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Verbotene Wege - Link, C: Verbotene Wege

Verbotene Wege - Link, C: Verbotene Wege

Titel: Verbotene Wege - Link, C: Verbotene Wege Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Link
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vermutlich widerspruchslos jeden verlangten Betrag gezahlt.
    Der Aufseher bedeutete ihnen, ihm zu folgen. Über einen dunklen, feuchten Gang gelangten sie in ein Steingewölbe, fensterlos, von Rauchschwaden vernebelt, versinkend in Gegröle, Gelächter und wüstem Geschrei. An langen Holztischen saßen unzählige Menschen, Männer und Frauen, sie lagerten aber auch quer über den Tischen, auf dem Fußboden, saßen ineinander verschlungen und schienen ein einziges riesiges Freudenfest zu feiern. Spärlich bekleidete Frauen, in ihrer Aufmachung stark an Samantha erinnernd, schenkten billigen Schnaps aus, ließen sich bereitwillig anfassen und küssen, verströmten aufdringliche Parfüms und kreischten vor Entzücken über jedes dreiste Kompliment. Sally und Elizabeth hatten den finsteren Saal kaum betreten, als fremde Hände schon nach ihnen griffen und Gläser mit Alkohol vor ihre Nasen gehalten wurden.
    »Komm zu mir, meine Süße«, rief ein bärtiger Mann und zerrte an Elizabeths Hand, »du siehst aus, als könntest du ein bißchen Aufmunterung vertragen!«
    Elizabeth riß sich angewidert los.
    »Wo sind wir hier?« flüsterte sie Sally erschreckt zu.

    »Die Kneipe«, erwiderte Sally, »der schönste Aufenthaltsort für die privilegierten Gefangenen.«
    »Wartet hier«, befahl der Wärter, »ich hole Carmody.« Er verschwand. Sally und Elizabeth blieben inmitten des Gewühls stehen und wurden sofort von einer mageren, ältlichen Frau mit dünnen, graublonden Haaren angepöbelt.
    »Zwei so hübsche Mäuschen«, sagte sie lauernd. »Was tut ihr denn hier, hm?«
    »Verschwinde«, entgegnete Sally grob, »laß uns in Ruhe!«
    »Na, na, Schätzchen, ich tu’ euch doch nichts. Ihr solltet nett zu einer so alten, erfahrenen Frau sein. Ich kann noch viel für euch tun.«
    »Wir brauchen deine Hilfe nicht. Ich weiß genau, wer du bist, du alte, raffgierige Kupplerin!«
    Die Alte spuckte wütend auf den Boden.
    »Vielleicht ist das Täubchen zahmer«, wandte sie sich samtig an Elizabeth, »und viel schöner bist du, Kind. Viel schöner!« Sie griff eine der langen, dunklen Haarlocken und ließ sie bewundernd durch ihre Finger gleiten. Elizabeth warf ihr Haar ärgerlich zurück. Die Alte zuckte mit den Schultern. Sie wandte sich ab.
    »Siehst du, wie schnell das hier geht?« fragte Sally. Elizabeth sah sich aus verwirrten Augen um.
    »Wer war die Frau?«
    »Eine Kupplerin. Sie verdient hier ihr Geld, indem sie Mädchen an die Gefangenen vermittelt. Einmal in ihren Krallen, und du kommst nicht mehr heraus.«
    »Scheußlich«, murmelte Elizabeth. Sie war voll Angst und Abscheu. Gräßlich war es hier, schlimmer, als sie es sich je vorgestellt hätte. Ihr schossen beinahe die Tränen in die Augen, so sehr widerte es sie an, hier stehen zu müssen. Neben ihrem Fuß krabbelte ein Käfer entlang, er wich gerade noch einer Lache von Schnaps aus, die sich über den Boden ergoß. Zwei grölende Männer fanden es unglaublich komisch, mit gefüllten Gläsern um sich zu werfen, und amüsierten sich über das Geschrei derer, die davon getroffen wurden. Aber mitten durch all dieses Gewühl
und Kreischen kam John auf Elizabeth zu. Sein Arm wirkte noch ein wenig steif, doch ansonsten sah er einigermaßen gesund aus, dreckig und unrasiert zwar, aber nicht allzu elend.
    »Lady Carmody wartet da vorne«, sagte der Wärter, der neben ihm ging. John lächelte.
    »Guten Tag, Lady Carmody«, sagte er amüsiert und zog sie an sich. Elizabeth begann sofort zu weinen, obwohl sie das unbedingt hatte vermeiden wollen. Es ging damit viel zu schnell in der letzten Zeit.
    »Wein doch nicht«, bat John, »noch werde ich nicht zum Galgen geschleift!«
    »Aber daß du hiersein mußt, ist fast noch schlimmer. Schau dich nur um! Ach John, es ist so schrecklich. Ich werde sterben, wenn du hier nicht ganz schnell herauskommst!«
    »Aber Elizabeth, du redest ja Unsinn. Warte doch das Urteil ab!« John erblickte Sally und reichte ihr die Hand. »Guten Tag, Sally«, sagte er, »du kümmerst dich in der nächsten Zeit um Elizabeth, nicht wahr?«
    »Ich kümmere mich um sie, wann immer sie mich braucht«, erwiderte Sally. Über Elizabeths Kopf hinweg blickten sie und John sich an, ernst und ohne die geringste Illusion in den Augen. Schweigend stimmten sie einander zu, daß keiner von ihnen an eine Rettung Johns glaubte, zugleich kamen sie darin überein, Elizabeth diese Wahrheit noch nicht zu sagen. »Elizabeth, mein Schatz, kannst du mir zuhören?« fragte John

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