten. Daisy legte den Kopf zurück, schloss die Augen und spitzte ein wenig die Lippen. Matthew ergriff ihre Hand, hob sie hoch und küsste ihre Fingerspitzen.
Daisy riss die Augen auf. Sie wirkte erschrocken.
Gelächter erklang aus der Gruppe und ein paar scherzhaft scheltende Ausrufe.
Nachdem er mit ein paar freundlichen Worten geantwortet hatte, wandte sich Matthew an Daisy. „Sie erwähnten vorhin, Miss Bowman, dass Sie nach Ihrer Schwester sehen wollten. Darf ich Sie dorthin begleiten?“, fragte er freundlich, aber entschieden.
„Aber Sie können nicht gehen!“, rief Cassandra Leighton von der anderen Seite des Raums her. „Wir haben doch gerade erst angefangen.“
„Nein, danke“, sagte Daisy zu Matthew. „Ich bin sicher, dass meine Schwester noch etwas länger warten kann, während ich mich hier amüsiere.“
Matthew warf ihr einen strengen Blick zu. An ihrem plötzlich veränderten Gesichtsausdruck erkannte er, dass sie ihn verstand.
Er verlangte den Gefallen, den sie ihm noch schuldete.
Kommen Sie mit mir, schien sein Blick zu befehlen, und keine Widerrede.
Er sah auch, dass Daisy sich gern dagegen verwahrt hätte, aber ihr eigenes Ehrgefühl ließ das nicht zu. Eine Schuld war eine Schuld.
Daisy schluckte schwer. „Andererseits …“ Beinahe erstickte sie an diesen Worten. „Ich hatte meiner Schwester versprochen, mit ihr den Tee zu nehmen.“
Matthew reichte ihr seinen Arm. „Zu Ihren Diensten, Miss Bowman.“
Es gab ein wenig Protest, aber bis sie die Schwelle überschritten hatten, war die Gruppe bereits dabei, ein anderes Spiel zu organisieren. Niemand wusste, welche Skandälchen im Salon ausgeheckt wurden. Solange weder er noch Daisy darin verwickelt waren, war es Matthew verdammt egal.
Sobald sie die Halle erreicht hatten, entzog ihm Daisy ihren Arm. Sie gingen ein Stück bis zur Tür der Bibliothek, die offen stand. Als sie sah, dass der Raum leer war, ging Daisy ohne ein weiteres Wort hinein.
Matthew folgte ihr und schloss die Tür hinter ihnen. Das entsprach nicht ganz dem Anstand, aber ein Gespräch in der Halle tat das ebenso wenig.
„Warum haben Sie das getan?“, wollte Daisy wissen und fuhr zu ihm herum.
„Sie von den Spielen weggeholt?“ Matthews Tonfall klang missbilligend. „Sie hätten ebenfalls nicht dort sein sollen, und das wissen Sie.“
Daisy war so wütend, dass ihre dunklen Augen Funken zu sprühen schienen. „Wo hätte ich denn stattdessen sein sollen, Mr. Swift? Allein in der
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