Verbotene Früchte - Spindler, E: Verbotene Früchte
die tropfende Nase, und die Direktorin reichte ihr ein Papiertaschentuch. „Ich habe Glory auch zu überreden versucht, Ihnen alles zu sagen.“
„Aber sie hat nicht auf dich gehört.“ Glorys Mutter stand auf und nahm Handtasche und Mantel. „Wie bequem.“
„Weil sie Angst hatte. Sie fürchtete, Sie wären mit dieser Freundschaft nicht einverstanden und würden sie und Santos auseinander bringen.“
„Und wieso auch nicht?“ wütete Hope. „Dieser Victor Santos ist noch mehr als ein Halunke. Er sucht sich junge, unerfahrene Mädchen als Opfer. Verachtenswert.“
„Aber nein. Er ist nicht …“ Liz begann so heftig zu weinen, dass ihre Schultern bebten. „Wenn Sie ihn doch nur kennen und mit ihm reden würden.“
„Das habe ich bereits. Ich weiß, was für ein Typ Junge dieser Santos ist.“ Hope zog mit heftigen Bewegungen die Lederhandschuhe an. „Hast du auch nur einmal daran gedacht, zu mir oder Schwester Marguerite zu kommen? Ist es dir auch nur einmal durch den Sinn gegangen, dass Glory sich vielleicht selbstzerstörerisch verhält und Führung braucht?“
Liz hob den tränenfeuchten Blick. „Sie ist meine Freundin. Ich konnte nicht anders … ich musste ihr helfen. Sie liebt ihn so sehr.“
Hope sah Liz feindselig an und beugte sich hinunter, bis ihr Gesicht nah vor ihrem war. „Ich dulde nicht, dass Glory den unkeuschen Weg so vieler anderer Mädchen geht. Hast du mich verstanden? Glory ist anders, sie erliegt leicht der Versuchung. Ich werde dafür sorgen, dass das nicht geschieht. Gleichgültig, was ich dafür tun muss.“
Liz presste sich schaudernd fester an die Stuhllehne. Ihr war, als hätte sie der eisige Hauch des Todes gestreift. Arme Glory, dachte sie voller Mitgefühl. Was für eine Tortur musste es gewesen sein, bei einer solchen Mutter aufzuwachsen. Liz konnte sich so etwas nicht mal vorstellen.
Und nun habe ich ihr das angetan.
Hope richtete sich wieder auf. Sobald sie sich der Schwester zuwandte, nahm ihr hassverzerrtes Gesicht einen neutralen Ausdruck an. „Ich kann Ihnen gar nicht sagen, wie sehr mich diese Situation betrübt. Glory besucht die A. I. C., damit sie vor solchen Einflüssen geschützt wird. Philip und ich stiften dieser Institution eine Menge Geld, damit die Standards eingehalten werden. Ich erwarte von Ihnen, dass Sie diese … Situation sofort bereinigen. Habe ich mich deutlich ausgedrückt?“
Schwester Marguerite seufzte: „Wir könnten zunächst andere Möglichkeiten prüfen. Ich möchte nicht übereilt handeln.“
„Übereilt?“ wiederholte Hope und zog missbilligend die Brauen hoch. „Ich glaube kaum, dass das, worüber wir reden, übereilt ist. Hoffen wir, dass ich nicht ,übereilt‘ handele, wenn es Zeit für eine neue Spende ist.“
Schwester Marguerite verneigte sich leicht. „Ich werde mich darum kümmern, Mrs St. Germaine.“
Liz stockte der Atem. Fast hysterisch blickte sie von einer Frau zur anderen. Glorys Mutter hatte gesagt, sie würde die Schwester überreden, nachsichtig zu sein. Stattdessen bestand sie darauf, dass sie, Liz, hinausgeworfen wurde. Hope St. Germaine hatte kalt und gerissen gelogen und sie ausgetrickst, damit sie ihre beste Freundin verriet.
Was sollte sie tun?
Liz sprang erregt auf und wandte sich an Glorys Mutter. „Bitte, Mrs St. Germaine! Bitte, tun Sie das nicht! Glory ist meine beste Freundin. Ich wollte ihr nur helfen! Ich hätte nie etwas getan, ihr zu schaden. Bestimmt nicht.“
„Dafür ist es jetzt zu spät, nicht wahr?“ Hopes Stimme bebte vor unterdrücktem Zorn. „Glory ist verdorben, ruiniert.“
„Ich brauche dieses Stipendium.“ Liz begann wieder zu weinen, geschüttelt von verzweifelten Schluchzern. „Ich bitte Sie, lassen Sie mich nicht von der Schule weisen!“
„Daran hättest du früher denken müssen“, schnaubte Hope St. Germaine verächtlich und wandte sich an die Schulleiterin. „Schwester?“
Die Nonne nickte, und Liz sah Glorys Mutter den Raum verlassen. Dann wandte sie sich der Schwester zu und erkannte an ihrem verschlossenen Gesicht, dass sie diese ganze Sache beunruhigend und abscheulich fand. Liz wusste, dass betteln sinnlos war, aber sie konnte nicht einfach aufgeben.
„Bitte, Schwester Marguerite!“ flehte sie. „Ich brauche dieses Stipendium. Ich verspreche, ich werde keine Schwierigkeiten mehr machen. Ich verdreifache meine Stunden im Büro, und die übrige Zeit widme ich ausschließlich dem Lernen.“
„Das reicht, Elizabeth. Bedaure, ich kann
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