Verbotene Lust
Warum bist du so … vergiftet?«
Sie fühlte sich schlecht.
»Du hast mich versetzt.«
»Aber das habe ich doch nicht absichtlich getan«, wandte er sanft ein. »Ich wäre gekommen, wenn ich gekonnt hätte. Und ich bin froh, dass du trotzdem den Abend genießen konntest. Wenn auch nicht beim Walzer.«
Sein Lächeln wirkte so müde. Jetzt tat ihr schon wieder leid, wie sie ihn behandelt hatte. Sie ging zu ihm, sank vor ihm auf die Knie. »Entschuldige«, flüsterte sie. »Das hätte ich nicht sagen dürfen. Du bist müde, du hast die ganze Nacht gearbeitet …«
»Schon gut«, erwiderte er. »Ich möchte jetzt bloß schlafen.«
Sie fühlte sich von ihm zurückgestoßen. Er stand auf, schob sich an ihr vorbei und ging ins Bad. Sie blieb hocken, lauschte dem Rauschen des Wassers und schalt sich eine Idiotin.
Höchste Zeit, endlich wieder etwas richtig zu machen.
Sie ging ins Arbeitszimmer und schaltete den Computer an. Vielleicht konnte sie ja heute schreiben.
Nein, das musste anders heißen: Hoffentlich konnte sie schreiben. Sie musste schreiben.
Die nächsten Stunden verbrachte sie in der Stille desArbeitszimmers. Sie starrte auf den Bildschirm ihres Computers. Und tippte hin und wieder ein Wort, einen halben Satz.
Nichts von alledem klang auch nur ansatzweise … gut.
Langweilig. Das traf’s schon eher.
Nachmittags stand André auf, sie hörte ihn in der Küche. Danach war er im Wohnzimmer, schaute sich einen Film an. Sie ging nicht zu ihm. Sie wollte endlich vorankommen. Aber das ging wohl kaum, wenn sie hier saß und nichts tat!
»Sonja?« Sanft klopfte er an die Zimmertür. »Geht es dir gut?«
Nein.
»Komm rein.«
»Ich hab überlegt, ich könnte uns was beim Chinesen bestellen.«
Sie drehte sich zu ihm um. Wann ist uns bloß die Leichtigkeit verlorengegangen?, fragte sie sich. Er wirkte so … verzweifelt. Als versuchte er, an etwas festzuhalten, das nicht mehr da war.
Sonja wusste, wie es sich anfühlte. Es ging ihr genauso.
»Chinesisch wäre prima. Für mich das Hühnchen Chop Suey.«
»Ich weiß.« Er zögerte.
»Ist noch was?«, fragte sie.
»Nein, nein, schon gut. Ich bestell uns was zu essen. Musst du noch lange arbeiten? Oder wollen wir heute Abend einen Film schauen?«
Sie blickte auf ihren Bildschirm. Zwei Seiten. Nur zwei Seiten.
»Ich fürchte, daraus wird nichts«, sagte sie leise. »Tut mir leid.«
»Mir auch«, antwortete er. »Mir doch auch.«
Er ließ sie wieder allein.
Am liebsten hätte sie mit beiden Fäusten auf die Tastatur geschlagen. Herrgott, war denn alles zu spät?
Stand ihre Ehe tatsächlich vor dem Aus?
Sonja sprang auf. Sie lief ihm nach, fand ihn im Wohnzimmer, wo er sich gerade ein Glas Rotwein einschenkte. »Wir müssen reden«, sagte sie.
Erstaunt musterte er sie.
»Über das, was hier passiert.« Und weil er immer noch so verständnislos schaute, fügte sie geradezu wütend hinzu: »Unsere Ehe.«
Er seufzte. »Sonja …«
»Es geht so nicht weiter. Du hast dich an unserem Hochzeitstag mit diesem weißgekleideten Blondchen im Swingerclub vergnügt, obwohl ich versucht habe, dir deutlich zu machen, dass ich es nicht wollte. Und ich …« Sie spürte Tränen in ihren Augen, die sie trotzig wegwischte. »Ich habe mich nicht mit Isabels Hochzeitsempfang aufgehalten, sondern von zwei Männern so ausgiebig ficken lassen, dass ich nicht mehr wusste, wo der eine Orgasmus aufhörte und der nächste anfing.«
Seine Züge verhärteten sich. »Davon hast du mir nichts erzählt.«
»Wie denn?«, kreischte sie. Jetzt stampfte sie mit dem Fuß auf und war die hysterische Ehefrau, die sie nie hatte werden wollen. »Wie hätte ich dir davon erzählen können, wenn du doch so … abweisend bist?«
Atemlos hielt sie inne. Sie starrten sich stumm an,und Sonja versuchte, ihr rasendes Herz zu beruhigen. André stand auf.
»Ich bin nicht abweisend«, sagte er sanft. »Sonja, ich liebe dich von ganzem Herzen, und nichts läge mir ferner, als dir so weh zu tun.« Er schloss sie in die Arme. »Du zitterst ja. Komm, setzen wir uns.«
Gehorsam ließ sie sich von ihm zum Sofa führen. Er drückte ihr sein Weinglas in die Hand, und sie trank, als wäre es Wasser.
»Was schlägst du vor?«, fragte er, nachdem sie sich ein wenig beruhigt hatte.
Sonja zuckte hilflos mit den Schultern. »Ich weiß es nicht«, flüsterte sie.
»Darf ich etwas vorschlagen?«
Sie nickte.
»Ich weiß, was dir Sorge bereitet«, begann er vorsichtig. »Vielleicht haben wir es zuletzt
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