Verbotene Sehnsucht
Verheiratung redete, doch er ließ sich nichts anmerken.
» Ich wäre dir sehr dankbar, wenn du ihr nichts über die Schwangerschaft erzählen würdest«, bat er.
Armstrong schien überrascht. » Darum musst du nicht eigens bitten. Das werde ich ihr ersparen, obwohl es nur eine Frage der Zeit sein wird, bis sie es erfährt. Wenn wir Glück haben, ist sie in ein paar Wochen darüber hinweg.«
Zweifelnd verzog James das Gesicht. Er wusste es besser, wie tief Missys Kummer ging. Natürlich würde und musste sie es früher oder später erfahren, doch er wollte es lieber noch ein wenig hinausgezögert wissen. Er war nicht darauf vorbereitet, dass es jetzt schon geschah.
Armstrong erhob sich. » Dein Geheimnis ist bei mir bestens aufgehoben.« Cartwright schickte sich ebenfalls zum Gehen an, und James fiel auf, dass seine Bewegungen einem träge schleichenden Panther glichen.
Schweigend begleitete er seine Freunde durch das Foyer zur Tür. Cartwright hatte die Hand bereits auf dem Türknauf, als er sich noch einmal umdrehte. » Wann dürfen wir mit der offiziellen Verlobungsanzeige rechnen?«, meinte er mit leichter Ironie in der Stimme.
Diesmal gab James sich keine Mühe, seine düstere Miene zu verbergen. » Scher dich zum Teufel«, brummte er.
Cartwright warf den Kopf zurück und lachte auf, bevor er mit Armstrong dicht auf den Fersen nach draußen verschwand. James stieß die Tür mit dem Stiefel zu und empfand eine gewisse Befriedigung, als sie geräuschvoll ins Schloss krachte.
14
Z wei Tage nach dem Ball in Devonshire House fand Missy sich in der wenig beneidenswerten Lage wieder, bei Lady Brighams musikalischer Soiree direkt neben Miss Jessica Lindley zu sitzen, einem der größten Klatschmäuler der Stadt. Die unverheiratete junge Dame wusste nämlich über jede Taktlosigkeit und jeden Skandal in der Gesellschaft Bescheid, noch bevor man es in den Klatschblättern nachlesen konnte, und sie legte eine ausgesprochene Energie an den Tag, damit diese Neuigkeiten auch schnell die Runde machten. Claire hatte es besser getroffen, denn sie nahm den anderen Platz neben Missy ein.
Nachdem die üblichen Höflichkeiten ausgetauscht waren, hoffte Missy, dass Miss Lindley sie in Ruhe ließ, und schaute sich in dem hellen Raum mit den gelben Vorhängen um, bewunderte den glänzenden weißen Flügel, der in der Mitte der Bühne stand. An den Wänden hingen Kohlezeichnungen, auf denen alle möglichen Musikinstrumente abgebildet waren.
Die Soiree war gut besucht, und mehr Gentlemen als üblich saßen auf den gepolsterten Stühlen. Lady Brigham präsentierte alle vier Töchter, von denen die beiden älteren, Zwillinge, ihre zweite Saison absolvierten, während die jüngeren Mädchen im folgenden Jahr debütieren sollten. Ihre Mutter hoffte sehr, dass die Zwillinge dann unter der Haube sein würden. Die Jagd nach einem Ehemann war nämlich eine überaus kostspielige Angelegenheit.
Direkt vor ihr saß Lord Crawley, farbenfroh gekleidet mit einem auffällig gemusterten violetten Jackett, einer maulbeerfarbenen Weste und einer rötlichen Hose, und überschüttete die entzückte Lady Jane Coverly gerade mit Lobeshymnen. Was erneut die Gerüchte um seine zerrütteten Finanzen nährte, denn der künftige Gatte von Lady Jane durfte auf eine enorme Mitgift hoffen. Ausreichend, um die öffentlichen Kosten der Stadt London zu decken, wie man spottete.
» Ich kann mich gar nicht erinnern, Sie bei Lady Cresswalls Dinnerparty gesehen zu haben«, wandte Miss Lindley sich an Missy und wedelte heftig mit ihrem Seidenfächer. Ein Lächeln spielte um ihre Lippen, das irgendwie verschlagen wirkte.
Missy hatte zwar gehofft, nicht angesprochen zu werden, aber sie tat sich auch keinen Gefallen damit, die Frau zu ignorieren, und so lächelte sie freundlich. » Nein, bedauerlicherweise war ich durch eine Erkrankung verhindert.« Natürlich würde sie ihr nicht den wirklichen Grund für ihr Fernbleiben verraten: dass sie sich durch James’ bevorstehende Verlobung mit Lady Victoria völlig aus der Bahn geworfen fühlte und sich in ihr Bett zurückgezogen und in den Schlaf geweint hatte.
Anstatt ihr Mitgefühl zu bekunden, unterbrach Miss Lindley das unablässige Fächeln und hielt den Fächer genau unter ihre kecke Nase, beugte sich zu Missy hinüber und flüsterte verschwörerisch: » Mir ist zu Ohren gekommen, dass in wenigen Tagen die Verlobung zwischen Lord Rutherford und Lady Victoria Spencer verkündet wird. Ziemlich überstürzt, wenn
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