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Verbotene Wege - Link, C: Verbotene Wege

Verbotene Wege - Link, C: Verbotene Wege

Titel: Verbotene Wege - Link, C: Verbotene Wege Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Link
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Ursprung in dieser unseligen Revolution Frankreichs haben. Ich muß nur das Urteil über Leute wie Sie sprechen, sonst nichts!«
    »Wenn das so ist, dann mißverstehen Sie Ihre Aufgabe«, sagte John, nun ebenfalls erregt. »Soviel ich weiß, hat der Richter nicht nach eigenem Verständnis der Lage allein sein Urteil zu fällen, sondern ist verpflichtet, anzuhören, was ein Angeklagter zu seiner Verteidigung vorzubringen hat. Erst nach gründlicher Überprüfung beider Standpunkte...«
    »Ruhe!« Der Richter schlug mit der Faust auf den Tisch. Sein Gesicht hattte sich vor Wut rot verfärbt.
    »Es steht Ihnen nicht zu, mir meinen Beruf zu erklären«, herrschte er John an, »das ist eine Beleidigung meiner Person. Ich verbiete Ihnen ab sofort jedes weitere Wort in diesem Raum!«
    Elizabeth, die mit angstvoll aufgerissenen Augen das Geschehen verfolgte, stöhnte leise und vergrub das Gesicht in den weichen Haaren von Sallys jüngster Tochter, die auf ihrem Schoß saß. O Gott, wie sollte das nur ausgehen?
    Zu Beginn der Verhandlung war der Richter wenigstens noch gelangweilt gewesen, aber John hatte es geschafft, in wenigen Minuten seinen ganzen Zorn zu wecken. Auf Milde konnte er jetzt nicht mehr hoffen.

    Lieber Gott, betete sie still und inbrünstig, nur nicht Australien. Bitte nicht Australien.
    Sie fühlte eine Hand, die sich um die ihre schloß. Sally blickte sie an.
    »Es wird gut werden«, flüsterte sie.
    »Ich verkünde nun das Urteil«, sagte der Richter barsch, »durch Ihr Benehmen haben Sie es mir nicht schwer gemacht, die richtige Entscheidung zu finden.«
    Elizabeth konnte John nur von hinten sehen, aber sie spürte förmlich, wie er jetzt ironisch lächelte.
    Alle Anwesenden mußten sich erheben, der Richter entfaltete eine Pergamentrolle, auf die er zuvor ein paar Worte gekritzelt hatte.
    »Im Namen Seiner Majestät«, rief er pathetisch. »John Carmody, auf Grund der gegen Sie erhobenen Beschuldigungen, die Sie in vollem Umfang gestanden haben, verurteile ich Sie zu zehnjähriger Gefängnisstrafe. Die Haft wird mit dem heutigen Tag angetreten.«
    Er ließ den Hammer, den er in der Hand hielt, auf den Tisch niederfallen und setzte sich gleichzeitig.
    »Den nächsten Fall«, befahl er. Ein Gerichtsdiener nahm John am Arṁ, um ihn hinauszuführen. Johns Gesicht war keine Regung anzusehen, als er den Gang zwischen den Bankreihen entlangkam. Elizabeth drängte sich aus ihrer Reihe, trat zwei neu hinzugekommenen Zuschauern unsanft auf die Füße und blieb vor John stehen.
    »John!«
    Er lächelte schwach.
    »Ich bin besser weggekommen, als ich dachte«, meinte er, »in zehn Jahren kehre ich zu dir zurück, Liebling!«
    »Hör auf damit, John«, ihre Stimme brach, sie begann zu schluchzen.
    »Zehn Jahre. Das überlebst du nicht, John. Zehn Jahre in diesem Kerker hältst du nicht aus. Das weiß der Richter auch. Er hat dich angesehen und gewußt, daß zehn Jahre reichen, dich zu vernichten. « Sie krallte sich an ihn und weinte.

    »Du mußt jetzt tapfer sein«, sagte John hilflos. Sie schüttelte den gesenkten Kopf.
    »Aber ich sterbe daran«, flüsterte sie.
    »Du stirbst nicht, Elizabeth. Du gehst nach Norfolk. Bitte, tu dies eine Mal, was ich dir sage. Du mußt zurück zu deiner Tante Harriet. Dort bist du sicher und behütet. Bleibe nicht in unserem Londoner Viertel, du gehörst nicht dorthin!«
    »Ich gehöre dahin, wo du bist!«
    »Du kannst nicht mit mir ins Gefängnis gehen. Sie nehmen dort nicht jeden, weißt du!«
    Der Humor in seiner Stimme konnte sie nicht trösten.
    »Wenn du nicht willst, daß ich in ständiger Sorge lebe«, fuhr John fort, »dann gehe nach Hause. Nach Norfolk. Du wirst dort auch Ruhe und Frieden finden.«
    Sie starrte ihn an, aus Augen, in denen nichts stand als Trostlosigkeit und Qual.
    »Du sollst dich nicht sorgen«, murmelte sie, »ich gehe nach Norfolk. Aber ich werde in Traurigkeit leben bis zu dem Tag, an dem ich dich wiedersehe. Und wenn du nie wiederkommst, dann sterbe ich.«
    »Jetzt gehen Sie schon weiter«, drängte der Wärter ungeduldig.
    John küßte flüchtig Elizabeths Mund, als fürchte er einen erneuten Gefühlsausbruch. Ihr Kummer stürzte ihn in heftiges Mitleid, aber es fiel ihm schwer, ihn nachzuvollziehen. Von Krankheit und einwöchiger Haft geschwächt, erschlagen von dem Urteil, das seinen sicheren Tod bedeutete, glitt er in eine Betäubung, die ihm die Kraft nahm, um den Verlust Elizabeths zu trauern. Es war ihm ernst, als er in diesem Augenblick

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