Verbotene Sehnsucht
viel Leid zugefügt hatte.
Missy ließ den Blick über ihn schweifen– über seinen Abendanzug ebenso wie über seine düstere Miene, die trotz der dunklen Nacht zu erkennen war. » Ich kann mir kaum vorstellen, dass deine Verlobte damit einverstanden ist, dass du dich hier draußen alleine mit mir aufhältst.«
Seine Lippen wurden noch dünner, falls das überhaupt möglich war. » Wir sind nicht verlobt.« James hatte die hellen Augen eindringlich auf ihren Mund gerichtet.
» Mach schon. Sag das entscheidende Wort.« Ihre Kehle fühlte sich an wie zugeschnürt. Wer gab ihm das Recht, sie auf diese Weise anzuschauen? Er war Lady Victoria praktisch versprochen und seine Absicht damit so klar wie der junge Morgen. Und doch hielt er sich mit ihr an einem Ort auf, wo andere Gäste sie beobachten und falsche Schlüsse ziehen konnten. Trotz der Dunkelheit erkannte sie die Glut in seinen Augen– heiß genug, um sie jederzeit entflammen zu können.
» Glaubst du, dass ich das gewollt habe? Dass ich es vielleicht sogar geplant habe?«
Missy drehte sich weg und schloss kurz die Augen. » Es kümmert mich nicht mehr, was du tust oder mit wem. Was auch immer ich für dich empfunden habe, vor einer Woche ist es gestorben. Du kannst Lady Victoria ruhig den Hof machen und sie heiraten. Meinen Segen habt ihr.«
James trat einen Schritt näher und drängte sie an eine Mauer, an der sich ein Spalier mit Blumen befand. Blüten regneten ihr auf die Wange, betäubender Duft stieg ihr in die Nase. Noch immer kehrte Missy ihm den Rücken zu, doch ihre Röcke berührten bereits seine Hose.
» Das glaube ich dir keine Sekunde«, stieß er hervor.
Missy wirbelte herum und reckte ihm entschlossen das Kinn entgegen. » Glaub doch, was du willst, es interessiert mich nicht. Und jetzt würde ich vorschlagen, dass du zu deiner…, zu Lady Victoria zurückkehrst. Wir wollen schließlich nicht, dass man uns in einer kompromittierenden Lage erwischt.« Sie wollte ihn provozieren. Ihn, wenn es möglich war, so sehr verletzen, wie er sie verletzt hatte.
Mit einer raschen Wendung zog James sie in die Arme und drängte sich mit ihr gegen das hölzerne Spalier. Er umklammerte ihre Hände und drückte sie herunter zwischen seinen Körper und ihren. Sie versuchte sich aus seinem Griff zu winden, aber er war unerbittlich.
» Was machst du da?«
» Du hast es doch genossen, kompromittiert zu werden, und zwar mehr als jede andere Frau, die ich kenne«, raunte er mit rauer Stimme, während seine Augen sich an ihrem Dekolleté festzusaugen schienen. Sein Blick allein reichte, um sie in einen Zustand der Erregung zu versetzen. Sie begehrte ihn trotz allem, und das machte sie gleichzeitig wütend.
» Ja, ich kann mir gut vorstellen, dass du zu viele kennst, um sie noch zählen zu können«, gab sie schnippisch zurück.
» Auf wen bist du eigentlich wütender? Auf mich oder auf dich?«
» Falls ich überhaupt wütend bin, dann deshalb, weil du mich gegen meinen Willen festhältst.« Vergeblich versuchte sie sich zu befreien, doch es gelang ihr ebenso wenig, wie sie ihren stürmischen Herzschlag zu beruhigen vermochte. Stattdessen gerieten sie bei dem Gerangel eng aneinander, viel zu eng für ihren Geschmack, oder auch nicht. Aber das hier durfte nicht sein. James machte einer anderen Frau den Hof und war für sie verloren. Alles, was ihr blieb, waren ihr Stolz und ihre Selbstachtung, und die durfte sie nicht aufs Spiel setzen. Auch nicht für ihn. Es mochte ja sein, dass er sie körperlich begehrte, aber als Ehefrau wählte er die unnahbare Lady Victoria Spencer.
» Ich möchte nicht, dass du dir falsche Vorstellungen machst, was sich zwischen Victoria und mir abspielt«, sagte er harsch.
» Was um alles in der Welt willst du von mir?« Missy blieb ein paar Sekunden lang reglos stehen und schaute ihm in die Augen. Er sah frustriert aus. » Nun, wenn du meinen Segen brauchst, um mich endlich loszulassen, dann schenke ich ihn dir. Und jetzt geh zu deiner kostbaren Lady Victoria. Lass mich allein.«
James starrte Missy schweigend an. Ihm war selbst nicht klar, was er hier mit ihr im Garten eigentlich tat. Zusammen mit seiner Freiheit schien er offenbar auch seinen Verstand verloren zu haben. Er wusste nur noch, dass er sie aus dem Ballsaal schlüpfen sah und dem Drang, ihr zu folgen, nicht widerstehen konnte. Zudem überfiel ihn verstärkt das Gefühl, ihr eine Erklärung schuldig zu sein. Doch jetzt, da er ihren Körper an seinem spürte und seine
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