Verbotene Früchte im Frühling
gewarnt, das Baby daran zu gewöhnen, herumgetragen zu werden. „Du verwöhnst sie“, hatte sie zu Lillian gesagt, „und dann wird man sie gar nicht mehr hinlegen können.“
Lillian hatte erwidert, dass es auf Stony Cross Manor nicht an Armen mangelte, sodass Merritt so oft herumgetragen werden konnte, wie sie wollte.
„Ich möchte, dass ihre Kindheit anders wird als unsere“, sagte Lillian später zu Daisy, während sie das Baby im Wagen durch den Garten schoben. „Die wenigen Erinnerungen, die ich an unsere Eltern habe, beschränken sich darauf, dass Mutter sich für den Abend ankleidete oder in Vaters Arbeitszimmer ging, um ihm von unseren letzten Missetaten zu berichten. Und dann die Bestrafung.“
„Weißt du noch“, fragte Daisy lächelnd, „wie Mutter immer schrie, wenn wir auf dem Gehweg Rollschuh liefen und die Leute umfuhren?“
Lillian lachte. „Nur nicht, wenn es sich dabei um die Astors handelte, dann war es in Ordnung.“
„Oder als die Zwillinge einen kleinen Garten anlegten und wir alle Kartoffeln herauszogen, ehe sie reif waren?“
„Fischen und Krabben fangen auf Long Island …“
„Baseball spielen …“
Der Nachmittag, voll dieser Erinnerungen, erfüllte die Schwestern mit Wärme. „Wer hätte je geglaubt“, dachte Daisy lächelnd, „dass du einmal einen britischen Peer heiraten würdest und ich …“ Sie zögerte. „… als alte Jungfer ende.“
„Sei nicht albern“, erwiderte Lillian ruhig. „Es ist offensichtlich, dass du keine alte Jungfer werden wirst.“
Weiter näherten sie sich in ihrem Gespräch nicht Daisys Beziehung zu Matthew Swift. Doch als Daisy über Lillians ungewöhnliche Zurückhaltung nachdachte, wurde ihr klar, dass die Schwester keinen Streit mit ihr wollte. Und wenn das bedeutete, dass Matthew Swift ein Teil der Familie werden würde, dann würde Lillian ihr Möglichstes tun, um ihn zu ertragen. Daisy wusste, wie schwer es ihrer Schwester fiel, ihre Meinung für sich zu behalten, und daher sehnte sie sich danach, sie in die Arme zu nehmen. Stattdessen streckte sie die Hand nach dem Griff des Kinderwagens aus. „Ich bin mit Schieben an der Reihe“, sagte sie.
Sie setzten ihren Spaziergang fort.
Daisy griff die Erinnerungen wieder auf. „Weißt du noch, wie das Kanu im Teich kenterte?“
„Mit der Gouvernante darin“, fügte Lillian hinzu. Sie lächelten einander an.
Am Samstag kehrten die Bowmans als Erste zurück. Wie es vorauszusehen gewesen war, hatten sich die Shakespeare-Festspiele als reine Folterqual für Thomas erwiesen.
„Wo ist Swift?“, verlangte er zu wissen, kaum dass er das Haus betreten hatte. „Wo ist Westcliff? Ich will einen Bericht über ihre Verhandlungen.“
„Sie sind noch nicht zurück“, erwiderte Lillian, die ihm in der Eingangshalle entgegenkam. Sie bedachte ihren Vater mit einem leicht vorwurfsvollen Blick. „Willst du mich nicht fragen, wie es mir geht, Vater? Willst du nicht wissen, was das Baby macht?“
„Ich sehe selbst, dass es dir gut geht“, gab Bowman zurück. „Und ich vermute, dass es dem Baby ebenfalls gut geht, sonst hättest du es mir schon gesagt. Wann werden Swift und Westcliff zurückerwartet?“
Lillian zog eine Grimasse. „Jeden Moment.“
Doch ganz offensichtlich waren die Reisenden aufgehalten worden, vielleicht wegen der Probleme, die das Reisen im Frühling allgemein mit sich brachte. Das Wetter war unberechenbar, die Landstraßen reparaturbedürftig, Kutschen wurden schnell beschädigt, und Pferde trugen häufig Verletzungen davon.
Als der Abend sich näherte und es noch immer kein Zeichen von Westcliff und Matthew gab, erklärte Lillian, sie würden jetzt mit dem Dinner beginnen, sonst wäre der Koch verärgert.
Es war ein verhältnismäßig intimes Essen, an dem außer den Bowmans nur noch zwei Familien teilnahmen, darunter der Pastor und seine Frau. Während des Essens betrat auf einmal der Butler den Raum und flüsterte Lillian etwas ins Ohr. Sie errötete, lächelte, und ihre Augen erstrahlten, als sie den Anwesenden berichtete, dass Westcliff eingetroffen war und ihnen bald Gesellschaft leisten würde.
Daisy behielt eine ruhige Miene bei, als wäre dies eine Maske, die ihr ins Gesicht geklebt worden war. Unter der Oberfläche jedoch durchzuckten die unterschiedlichsten Empfindungen ihren Leib. Als sie bemerkte, dass das Besteck in ihren Händen sichtbar zu vibrieren begann, legte sie es nieder und ließ die Hände auf dem Schoß ruhen.
Nur halb hörte sie
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