Verbotene Sehnsucht
achten werde, Sie als den ehrenwerten Gentleman hinzustellen, als der Sie sich erwiesen haben.«
Er erhob sich. » Wenn ich in Zukunft irgendetwas für Sie tun kann«, meinte er und starrte auf ihre Taille, » um Ihnen zum Beispiel hinsichtlich Ihrer… äh, Ihrer Lage irgendwelche Unterstützung zu gewähren, dann zögern Sie bitte nicht, sich an mich zu wenden.«
» Vielen Dank, Lord Rutherford. Sie sind zu freundlich. Ich werde Ihr Angebot nicht vergessen.« Lady Victoria erhob sich ebenfalls.
» Wenn Sie nichts dagegen haben, würde ich gerne durch die Gartenpforte verschwinden. Ich denke, es ist das Beste, einer Begegnung mit Ihrer Mutter im Augenblick aus dem Weg zu gehen.«
Victoria lächelte. » Das kann ich sehr gut verstehen.«
James verließ das Anwesen der Spencers. Ihm war eine tonnenschwere Last von den Schultern genommen, sein Junggesellenleben gerettet. Junggesellenleben? Sofort schoben sich Gedanken an Missy in den Vordergrund, die ihn seit einiger Zeit ohnehin kaum einmal verließen.
Auch er steckte in einer Zwickmühle. Ja, er hatte sie ruiniert, wie man das nannte, daran konnte es keinen Zweifel geben. Aber zugleich dachte er in den lebhaftesten Einzelheiten daran, wie himmlisch es mit ihr gewesen war. Um aufrichtig zu sein, zehrte er seit zwei Wochen von diesen Erinnerungen. Nicht nur er, sondern ebenso ein gewisser Teil seiner Anatomie, der bei dem kleinsten Gedanken an Missy begierig zu neuem Leben erwachte.
Er nahm auf dem schwarzen Polster seines Jagdwagens Platz und griff nach den Zügeln, ließ mit einer festen Drehung seines Handgelenks seine Rappen antraben. Klick-klack-klick-klack tönten die beschlagenen Hufe auf dem Kopfsteinpflaster.
James musste zunächst einmal gründlich in sich gehen, was er als Nächstes tun wollte. Dazu brauchte er Zeit. Zum Nachdenken. Und zum Pläneschmieden.
17
M r. Wendel war ganz anders, als Missy ihn sich vorgestellt hatte. Mindestens einsachtzig groß und von kräftiger, muskulöser Statur, die sie an einen Boxer erinnerte. Sein dichtes hellbraunes Haar trug er zu lang, um noch modisch zu sein, und sein reifes Gesicht verriet einen Mann in den Vierzigern. Nur sein jugendliches Lächeln wich davon ab und trug wesentlich dazu bei, ihn zu einer attraktiven Erscheinung zu machen.
Thomas stand plaudernd neben ihm, während sie ihrer Mutter in die Bibliothek folgte. Die beiden Männer drehten sich bei ihrem Erscheinen um, und es war der Ausdruck auf dem Gesicht des Besuchers, der Missy amüsierte. Seine Augen glitten irgendwie ehrfürchtig zwischen Mutter und Tochter hin und her, bevor sie auf der Viscountess haften blieben, bis er sich schließlich sichtlich einen Ruck gab und zu einer höflichen Begrüßung ansetzte.
Die Ältere, die solch anerkennende Blicke von Männern gewöhnt war, lächelte warmherzig und streckte ihm die Hand entgegen. » Guten Tag, Mr. Wendel. Ich hoffe, dass ich Ihnen mit meiner Bitte nicht zur Last falle. Allerdings war mir nicht klar, dass Sie mich persönlich aufsuchen würden.«
» Lady Armstrong, ich sah keine andere Möglichkeit, Ihnen zu versichern, dass Ihre Tochter auf unseren Schiffen bestens aufgehoben ist.« Er ergriff ihre Hand, schüttelte sie langsam und sanft, und falls er sie zu lange festhielt, ließ es sich die Viscountess nicht anmerken.
» Und Sie müssen die älteste Tochter sein«, meinte er und richtete die schokoladenbraunen Augen auf Missy. » Ihr Bruder hat mir nicht verraten, dass Sie eine solche Schönheit sind.« Er warf Thomas einen spöttisch-vorwurfsvollen Blick zu, und der junge Viscount verdrehte die Augen. Als Mr. Wendel seine Aufmerksamkeit wieder auf sie richtete, entdeckte sie in seinem Blick eine Bewunderung, mit der Kunstliebhaber ein außergewöhnliches Objekt betrachteten, während in der Art, mit der er ihre Mutter anschaute, unverkennbar männliches Interesse, wenn nicht gar Begehren gelegen hatte.
Wenn sie wegen der Ereignisse der vergangenen Woche nicht so unendlich erschöpft gewesen wäre, hätte Missy ihn mit noch größerer Begeisterung willkommen geheißen. Aber wie die Dinge nun einmal lagen, gelang ihr nur ein mattes Lächeln, als sie ihm die Hand reichte. » Danke, Sir. Ohne Ihre Versicherungen würde meine Mutter mir die Reise nicht erlauben. Ich stehe also tief in Ihrer Schuld.«
Beflissen schüttelte er ihr die Hand, jedoch wiederum anders als bei Ihrer Mutter keine Sekunde länger, als der Anstand es gebot. » Wie ich Thomas bereits erklärt habe«, sagte er
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