Verbotene Früchte im Frühling
erklärte Lillian Westcliff, als die Wehe vorüber war. Sie klammerte sich an seiner Hand fest, als wäre die ihr Rettungsanker. „Du solltest unten sein, hin und her laufen und trinken.“
„Himmel, Frau“, murmelte Westcliff und tupfte ihr das Gesicht mit einem trockenen Tuch ab. „Ich habe dir das angetan. Da werde ich dich die Konsequenzen nicht allein tragen lassen.“
Daraufhin brachte Lillian trotz ihrer trockenen Lippen ein schwaches Lächeln zustande.
Ein kurzes, lautes Klopfen an der Tür wurde hörbar, und Daisy eilte, um nachzusehen. Sie öffnete die Tür einen Spaltbreit und sah Matthew Swift, tropfnass, schmutzig und atemlos. Erleichterung überkam sie. „Zum Glück“, rief sie aus. „Bisher ist sonst niemand zurückgekommen. Haben Sie jemanden gefunden?“
„Ja und nein.“
Die Erfahrung hatte Daisy gelehrt, dass bei der Antwort „ja und nein“ das Ergebnis nur selten so war, wie man es gewünscht hatte. „Was meinen Sie damit?“, fragte sie wachsam.
„Er wird gleich heraufkommen – er wäscht sich nur noch. Die Straßen sind voller Schlamm, überall Löcher, es donnert ständig – ein reines Wunder, dass das Pferd nicht durchgegangen ist oder sich etwas gebrochen hat.“ Swift nahm seinen Hut ab und wischte sich mit dem Ärmel über die Stirn, wobei er einen Schmutzstreifen hinterließ.
„Aber Sie haben einen Arzt gefunden?“, drängte Daisy weiter, nahm ein sauberes Handtuch aus einem Korb neben der Tür und reichte es ihm.
„Nein. Die Nachbarn sagten, der Doktor ist für vierzehn Tage nach Brighton gefahren.“
„Was ist mit der Hebamme …“
„Beschäftigt“, erwiderte Swift. „Sie hilft schon zwei anderen Frauen im Dorf, die in den Wehen liegen. Sie meinte, so etwas geschieht zuweilen während eines besonders schlimmen Sturms – irgendetwas liegt in der Luft, das die Babys kommen lässt.“
Verwirrt starrte Daisy ihn an. „Wen haben Sie dann mitgebracht?“
An Swifts Seite erschien ein Mann mit beginnender Glatze und sanften braunen Augen. Er war ein wenig nass, aber sauber – in jedem Fall sauberer als Swift – und wirkte ehrbar.
„Guten Abend, Miss“, sagte er verlegen.
„Er heißt Merritt“, sagte Swift zu Daisy. „Er ist ein Veterinär.“
„Ein was?“
Obwohl die Tür fast ganz geschlossen war, konnte das Gespräch von drinnen mitangehört werden. Laut und deutlich ließ sich Lillians Stimme vernehmen: „Sie haben mir einen Tierarzt gebracht?“
„Er wurde mir wärmstens empfohlen“, sagte Swift.
Da Lillian zugedeckt war, öffnete Daisy die Tür weiter, damit sie einen Blick auf den Mann werfen konnte.
„Wie viel Erfahrung besitzen Sie?“, wollte Lillian von Merritt wissen.
„Gestern habe ich eine Bulldogge von ihren Welpen entbunden. Und davor …“
„Das genügt“, sagte Westcliff schnell, als Lillian während der nächsten Wehe seine Hand umklammerte. „Kommen Sie herein.“
Daisy ließ den Mann eintreten, und sie selbst nahm sich noch ein weiteres sauberes Handtuch, ehe sie auf den Gang hinaustrat.
„Ich wäre noch zum nächsten Dorf gegangen“, sagte Swift entschuldigend. „Ich weiß nicht, ob Merritt irgendwie helfen kann. Aber die Moore und Bäche sind über die Ufer getreten, und die Straßen sind unpassierbar. Und ich wollte nicht allein zurückkommen.“ Einen Moment lang schloss er die Augen, sein Gesicht wirkte angespannt, und sie erkannte, wie ermüdend der Ritt durch den Sturm gewesen war.
Zuverlässig, dachte Daisy. Sie wickelte sich einen Handtuchzipfel um den Finger, wischte ihm den Schlamm aus dem Gesicht und tupfte die Regentropfen aus seinen Bartstoppeln. Die kurzen dunklen Haare faszinierten sie. Am liebsten hätte sie sie mit den Fingern berührt.
Swift hielt still und neigte den Kopf, damit sie ihn besser erreichen konnte. „Ich hoffe, die anderen hatten mehr Erfolg mit der Suche nach einem Arzt als ich.“
„Sie kommen vielleicht nicht rechtzeitig zurück“, erwiderte Daisy. „Die Dinge sind in der letzten Stunde schnell vorangeschritten.“
Er zog den Kopf zurück, als würden ihre leichten Berührungen ihn verwirren. „Gehen Sie nicht wieder hinein?“
Daisy schüttelte den Kopf. „Meine Anwesenheit ist de trop, wie sie drinnen sagen. Lillian wird nicht gern so bedrängt, und Annabelle ist ihr eine weitaus größere Hilfe, als ich es sein könnte. Aber ich werde in der Nähe warten, für den Fall … für den Fall, dass sie nach mir verlangt.“
Swift nahm ihr das Handtuch ab und
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