VERBOTENE TRAEUME IM WUESTENPALAST
erdrückende Duftwolke ein. Er steckte den Pass unauffällig ein und wich einen Schritt zurück.
„Wie enttäuschend für uns beide, dass ich nicht Vere bin“, erwiderte er kühl. Vor zehn Jahren, als Monika und der Professor gerade erst verheiratet gewesen waren, hatte sie sich ihm unmissverständlich angeboten. Nie würde sie ihm die Zurückweisung vergeben, genauso wenig wie er vergessen konnte, wie willig sie ihren Ehemann hatte betrügen wollen.
„Ich bin sicher, du hast deine Gründe, meine Liebe“, warf der Professor jetzt mit gerunzelter Stirn ein, „aber das arme Mädchen auf diese Art und Weise vor die Tür zu setzen …“
„Sie hat es nicht anders verdient“, fiel sie ihrem Mann scharf ins Wort. „Sie hat sich geweigert, meine Anweisungen auszuführen, und so einen wichtigen Klienten vergrault. Das hat mich eine Menge Geld gekostet.“
„Aber, meine Liebe, sie ist doch noch so jung, nochdazu ganz allein in einem fremden Land. Und moralisch gesehen …“
„Moralisch? Hah! Genau ihre Moral ist ja der Grund für das Problem. Wozu stelle ich eine moderne junge Frau aus dem Westen ein, wenn sie sich benimmt wie eine traditionelle Jungfrau?“, geiferte Monika.
„Meine Liebe …“
Drax hörte den schockierten Tonfall seines alten Freundes, doch Monika ignorierte es. Erregt warf sie den Kopf zurück.
„Ich brauche eine weibliche Mitarbeiterin, die mir Männer als Klienten anbringt, keine, die sie mit ihrer Kalten-Schulter-Tour verschreckt.“
„Sollte man Sadie nicht eher für ihre Tugend loben, Monika?“, widersprach der Professor.
„Wegen ihrer Tugendhaftigkeit habe ich sie nicht eingestellt. Sie ist hübsch, aber sie weiß ihr Aussehen nicht gewinnbringend einzusetzen.“ Monika zuckte gleichgültig die Schultern. „Nun wird sie auf die harte Tour lernen müssen, wie unprofitabel das ist.“
„Hast du dich davon überzeugt, dass sie genug Geld für das Flugticket nach Hause hat?“
Drax konnte sehen, wie Monikas Mund hart wurde. „Das ist nicht mein Problem. Sollte sie nicht genug Geld haben, dann wird ihr das eine Lektion sein. Aber jetzt werde ich nach dem Mädchen schicken, damit es Kaffee bringt“, wechselte sie entschlossen das Thema.
Als Libanesin erlaubte Monika sich viel mehr Freiheiten als die traditionelle zuranische Ehefrau. Diese hätte es niemals gewagt, sich vor einem männlichen Gast ihres Mannes sehen zu lassen, geschweige denn, ihn direkt anzusprechen. Nein, für seinen Geschmack war Monika viel zu taktlos, wie Drax befand. Er schüttelte den Kopf. „Danke, für mich nicht, Monika. Ich habe leider noch einen dringenden Termin.“
Zwar war es erst März, aber der sogenannte Winter in Zuran mit angenehmen Temperaturen um fünfundzwanzig Grad ging übergangslos in den Sommer über, der das Thermometer rasch auf vierzig Grad und darüber klettern ließ.
Für Sadie, die ihren Koffer auf Rollen hinter sich auf der Landstraße Richtung Stadtzentrum herzog, war es auf jeden Fall viel zu heiß, vor allem ohne schützende Kopfbedeckung. Ihr dichtes langes Haar mit den natürlichen hellen Strähnen half keineswegs gegen die stechende Sonne. Nur gut, dass sie zumindest ihre Sonnenbrille hatte, um die Augen vor dem gleißenden Licht zu schützen, das von den weißen Mauern der Häuser entlang der Straße zurückstrahlte.
In Zuran ging niemand zu Fuß. Deshalb verlangsamten auch so viele männliche Fahrer das Tempo ihres Wagens, wenn sie an ihr vorbeifuhren. Zumindest sagte Sadie sich das, während sie mit zusammengebissenen Zähnen die Kommentare ignorierte, die der jeweilige Fahrer ihr zurief. Sie war froh darum, dass sie die Sprache nicht verstand. Irgendwann fuhren diese Männer dann weiter, da Sadie keinerlei Anzeichen machte, auf sie zu reagieren.
Ihre Entlassung war so unfair. Sie hatte ihren Job gut gemacht, das wusste sie. Aber auf gar keinen Fall würde sie sich dazu hergeben, Männer als Klienten für Monika zu werben, indem sie ihre körperlichen Vorzüge einsetzte und ihnen Versprechungen auf körperliche Freuden machte, die sie nicht einzuhalten gedachte. Sadie verachtete ein solches Verhalten bei Frauen, und noch mehr verachtete sie die Männer, die so etwas als normal betrachteten. Zutiefst schockiert hatte sie allerdings die Tatsache, dass eine weibliche Arbeitgeberin so etwas von ihr verlangte, noch dazu in diesem äußerst konservativen Teil der Welt.
Was nun ihre Reaktion auf den jungen Begleiter vonMonikas Mann anging … darüber wollte sie
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