Verbotene Leidenschaft
zusammen sein können.
»Ich werde dich nicht weiter belästigen. Du gehst deiner Wege, ich meiner. Es wird sein, als hätte es uns niemals gegeben.«
Als hätte es uns niemals gegeben. Ich spüre einen dicken Kloß im Hals und habe Mühe, mich nicht zu übergeben.
Die Leitung ist tot.
❧ 49
D as Queen’s Theatre auf dem Ivy-Campus. Wo Marc und ich uns das erste Mal geküsst haben. Mit zitternden Knien öffne ich die Tür.
Es ist reichlich seltsam, Davina und Leo hier zu sehen. Natürlich gehören sie als Theaterleute auf eine Bühne, aber eben nicht auf diese.
»Sophia«, schallt Davinas schrille Stimme durch den Zuschauerraum. »Hopp, hopp, auf die Bühne mit Ihnen, und zwar schnell. Wir haben keine Zeit zu verplempern.«
Bilder von Marcs wunderschönem Gesicht und seinen starken Armen flackern vor meinem geistigen Auge auf, als ich auf die Bühnentreppe zugehe. Marc und ich auf der Bühne, überwältigt von einem Kuss, zu dem es niemals hätte kommen dürfen.
»Los, los«, ruft Davina.
Ich kann seinen Kuss förmlich auf meinen Lippen spüren, als ich die Treppe hinaufgehe. Marc, so düster und Ehrfurcht gebietend, mit dieser unverbrämten Leidenschaft. Ich, in seinen Armen, verloren und von ihm wiedergefunden.
»Hey.« Leo nimmt meinen Arm. »Tut mir leid wegen vorhin. Plötzlich warst du weg, und ich konnte dich nicht festhalten.«
»Ich bin gestolpert.«
»Nächstes Mal lässt du meine Hand nicht los«, erklärt er. »Aber immerhin haben sie jetzt das Foto, das sie unbedingt haben wollten. Morgen erscheint es in sämtlichen Zeitungen.«
»Wenn du mich fragst, haben sie mehr bekommen, als sie sich je erhoffen konnten.« Ich muss wieder an Marc denken, wie er mich durch die Menge trägt.
»Okay«, ruft Davina. »Fangen wir an. Los, jetzt. Szene zwölf. Beast führt Beauty durch sein Schloss. Auf geht’s.«
Verzweifelt durchforste ich mein Gedächtnis nach dem Text.
»Nein, nein, nein.« Davina packt mich am Arm. »Sie müssen dort drüben stehen, nicht hier. Beast muss Sie zu sich rufen.«
»Oh. Okay.« Prompt gerate ich ins Straucheln.
Pause.
»Los, Text!«, kreischt Davina.
»Oh … Entschuldigung, ich wusste nicht, dass ich schon anfangen soll.«
Davina verdreht genervt die Augen. »Eine Amateurin. Leo, du bist der Profi hier. Fang du an. Unsere kleine Miss Rose hat Probleme, den Mund aufzukriegen.«
»Aber …«
»Text!«, unterbricht sie mich.
Leo lächelt entschuldigend und fängt an. »Von nun an seid Ihr die Herrin dieses Hauses«, erklärt er mit einer Verbeugung, die fast bis zum Boden reicht.
»Aber das ist nicht mein Wunsch«, gebe ich zurück. »Sondern einzig und allein, frei zu sein.«
»Halt. Halt!«, ruft Davina. »Sophia, ich brauche mehr Profil. Zeigen Sie mir Profil.«
In zwei Zeilen?
Ich versuche es noch einmal, aber wieder fällt sie mir ins Wort.
»Großer Gott, haben Sie etwa noch nie auf einer Bühne gestanden? Ich brauche Größe. Drama. Lieber Gott, Sie sind zu gar nichts nütze.«
So geht es die ganze Probe über. Davina hat an allem, was ich tue, etwas auszusetzen.
Als sich der Abend nähert, bin ich todmüde und deprimiert. So scharfe Kritik. Marc fehlt mir derart, dass ich es keine Sekunde länger zu ertragen glaube.
Normalerweise ist es das Allergrößte für mich, auf der Bühne zu stehen, weil hier oben all meine Sorgen auf einen Schlag vergessen sind. Aber heute war es die reinste Hölle. Das muss anders werden.
»Okay«, ruft Davina, »wir sind so gut wie fertig.« Sie schnippt mit den Fingern. »Einen Song noch zum Schluss. Sophia. Forever and You. Los.«
O nein. Das Lied über den Vogel im Käfig.
Los, bring’s einfach hinter dich, Sophia.
Davina wirft die Musik an. Ich hebe das Kinn, hole tief Luft und fange an. Es geht. Zwar nicht besonders gut, aber akzeptabel. Bei der Zeile Like a bird in the cage gerate ich kurz ins Straucheln, fange mich aber schnell wieder.
»Grauenhaft«, schreit Davina. »Absolut grauenhaft. Wie beim Karaoke-Abend. Und diese Stelle mit dem Vogel im Käfig haben Sie komplett vergeigt.«
Ich werde stocksteif. »Davina, ich lerne noch, okay? Ich bin noch kein großer Hollywoodstar wie Leo und habe auch noch nicht in Hunderten Filmen mitgespielt, sondern bin jung und unerfahren. Aber ich arbeite hart an mir und werde mich bemühen, alles richtig zu machen.«
»Ich hoffe bloß, es dauert nicht zu lange«, gibt Davina zurück. »Sonst fliegt uns diese Inszenierung um die Ohren.«
Ich muss wieder an die
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