Verbotene Lust
dieser beiden Männer sein. Das Erlebnis hatte einen schalen Geschmack bei ihr hinterlassen. Sie fühlte sich leer. Verraten.
Aber sie hatte es nicht anders gewollt.
4. Kapitel
»Sonja?«
Sie schreckte hoch. War sie eingeschlafen?
Es dauerte etwas, bis sie wusste, wo sie war. Was passiert war. Sie richtete sich auf und versuchte, im Dunkel ihres Schlafzimmers etwas zu erkennen.
Im Flur brannte Licht.
Sie stand auf und ging zur Tür. Wenigstens hatte sie die Schuhe abgestreift, ehe sie ins Bett gefallen war, aber sie trug noch das Kleid, und obwohl sie im Hotel geduscht hatte, glaubte sie, dass noch immer der Geruch der beiden Männer an ihr haftete.
»Guten Morgen.« André stand im Flur. Er zog gerade seine Laufschuhe an, richtete sich auf und kam auf sie zu. »Meine Güte, du siehst ja fertig aus. Warst du so lange auf der Hochzeit?«
Stumm schüttelte sie den Kopf. Sieh mich an, dachte sie verzweifelt. Sieh mich doch einfach an, damit ich dir erzählen kann, dass ich mich von zwei fremden Männern hab ficken lassen, weil du nicht da warst.
»War für mich auch ’ne lange Nacht. Es tut mir leid, dass ich nicht kommen konnte.« Er legte die Pulsuhr ums Handgelenk.
»Du willst noch weg?«, fragte sie überflüssigerweise.
»Ich dreh ’ne Runde, sonst kann ich nicht schlafen. Machst du uns Frühstück? Ich bin in einer Dreiviertelstunde wieder da.«
Sie nickte. Die Tür schlug hinter ihm zu.
Er hatte ihr nicht mal einen Kuss gegeben.
Müde hatte er ausgesehen. Ausgelaugt. So, wie sie sich fühlte.
Sie ging ins Bad. Schon wieder wollte sie sich duschen und die Erinnerung an die vorangegangene Nacht von ihrem Körper waschen. Sie stützte beide Hände aufs Waschbecken und starrte sich im Spiegel an. Sie sah nicht bloß müde aus. Geradezu verhärmt, als drückte sie ein Kummer nieder, den sie nicht genau benennen konnte.
Sie warf das Kleid nachlässig neben den Wäschekorb, zog sich aus und stieg unter die Dusche. Anschließend cremte sie sich mit ihrer liebsten Bodylotion ein, fönte ihre langen roten Locken, ging nackt ins Schlafzimmer und zog sich an. Baumwollunterwäsche, Jeans, T-Shirt, darüber einen kuscheligen Pullover. Sie wollte heute nicht sexy sein. Eigentlich wollte sie nur ihre Ruhe haben.
André brachte von seiner Joggingrunde die Sonntagszeitung mit. Sie frühstückten in einträchtigem Schweigen. Sonja konnte sich nicht auf den Artikel im Feuilleton konzentrieren, obwohl das Thema sie interessierte. Sie räusperte sich, raschelte mit der Zeitung und schaute André über den Tisch hinweg an.
»Du hast gar nicht gefragt, wie’s war«, sagte sie.
»So? Wie war’s denn? Schöne Hochzeit?« Er lächelte mechanisch. »Schöner als unsere?«
Sonja lachte. Es klang nicht mal echt. Sie stand aufund stellte ihren Kaffeebecher in den Vollautomaten. »Möchtest du auch noch Kaffee?«
»Lieber nicht. Die Nacht war echt die Hölle. Muss morgen früh um acht wieder zum Dienst – ist wohl das Beste, wenn ich gleich schlafen gehe.«
Sie nickte nur stumm. Natürlich. Sein Beruf verlangte das von ihm.
»Ich weiß übrigens nicht, wie die Hochzeit war.« Sie beobachtete den Kaffee, der aus dem Ausguss tropfte. Die Maschine musste wieder entkalkt werden. »Ich bin nicht lang genug geblieben.«
»Nicht?« Jetzt hatte sie seine Aufmerksamkeit.
»Ich hab zwei Typen kennengelernt. Und na ja … ich hatte keine Lust mehr auf Melone mit Schinken, auf diese ganzen Reden und all das. Wir sind abgehauen.«
Er schwieg. Sie wandte ihm den Rücken zu. Der Kaffee war längst fertig, aber sie wartete.
Sag doch irgendwas, dachte sie wütend. Irgendwas wirst du dazu doch wohl sagen können!
»Na ja«, sagte er. Die Zeitung raschelte, sein Geschirr klirrte. Er stellte Teller und Kaffeebecher in die Spüle.
»Ich leg mich hin.«
Sie fuhr zu ihm herum. »Das ist alles? Mehr hast du nicht zu sagen?«, schrie sie ihm nach. Er verschwand im langen Flur, hob nur die Hand, als wollte er ihre Worte ausblenden.
»Und weißt du was? Weißt du, was das Tolle daran war?«, rief sie und folgte ihm ins Schlafzimmer. »Weißt du, dass es einfach toll war, weil sie mich nicht im Alltag genervt haben? Dass sie mich nicht behandelt haben, als wäre ich einfach ein … ein …« Ihr fehlten dieWorte. »Ein Möbelstück, über das man ja nach all den Jahren mal hinwegsehen kann?«
André saß auf der Bettkante. Sie blieb in der Tür stehen.
»Was ist denn nur los?«, fragte er leise. »Was habe ich dir angetan, Sonja?
Weitere Kostenlose Bücher