Verbotene Leidenschaft
nicht gesagt?«, frage ich und räume Annabels Geschirr ab.
»Dir gesagt?« Marc setzt sich auf einen Hocker und lässt ein Bein baumeln.
»Dass deine Besucherin deine Schwester ist. Und dass sie krank ist.«
»Krank? So kann man es auch bezeichnen.«
»Ich habe mir alles Mögliche ausgemalt.«
»So?« Marc hebt eine Braue. »Du warst eifersüchtig?«
Ich blicke zu Boden. »Vielleicht. Ein bisschen. Meine Fantasie ist mit mir durchgegangen.«
Marc lacht leise. Augenblicklich überkommt mich wieder dieses flaue Gefühl im Magen.
»Ich dachte immer, nur Menschen wie ich hätten diese dunklen Regungen.«
»Vielleicht bin ich ja nicht der Engel, für den du mich hältst.«
»Doch, bist du. Aber vielleicht bist du es nicht mehr, wenn ich erst mit dir fertig bin.«
»Heißt?«
»Du weißt genau, was ich damit meine.«
Mein Magen schlägt einen Purzelbaum, und wieder einmal verspüre ich den vertrauten Drang, mich in seine Arme zu stürzen – ein Gefühl, das mich fast um den Verstand bringt. Doch diesmal widerstehe ich der Versuchung. Es gibt ernste Dinge zu besprechen.
»Ich verstehe nicht, weshalb du so ein Riesengeheimnis darum machen musstest«, fahre ich fort. »War sie das vorhin am Telefon? Als wir im Hotel waren?«
Marc nickt langsam, ohne den Blick von mir zu lösen.
»Und die Person, mit der du dich unbedingt treffen musstest? Die dir helfen sollte, deine Zukunft auf die Reihe zu bekommen?«
»Annabel muss wieder auf die Beine kommen. Sie muss sich von ihrem Freund trennen und ihr Leben wieder in den Griff bekommen, sonst werde ich meine Wut niemals bezwingen können. Und solange ich diese Wut in mir habe, wird es auch immer eine Barriere zwischen uns geben.«
»Wieso hast du mir nichts davon erzählt?«
Marc breitet die Hände aus. »Ich wollte nicht, dass du dich jetzt schon mit … so etwas … auseinandersetzen musst. Du solltest sie erst kennenlernen, wenn sie sich ein bisschen erholt hat. Im Moment ist sie auf Entzug. Tag vier. Zum ersten Mal ist Licht am Ende des Tunnels.«
»Wie können wir sie dabei unterstützen?«
Marc schüttelt lächelnd den Kopf. »Und du fragst dich, wieso ich dich so liebe? Du kennst sie kaum, trotzdem willst du ihr helfen. Die meisten Leute würden sie bloß als erbärmlichen Junkie bezeichnen und die Beine in die Hand nehmen.«
»Natürlich denke ich nicht so. Sie ist ein menschliches Wesen. Jeder von uns hat seine Probleme. Und ich würde ihr gern helfen, wenn ich kann. Sie ist deine Schwester. Weshalb sollte ich nicht helfen wollen?«
»Dafür wird ein bisschen mehr nötig sein als ein paar Teller Suppe, Sophia.« Er stützt den Kopf auf die Hände. »Tut mir leid, so habe ich es nicht gemeint. Ich wollte damit nicht sagen …« Er hält inne. »Ich liebe dich dafür, dass du das für sie getan hast. Aber wir führen diesen Kampf schon seit Jahren. Seit vielen Jahren. Sie will aufhören, aber etwas lässt sie immer wieder rückfällig werden. Nein, nicht etwas, sondern jemand . Ihr Freund.«
»Der, den du niedergeschlagen hast?« Die Worte sind aus mir herausgeplatzt, ehe ich es verhindern konnte.
❧ 36
M arcs Augen weiten sich. »Woher …?«
»Von Jen. Sie ist in der PR-Branche, schon vergessen?«
»Ah, genau. Die PR-Bulldogge. Ehrlich gesagt, war sie meine Hauptverdächtige in der Frage, wer der Presse verraten hat, wo wir abgestiegen sind.«
»Jen?« Ich bin außer mir vor Wut. »So etwas würde sie niemals tun. Wir sind wie Schwestern. Wie kannst du so etwas von ihr denken?«
Marcs Lippen kräuseln sich zu einem sexy Lächeln. »Eifersüchtig und heißblütig? Ich lerne ja ganz neue Seiten an Ihnen kennen, Miss Rose.«
Ich stoße den Atem aus. »Es war ein harter Tag.«
»Allerdings. Vielleicht bin ich nicht so vertrauensselig wie du. Aber keine Sorge, ich habe meine Lektion gelernt. Mittlerweile habe ich begriffen, wie viel Jen dir bedeutet. Ich nehme alles zurück.«
»Danke.« Ich zögere. »Marc?«
»Ja?«
»Wer ist Emily?«
Einen Moment lang starrt er mich wortlos an. »Woher …?«
»Ich habe den Namen auf der Rückseite des Familienfotos gesehen. In der Schachtel in deinem Schlafzimmer. Hast du noch eine Schwester?«
»Nein.« Marc schüttelt den Kopf. »Emily war der Name, den unsere Mutter ihr gegeben hat. Aber nach ihrem Tod sind wir in die Staaten gezogen, und mein Vater hat ihn in Annabel ändern lassen. Emily klang ihm zu billig.«
»Das ist ja schrecklich. Klingt, als wäre er ziemlich verrückt
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